29 ~ Kinder von Persephone und Hades

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Warum Taylor ihr half, verstand Ria immer noch nicht. Der hochgewachsene, schlanke Junge war ihr genauso undurchsichtig, wie eine milchige Glasscheibe.
"Taylor?", fragte Ria während sie in der Umkleide war.
"Ja?", erklang seine Stimme von draussen. (Naja, eigentlich logisch, dass es von draussen kam.)
"Warum hilfst du mir?"
"Hmm... Eine gute Frage", sagte er. "Würdest du es mir glauben, wenn ich sagen würde, dass ich dich mag?"
"Nope."
"Und wenn ich sage, dass ich dich mag, weil ich dich nicht kenne?"
Sie lachte. "Du magst fremde Mädchen?"
"Ich mag faszinierende Mädchen."
"Du bist gruselig!"
"Nein, ich bin Taylor. Gruselig ist nur eine Nebenwirkung. Ausserdem: Wer hat dir das Master-Kleid heraus gesucht?", sagte er in einem scherzendem Tonfall. Sie konnte nicht sehen, wie sein Lächeln langsam in sich zusammen fiel.
Sie sah auch nicht, wie er ein schiefes Grinsen nicht verbergen konnte, als sie wieder lachte.
"Ich frage mich eher, warum man damit nicht auffällt! Das ist eine Taschenlampe!"
"Das ist für deine Heimat eine Taschenlampe. Hier wärst du ein Glühwürmchen."
"Ist das normal hier? So auffählig wie möglich zu sein?"
"Das ist Evidencia!", entgegnete Taylor, als hätte Ria dieses wichtige Detail ausser Acht gelassen.
Er lehnte an der Wand, die Hände in den Hosentaschen vergraben und starrte auf den Boden vor sich, als die metallene Klinke langsam herunter gedrückt wurde. Die Unsicherheit auf Rias Gesicht war unübersehbar, genauso, wie Taylors erstauntes Gesicht.
"Also, ich habe Geschmack für Master-Kleider", lobte er sich selbst.

Valentin war währenddessen auf ein anderes Dach geklettert. Er machte sich gar nicht die Mühe Recklessia zu finden, seine Aufgabe war es nur Ria unter Druck zu setzen und sie zu beobachten. Er sollte ihre Fortschritte im Auge behalten. Valentin musste zugeben, dass er ihre Taktik spannend fand, aber sie keinesfalls durchschauen konnte.
Er kletterte nach unten und mischte sich unter die Menschenmasse, um Ria mit dem unbekanntem Jungen zu verfolgen. Sie betraten einen Laden, aber Valentin wartete draussen.
Es verging etwa eine Viertelstunde bevor der Junge wieder heraus trat. Er streckte eine Hand aus, die ein Mädchen ergriff, um besser die unebenen und schiefen Stufen herab zu steigen. (Evidencia hatte nicht gerade die besten Strassenverhältnisse.)
Valentin musste zweimal hinsehen, um zu bemerken, dass das Mädchen Ria war.
Die hochhakigen Schuhe betonten ihre schlanken Beine. Der Stoff reichte ihr bis über die Knie. Aber das Kleid war atemberaubend!
Kleine weisse Punkte leuchteten, wie Sterne und liessen das Kleid wortwörtlich strahlen. Von den beiden Rockschichten war der obere hauchdünn, dass der Stoff sich beim kleinsten Lufthauch kräuselte. Die Mischung der Farben viollet, blau und rosa passte perfekt zu den Sternen... Äh... Punkten, dass das Kleid wie ein Stück herausgerissenes Universum zu sein schien.

"Die Dame", sagte Taylor und hielt Ria grinsend einr Hand hin. Sie musste lächeln und ergriff sie, um die Stufen herunter zu laufen. Sie war sich überhaupt nicht an Absätzen gewöhnt, weshalb sie dankbar für seine Hilfe war.
"Und ich falle damit wirklich nicht auf?", fragte sie unsicher.
"Es ist perfekt so, ausser..." Er liess den Satz in der Luft hängen und zog sie mit durch die Menschenmasse.
Ria fiel wirklich nicht mehr auf. Die Leuten trugen sogar Klamotten, dessen grelle Farbe in den Augen stach, oder an eine der Neon-Reklammen bei den gegenüberliegenden Bars erinnerte.
Sie kamen vor einem Stand zum Stehen und während sie sich noch umsah, hatte Taylor noch das genannte 'ausser' besorgt.
"Augen zu", sagte er und Ria tat es.
"Es ist falsch", sagte eine Stimme in ihr. "Ausser deinem Namen und deine Figur ist alles gefälscht. Deine Haare, deine Augen,... Nichts ist echt."
"Halt die Klappe", dachte Ria und schob die Stimme in eine Ecke. Sie spürte etwas auf ihrem Kopf und dann zwei Finger, die ihre Haare aus dem Gesicht strichen.
"Jetzt ist es perfekt!", flüsterte er.
Ria öffnete die Augen und ging zu dem plätscherndem Brunnen in der Mitte des Platzes.
Das Mädchen besass immer noch das geschminkte Gesicht, aber das Kleid war die reinste Galaxie und auf ihrem Kopf tronte ein Blumenkranz aus schwarzen Rosen.
"Ich denke nicht, dass du etwas gewöhnliches wie rote Rosen oder Gänseblümchen möchtest", erklang seine Stimme neben ihrem Ohr.
"Weisst du was?", fragte sie ebenfalls leise.
"Was?"
"Ich glaube, ich verstehe, warum du Fremde Menschen magst. Sie sind am Faszinierendsten"
Taylor grinste.
"Und" fügte sie hinzu und sah vom Wasser zu ihm. "Ich bin auch so eine Gruselige, die fremde anquatscht."
"- in ihre Häuser einbricht und eine halluzinierende Nacht darin verbringt", fügte sie in Gedanken hinzu und dachte kurz daran, wie sie Valentin 'gefunden' hatte.
"Na dann, du gruselige Tochter Persephones", sagte Taylor belustigt. "Habe ich schon erwähnt, dass ich ein gruseliger Sohn Hades' bin?"
"Dann wären wir Geschwister. Wobei... Warte mal: Versuchst du mit mir zu flirten?", lachte Ria.
"Schon die ganze Zeit, aber toll, dass es dir auch mal auffählt."
Taylor konnte sich sein Schmunzeln nicht verkneifen, als Ria errötete und ein "Ups" von sich gab.

Die Chroniken der SchattenwesenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt