Sobald diese Erkenntnis in ihr hineingesickert war, wusste sie schon, was sie machen musste. Sie war in einer Erinnerung von Elena und verkörperte diese, um aus ihrer Sicht zu sehen.
Automatisch trugen ihre Füsse sie einen Pfad entlang, der kaum benutzt zu worden schien. Der Stoff streifte die hohen Grashalme, die nass an ihren Beinen strichen.
Als sie einige Zeit später eine Holzbrücke überquerte, flog ein pechschwarzer Rabe mit schillernden Gefieder herab und liess sich auf das unebene Holzgelände nieder. Mysteria sah ihn an. Seine Knopfaugen waren kein endloses schwarz, sondern ein sanfter Bernsteinton. Ein kehliger Laut entwich dem Tier und es hob demonstrativ seine Flügel, als wollte es seine Macht zeigen. Mysteria rührte sich nicht vom Fleck, sondern sah ihn nur fasziniert an.
Zu ihrer Verblüffung verschwamm die Gestalt des Rabens und veränderte sich. Die schwarze, verwischte Masse wurde länglicher und schlanker, bis vor ihr ein junger Mann stand, etwa 18 Jahre alt, also gleich, wie Elena und grinste sie an.
Mysteria öffnete überrascht den Mund, brachte aber nicht ein Laut über ihre Lippen.Etwas stimmte nicht. Valentin fuhr aus dem Schlaf, als etws gegen den Rollladen am Fenster krachte. Er öffnete den Rollladen und sah nach draussen. Der Himmel war wolkenlos, dass man die Sterne funkeln sah, dennoch wehte ein heftiger Wind. "Das kann nicht sein", flüsterte er und lief in Mysterias Zimmer. Leer gähnte ihm das Bett entgegen. "Mysteria?", rief er.
Keine Antwort.
Er lief einen Stock tiefer.
Ein Donnerschlag ertönte.
Auch das Wohnzimmer war verlassen.
Ein Blitz erhellte den Raum.
Valentin trat wieder ans Fenster. Weit erstreckte sich der Himmel, doch noch immer war keine einzige Wolke zu sehen.
Dann hörte er es. Ein Flüstern erfüllte die Räume des Hauses. Es schien aus einer bestimmten Richtung zu kommen und unsicheren Schrittes folgte Valentin den leise gemurmelten Worten.
Und da war sie.
Mysteria schwebte in der Luft, ihre Füsse nur Zentimeter vom Boden entfernt. Um sie herum waren Kerzen und ihre Augen waren geschlossen, als schliefe sie.
"Ria! Ria hörst du mich?", rief Valentin und lief zu ihr. Doch je näher er zu ihr wollte, desto mehr hinderte ihn etwas. Valentin fluchte laut. Natürlich hinderte ihn etwas.Es war schliesslich schwarze Magie.
"Sir Valentin", sagte sie und machte schnell einen Knicks, wie es sich für eine Frau ihres Zeitalters gehörte. Er war es tatsächlich. Genau gleich sah er aus, nur, dass seine Haare etwas länger waren.
Wie kam er hierher? Elena Catherine lebte lange vor Mysterias Zeit und Valentin konnte doch noch nicht so alt sein. Oder?
"Was verschafft mir die Ehre, Sie hier zu treffen?", fragte Mysteria. Oder besser gesagt: Elena. Es war schliesslich ihre Erinnerung.
Er lächelte. "Darf ich fragen, wohin Euer Weg führt, Mylady?"
"Nach Hause, Sir", sagte Mysteria. Der Klang, den ihre Stimme erzeugte war sanft und wohlklingend. Eine harmonische Melodie.
"Wenn es Ihnen nichts ausmacht, würde ich Sie gerne begleiten. Die Wege sind in letzter Zeit nicht sicher."
"Ich habe von den Vorfällen gehört, Sir. Es wäre mir ein Vergnügen, eine Begleitung zu haben", erwiderte sie.
"Nun denn", sagte er. "Nach Ihnen."
Er machte eine galante Handbewegung, dass sich Mysterias Mundwinkel hoben und sie weiter ging.
"Elena, wie kann das sein?", dachte Mysteria und wusste, dass sie Mysteria hörte. "Valentin ist doch... Ich meine..."
Sie hörte das amüsierte Lachen ihrer Vorfahrin. "Myssie, Liebes, hast du es noch nicht gemerkt?", flüsterte Elena in ihr Ohr.
"Was gemerkt?", dachte Mysteria verwirrt und biss sich auf die Lippe, da sie es fast laut ausgesprochen hätte.
"Sieh ihn dir noch einmal an", forderte Elena sie auf. Mysteria sah ihn aus dem Augenwinkel nochmals an.
Er hatte fliessende Bewegungen, geschmeidig wie die einer Katze. Die Haut war hell und wurde von der Sonne bestrahlt. Seine Kleider waren die üblichen Sacretti-Gewänder.
Valentin sah sie kurz an und Mysteria begriff, was Elena meinte.
Sonnenlicht traf seine Iris und liess sie grün-blau-grau glitzern. Grün-blau-grau, wo zuvor noch Bernstein war.Es gab nur ein Schattenwesen, dessen Augenfarbe wechselte.
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Anm. d. Aut.Ich wollte nur kurz mitteilen, dass ich mein Lexikon über die Chroniken der Schattenwesen veröffentlicht habe.
Es ist noch in Bearbeitung und deshalb noch lange nicht fertig.
Ich würde mich freuen, wenn ihr dort meine Anmerkung lesen und mir helfen würdet.
Zur Geschichte:
Was denkt ihr ist Valentin? Und was hat es mit Elena Catherine zu tun?Viel Spass weiterhin und danke für eure supertollehammermässige Unterstützung!
Eure Lily💋
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Die Chroniken der Schattenwesen
FantasyHeartless ~ Die Chroniken der Schattenwesen Erlebt eine Geschichte, die wir nie erleben. In einer Welt, die wir nicht kennen und mit Personen, die wir nie treffen. ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ Angefangen: 01.01.2016 Das geniale Cover i...