Die beiden Teenager liefen durch die Stadt und scherzten herum, als wären sie zwei Kindheitsfreunde, die sich aus den Augen verloren und wieder zueinander gefunden hatten. Dabei waren sie beide einfach nur zwei Verrückte, die, naja, verrückte Dinge taten. Seit dem Tod von ihrer Familie hatte Ria noch nie so viel gelacht, wie jetzt. Ihr fiel auf, wie gut es ihrer Seele tat. Der schwarze Schatten wurde langsam etwas gräulich.
Ria kritisierte gerade ein Sandwich im positiven Sinne, da sie noch nie Chicken-sweet-sour hatte, als sie mittem Satz stockte.
"Was ist? Hat es dir vor lauter Begeisterung die Sprache verschlagen?", nuschelte Taylor amüsiert, der etwas ass, dass verdächtig nach einer Mischung aus Chinesischen Nudeln, Pommes und KFC-Chicken aussah.
Ria gab keine Antwort, sondern schlängelte sich nur, wie aus der Pistole geschossen, durch die bunte und knallige Menschenmenge und verfolgte das blonde Mädchen mit dem goldenen Kleid, dass sie, bevor sie mit Taylor zusammengestossen war, aufgrund ihrer Schönheit bewundert hatte.
"Hey, was ist los?" Taylor griff nach Rias Hand, aber nicht um sie zu stoppen, sondern um sie nicht zu verlieren.
Ria verfluchte sich selbst, als sie Valentin in der Menschenmenge erspähte. Dieser hatte sie ebenfalls entdeckt und grinste siegessicher.Das Mädchen im goldenem Kleid war niemand geringeres als Recklessia.
Es hätte ihr schon vorher auffallen müssen! Jetzt, wo sie sich darauf konzentrierte, bemerkte sie kleine Details, die Recklessia schon verraten hätten, wenn Ria nur aufgepasst hätte. Diese einzigartige Grazie von Recklessias Bewegungen, die Art, wie sie mit dem Ring an ihrem Finger spielte, immer nach rechts drehend und das kleine, fast unscheinbare, weisse Mandala-Tattoo unter ihrem rechten Ohr... Kleine Einzelheiten die niemand ihr eins zu eins nachmachte!
Das einzige Merkmal, das Recklessia schlussendlich verraten hatte, war ihre Angewohnheit sich immer wieder unauffählig umzuschauen. Unauffählig, ja, aber auffählig für Ria, die sich an kleinen, nicht ins Bild passende Unauffähligkeiten gewöhnen musste.
Niemand, der hier war, prüfte regelmässig die Gegend.
Als spürte sie die Anwesenheit von Valentin und Ria, drehte Recklessia sich mit einem wissenden Lächeln zu den beiden um. Ria musste nur noch durch eine Menschenwand, dann war sie bei ihr, doch das Gleiche galt für Valentin. Sie hielt immer wieder Ausschau nach den blonden Haaren und dem goldenem Kleid, als sie auf einmal weg war. Das schlanke Mädchen rannte weg.
Valentin, Ria und ein verwirrter Taylor verfolgten Recklessia in eine, verglichen mit dem Hauptplatz, dunkle und menschenleere Gasse. Ria könnte schwören, dass Recklessia hier her gelaufen war, doch als sie um die Ecke rannte, war Recklessia einfach verschwunden. Ausser dem Geklapper von offenen Fensterläden und das sanfte Flüstern eines Windspiels hörte sie nichts. Der Wind streichelte über die nackte Haut und liess die feinen Härchen aufstellen. Die Stille bereitete sich aus, wie ein Mantel. Sogar Taylor hielt die Klappe und sah sich nur verwirrt, aber auch aufmerksam um, als rüstete er sich bereits gegen die Frottela.
Valentin grummelte etwas Unverständliches und verschwand wortlos wieder in dieselbe Richtung, wie er gekommen war. Auch Ria seufzte. Taylor war der Erste, der die Stille endgültig brach. "Ich glaube nicht, dass du nur Urlaub machst." Gegen ihren Willen musste Ria grinsen, versuchte aber, es sich zu verkneifen. An dieser Situation war eigentlich gar nichts komisch. "Tut mir leid", sagte sie, als Taylor ihr Grinsen mit hochgezogener Augenbraue quittierte. "Wer war das denn?", fragte er und fuhr sich durch die Haare, wo schon ein dunkler Ansatz zu erkennen war. "Er müsste sich die Haare nachfärben", dachte Ria auf einmal und schüttelte dann den Kopf. Nicht gerade die richtige Richtung, um jemandem zu erklären, warum sie ein scheinbar unbekanntes Mädchen verfolgt hatte. Und warum ein scheinbar unbekannter Typ, den Ria aber nicht überraschte zu sehen, dasselbe getan hatte.
"Es ist kompliziert."
"Eigentlich nicht, nein."
"Doch."
"Nein."
"Doch."
"Nein."
"Du bist beleidigt!", stellte sie auf einmal verblüfft fest und unterbrach damit ihr kindisches Gezanke. Taylor zog gespielt eine Schnute und ihr helles Lachen erfüllte die Luft. "Warum das denn?"
"Totenköpfe schweigen", antwortete er nur mit einem Grinsen und gab die unechte Miene auf.
"Ach, ja?", grinste sie und sah ihn herausfordernd an. "Jep", sagte er und sein Grinsen wurde gemein.
"Und was hast du vor, um die Antwort aus mir heraus zu bekommen?"
"Tja", sagte er und hob bedauernd die Hände. "Das kann ich dir nich sagen, Belleza!"
"Was heisst das?", fragte sie neugierig.
"Es heisst 'Schönheit' auf Spanisch." (Irgendjemand erschiesst mich bitte, dieser Kerl kann Spanisch! :0)
Ihre Wangen wurden unter ihrer Schminke rot. Sie wollte protestierend den Mund aufmachen, aber Taylor kam ihr zuvor. "Könnt ihr Mädchen nicht einfach mal ein Kompliment annehmen?", fragte er seufzend. "Wieso streitet ihr die Wahrheit auch immer ab?"
"Weil du mich nicht kennst", rutschte es aus ihr heraus und sie presste schnell die Lippen zusammen. Diesen Satz hatte sie nicht sagen wollen.
"Ich kenne dich so, wie du die ganze Zeit bist. Du bist im Innern schön und das Äussere ist nicht wichtig." Es dauerte zwei Sekunden, bis er merkte, was er eigentlich gesagt hatte. Um es zu übersetzen: Er hatte gesagt, sie sei äusserlich hässlich. (Ich hoffe, ihr Jungs macht diesen Fehler nicht auch!) "Ich meine damit: äussere Schönheit vergeht, aber dein Herz kann sich nicht verändern", verbesserte er sich. Ria überlegte kurz über diesen Satz.
"Na gut, lass ich gelten" sagte sie grinsend.
Taylor grinste. "Uuuund, Belleza, erzählst du mir jetzt, wer das war?"
Ria erinnerte sich, dass Valentin ihr nur gesagt hatte, dass sie keinen Aufspürzauber benutzen durfte. Sonst gab es keine weitere Regel.
"Na gut, aber nur wenn du mir hilfst!", sagte sie grinsend.
Taylor grinste zurück. "Bin dabei!"
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Die Chroniken der Schattenwesen
FantasyHeartless ~ Die Chroniken der Schattenwesen Erlebt eine Geschichte, die wir nie erleben. In einer Welt, die wir nicht kennen und mit Personen, die wir nie treffen. ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ Angefangen: 01.01.2016 Das geniale Cover i...