"Okay. Harry? Kannst du Mandy kurz nehmen? Ich muss aufs Klo", sagte Sandra und Harry nickte.
"Aber nicht loslassen!", fügte sie nachdrücklich hinzu.
Harry nickte wieder und Sandra stand auf. Mir wurde blitzschnell eiskalt und es fühlte sich an, als stünde ich an einer Klippe und würde jeden Moment in die bodenlose Schlucht fallen. Ich sah in die Tiefe und sah nur Schwarz, doch auf einem einen Fleck konnte ich etwas sehen. Es waren zwei traurige Augen die förmlich nach mir schrien. Mein Herz setzte aus und mein Atem stockte, als ich die Augen wieder erkannte. Es waren Jimmys Augen. Es waren seine Augen, die mich in die Dunkelheit zu ihm riefen. Ich wollte mich fallen lassen, ich wollte zu ihm, ich wollte ihn in die Arme nehmen, doch bevor ich mich auch nur einen Moment der Dunkelheit hingeben konnte, packte mich eine warme Hand und zog mich zurück.
Weg von der Klippe.
Weg von den Augen.
Weg von der Dunkelheit.
Zurück in die Realität.Zurück zu Harry, der mich fest in seinen Armen hielt, als würde ich ihm jeden Moment aus seinen starken Händen entgleiten. Er gab mir Geborgenheit und ich schmiegte mich näher an ihn und sog seinen gut riechenden Duft ein. Schon wieder. Er hatte mich schon wieder vor der Dunkelheit gerettet. Ich legte meinen Kopf auf seine Brust und lauschte seinem Herzschlag, als ich wieder Leben in meinem Körper spürte.
Langsam öffnete ich meine Augen. Tränen ließen meine Sicht verschwimmen und ein trauriger Gesichtsausdruck verzierte meine Miene. Mein Herz schmerzte und ganz langsam drehte ich mich auf meine Seite. Ich legte meine zusammengefalteten Hände unter mein Kissen und starrte verletzt und traurig auf die Tür. Die Erinnerungen von Harry ließen mich nicht los. Sie klammerten sich an mein Herz und jedes Mal, wenn ich meine Augen schloss, blitzte Harrys Lockenkopf auf. Ich wusste nicht ob die Erinnerungen von Harry mich nicht loslassen wollten, oder ob ich mich unbewusst an die letzten Bilder krallte. Ich wollte nicht wahrhaben, dass Harry tot war. Die Erinnerungen an den aufgeweckten, fürsorglichen Jungen ließen ihn lebendig erscheinen, auch wenn seine Stimme immer mehr verschwand und die Bewegung in den Bildern immer mehr einfror. Ich wollte nicht, dass mein Lockenkopf mich verließ. Schon damals hatte er mir Kraft zum Weitermachen gegeben, und trotz seines Todes hörte er damit nicht auf. Er hatte mich gezwungen weiterzuleben. Ob es nun beabsichtigt war oder nicht. Das spielte keine Rolle.
Mich machte es unendlich traurig, dass ein so wundervoller Junge sterben musste. Er war fürsorglich, war immer für einen da, und unterstütze jemanden wo es nur ging. Er sah sofort, wenn es mir schlecht ging und augenblicklich war er an meiner Seite und ließ die Sonne wieder scheinen. Und nach seinem Tod, war er immer noch der Junge, der sofort an meiner Seite war, wenn es mir schlecht ging. Jedes Mal, wenn ich meine Augen schloss, tauchte ein Bild von dem Lockenkopf auf. Er lächelte mich an und reichte mir seine Hand. Und jedes Mal, jedes gottverdammte Mal, wollte ich sie ergreifen. Jedes Mal wollte ich, dass er vor mir stand und mich in seine Arme schloss. Und jedes Mal wollte ich, dass er seine Tochter sah. Ich zweifelte nicht an, dass es sein Fleisch und Blut war. Ich wusste es einfach, und wenn ich es mir nur einredete, es war ein Teil von Harry, den er mir mitgab. Das war Harrys Art mich zum Weitermachen zu zwingen. Mein Leben nicht wegzuhauen. Seine Art mir zu sagen "Bleib stark". Ich vermisste diesen Jungen so sehr, dass es manchmal einfach zu sehr weh tat mein Kind anzuschauen. Mein eigenes Fleisch und Blut zu trösten oder ihr auch nur irgendwie Aufmerksamkeit zu geben. Und manchmal hielt ich sie einfach an meine Brust gedrückt und weinte. Spürte den Herzschlag von meiner Tochter und wusste sein Herz schlug im Takt mit unserem. Manchmal war ich so sehr von ihren grünen Augen gefesselt, dass ich Harrys Präsenz regelrecht spürte. Wie er hinter mir stand, über meine Schulter unsere gemeinsame Tochter bewunderte und eine Hand auf meinen Oberarm legte. Jedes Mal wollte ich mich an seine Wärme und harte Brust lehnen und jedes Mal wippte ich wieder nach vorne, als zum tausendsten Male mein Herz erneut brach. Obwohl Harry jetzt schon zwei Jahre tot war, war ich kein bisschen über ihn hinweg.
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Hunted-Gejagt(H.S. / L.T. Fanfiction)
FanfictionMandy hat ihr große Liebe im Internet gefunden und ist Hals über Kopf in Harry verliebt. Sie unternimmt einen Campingausflug mit ihrer besten Freundin Sandra, Harry und seinen 7 Freunden. Sie bauen ein Lagerfeuer auf und haben den Spaß ihres Lebens...