18 ~ Du kannst nicht aufwachen

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Flatternd öffnete Mysteria ihre Augen und ihr Kopf dröhnte, als hätte sie zu viel Alkohol in sich hinein gekippt.
Die ohnehin schon kurzen Kerzen waren vollkommen abgebrannt und hatten den Zauber aufgelöst, wobei sie, wie eine Marionette, dessen Seile getrennt worden waren, zu Boden gefallen war.
"Ria? Alles okay mit dir?", hörte sie jemand fragen.
"Verdammt", dachte sie. Ausnahmsweise wollte sie ihn mal nicht sehen.
Sie schloss die Augen, als das Dröhnen in ihrem Kopf stärker wurde. "Geh weg", murmelte sie und hielt sich stöhnend den Kopf.

Elena, oder Mysteria, rannte vor etwas weg. Panisch und voller Angst, wie Mysteria vor dem Brand geflüchtet war.

"Was ist mit deinem Kopf?", fragte Valentin und ignorierte ihren Kommentar. "Es tut weh", sagte sie.

Etwas packte Elenas Arm und sie schrie auf. Sie riss sich los, doch ihr Ärmel wurde feucht. Ein Fleck breitete sich aus und ertränkte den honigfarbenen Stoff, rot.

Wie ironisch es sein konnte, Elenas Nachfahrin zu sein. Schliesslich hatte der Caelio bei ihrer Flucht fast das gleiche gemacht. Fast, denn er hatte gebissen, nicht gekratzt.

"Komm", sagte er und hob sie sanft auf. Mysteria wollte protestieren, doch ihr Kopf schmerzte so sehr, dass sie es liess. Ihre Protestversuche wären ohenhin kläglich gescheitert.
Valentin trug sie in ihr Zimmer. Sofort kuschelte sie sich in ihr Bett und rollte sich, wie ein Kokon zusammen.

Was auch immer es war, das Wesen fuhr mit seinen Krallen auch über ihren Rücken, dass Elena erneut aufschrie und stolperte. Sie rappelte sich wieder auf und - dann wurde alles schwarz.

Mysteria öffnete ein Auge. Sonnenlicht schien in ihr Zimmer und sie merkte, wie jemand unruhig im Raum herumtigerte.
"Könntest du mal stillstehen? Deine Völkerwanderschaft macht mich nervös", sagte sie. Er blieb sofort stehen, sah sie aber säuerlich an.
"Was hast du im Garten gemacht?", fuhr er sie an.
"Ich habe geredet", sagte sie genervt. Wenigstens waren die Kopfschmerzen weg.
"Mit wem?", fragte er. "Wüsste nicht, was dich das angeht!", murmelte sie und machte Anstalten sich auf die andere Seite zu rollen.
Ein scharfer Stich durchfuhr sie. Dieses Mal an ihrem Schlüsselbein. Sie biss die Zähne zusammen, konnte aber nicht ganz still sein. Ein leiser Schmerzenslaut entwich ihr und Valentin sah sie augenblicklich besorgt an. "Immer noch Kopfschmerzen?"
"Nein. Etwas tut am Schlüsselbein weh", gab sie zu. Seine Stirn runzelte sich. "Ich geh mal nachschauen", sagte sie und stand auf.

"Bitte... Nicht..." Tränen benetzten ihre Wangen. Sie krabbelte immer weiter nach hinten, bis sie gegen die kalte Felswand stiess.

Mysteria schloss die Tür hinter sich ab und setzte sich auf den gekachelten Boden des hellen Badezimmers.

Der heisse Atem des Wesens schlug ihr gegen den Hals und auf ihrem gesamten Körper bildete sich eine Gänsehaut. Wie gerne würde sie sehen, was vor ihr war, doch die Krallen hatten ihr kostbares Augenlicht genommen.

Der Traum war noch nicht zu Ende. Wobei Mysteria ehrlich daran zweifelte, dass es ein Traum war.

Das Blut an ihren halb zerfetzten Lidern began schon zu trocknen. Ihr Atem ging unregelmässig und ihr Herz schlug zu schnell.

"Verrückt. Ich werde verrückt", dachte sie widerwillig. Sie lehnte den Kopf gegen die kühlen Fliesen. Verrückt war sie nicht, nur ein Schattenwesen. Aber waren diese Erinnerungen real?

"Ich bin noch nicht bereit... Noch nicht jetzt...", flüsterte sie ängstlich weiter. Das tiefe Grollen aus dem Rachen des unbekannten Wesens, liess Elena zusammen zucken. Elena hatte verloren. Sie hatte ihr Leben dafür hergegeben.

Es gab keine Rechnung ohne die Quittung.

Die Chroniken der SchattenwesenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt