Part 9 ~ Es tut mir Leid

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Mandy P.o.V

Ich stand hilflos in der Küche, als ich nach einer blöden Pfanne suchte. Ich wollte für die Jungs Pfannkuchen machen, um ihnen zu zeigen, dass es mir wirklich gut ging, aber so wie es aussah, wurde daraus nichts. Ich seufzte frustriert und ließ mich auf einen Sessel fallen, der neben den Tisch stand. Sandra war gerade aufs Klo verschwunden und ich hatte Zeit mir die Küche mal genauer anzusehen.

Die Theke war grau und hatte weiß-schwarze Punkte, darüber befand sich eine Art Glasplatte. Die Küche hatte zwar nicht den modernsten Stand, aber der Herd und der Kühlschrank sahen presentabel aus. Insgeheim fand ich diesen Raum...- ich wusste gar nicht wie ich ihn mit Worten beschreiben konnte. Es war wie ein Ort an dem ich mich zurückziehen konnte, um für einen Augenblick der grausamen Welt zu entweichen. Diese Küche hatte etwas an sich, dass mein Herz leichter werden ließ. Ich hatte keine Ahnung, was das für ein Gefühl sein sollte und es machte mir ehrlich gesagt etwas Angst, aber ich sah darüber hinweg und genoss die Stille um meine Gedanken und Gefühle zu sammeln.

Jimmy war tot.

Ich schloss die Augen und atmete tief ein.

Jimmy, mein kleiner Bruder ist tot.

Tränen bildeten und sammelten sich, als Bilder von meinem kleinen Bruder vor meinem inneren Auge auftauchten.

Jimmy war drei Jahre alt. Er war mit mir in der Küche und spielte auf dem neuen Spielzeug-Herd, den er zum Geburtstag geschenkt bekommen hatte. Jimmy backte gerade einen "Muffin", als meine Mum ins Zimmer kam. Sie sah lächelnd zu Jimmy und setzte sich auf den Tisch. Sie schlürfte an ihrem Kaffee und blätterte in der Zeitung. Ich schaute wieder zu Jimmy, stand auf und ging zu ihm. Ich hockte mich neben ihn und legte einen Ellbogen auf den Herd.

"Wann ist denn der Muffin fertig?",fragte ich mit einem Lächeln im Gesicht.

"Gleich",sagte Jimmy strahlend und hockte sich hin. Mit großen Augen und einem weiten Grinsen im Gesicht schaute Jimmy in den Ofen.

"Mandy?",fragte er leise, als er sich wieder aufgerichtet hatte. Sein Kopf war auf meiner Höhe und seine Augen leuchteten. Ich schaute ihn an und murmelte ein "Hm?". Jimmy hatte sich zu mir gedreht und seine kleinen Hände auf meine Schulter gelegt. Seine Augen huschten hin und her, als ob er Angst hätte, dass ihn jemand hören würde. Er beugte seinen kleinen Oberkörper nach vorne und flüsterte in mein Ohr.

"Wenn ich groß bin, will ich ein Koch werden. Ich geh zum See Fische angeln, die ich dann koche und dir zum Essen gebe. Aber pscht! Nicht der Mama sagen. Das ist ein Geheimnis"

"Mandy?"

Eine Stimme riss mich aus meinen Gedanken und mein kleiner Bruder verschwand. Stattdessen stand Louis vor meiner Nase und winkte vor meinem Gesicht. Seine Augenbrauen waren zusammen gezogen und ein leicht irritierter Blick zierte sein Gesicht. Ich blinzelte ein paar Mal um in der Realität anzukommen und erst jetzt bemerkte ich die Tränen, die mein Gesicht hinunter liefen, doch das Grinsen verließ nicht seinen Platz. Ich schaute in Louis klare blaue Augen und wischte mir die Tränen weg.

"Ja?", fragte ich und räusperte mich.

"Alles okay?" In seiner Stimme lag Sorge, was mein Herz wärmer werden ließ.

Ich nickte und stand auf.

"Habt ihr hier eine Pfanne? Ich würde gerne Pfannkuchen machen"

Louis nickte und ging zu einer Lade. Sie hatte einen wunderschönen, hellbraunen Holzton und einen silberfarbenen Henkel. Wie ein Schlag ins Gesicht kam mir endlich der Gedanke. Ich holte tief Luft, als mir einfiel warum mir diese Küche so bekannt vorkam. Sie sah aus wie die meiner Oma. Jimmy und ich waren damals, als er noch ziemlich klein war, oft bei ihr gewesen. Sie hatte ein wunderschönes Haus mit einem riesigen Garten in dem ein Pool war. Und das Beste war. Ihr gehörte ein kleiner Anteil eines Waldes. Wie oft war ich dort? Sogar als Jimmy nicht mal auf der Welt war, hatte ich meine Freizeit dort verbracht. Dieser Wald war meine Rückzugsmöglichkeit. Manche Kinder hatten ihr Zimmer wo sie ausschalten konnten; ich hatte den Wald. Jeden Abend hatte ich Heu auf die gleiche Stelle gelegt. Ich hatte so sehr gehofft, dass ein paar Tiere dorthin kämen. Und so war es auch. Ich hatte die meisten Erlebnisse und die meiste Zeit meines Lebens dort verbracht. Im Wald. Zuhause.

Hunted-Gejagt(H.S. / L.T. Fanfiction)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt