34 - Der Ball

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(Anm. d. Aut.: Lied bitte erst, wenn ich es sage^^)

Ria hatte keine Vorstellungen davon, was sie eigentlich erwartete. Und wenn doch, dann beschränkte es sich auf einen grossen Saal und viele Leute. Doch als sie vor dem imposantem Gebäude mit Marmorstatuen und zahlreichen Ornamenten anhielten - sie waren mit einem Gefährt unterwegs, dass an eine selbst fahrende Cinderella-Kutsche erinnerte - öffnete sich Rias Mund vor Überraschung. Die Höhe war ungefähr, wie das des Weissen Hauses in Washington, aber das war auch die einzige Ähnlichkeit mit einem der Gebäude, die wir auf der Erde kannten.
"Willkommen im Anwesen der Olympia", hatte Taylor gesagt. Tatsächlich war es von einer göttliche Aura umgeben, die eine majestätische Macht ausstrahlte. Das alabasterweisse Anwesen erstreckte sich einige Kilometer lang und besass zahlreiche Türme, Kuppeln, Erkern und Figuren an den Wänden, dass Ria es nicht mehr als 'Anwesen' bezeichnen konnte. Taylor klappte ihren Mund grinsend wieder zu, bevor sie auch zu sabbern anfangen konnte, wobei er so sanft über ihr Kinn strich, dass sie verlegen wegschaute. Trotzdem nahm sie seinen Arm an, den er ihr Gentleman-like anbot. Stattdessen merkte sie, dass sie selbst zwischen all den kostümähnlichen Kleidern - noch mehr Neonfarben, Glitzer, Lämpchen, etc. - schlicht aussahen, obwohl sie ihr Kleid niemals als 'unauffällig' abstempeln würde.
Allerdings musste man auch zugeben, dass sie schnell vergass, dass dies nun mal nicht ihre Heimatstadt war, sondern Evidencia.

Der Teppich unter ihren Füssen war voller weisser Edelsteine, die sie im hellen Mondlicht beleuchteten, wie unzählige Mini-Taschenlampen. Als sie durch die goldenen Türen hindurch gingen, nahm Ria alles zurück, als sie dachte, dass die KLEIDER auffällig waren.
Unter den geschätzten 50 Kronleuchtern, die von bereitwilligen Feen beleuchtet wurden,  funkelten und glitzerten überall Diamanten an den Wänden. Es gab kein Stückchen Wand, dass NICHT mit mit einem durchsichtigen Stein besetzt worden war. Der Boden war aus dickem Panzerglas unter dem sich das Meer befand, aber kein einziges Wesen war im Wasser zu sehen.
"Sir Cantrieso hat den Meeresbereich absperren lassen, als das Haus gebaut wurde. Darum siehst du auch keine Meeresbewohner oder Fische", beantwortete Taylor ihre unausgesprochene Frage.
"Sir... wer? Und das nennst du ein Haus?! Was ist dann ein Schloss für dich?" Das Mädchen im Schwanenkostüm starrte ihn so verblüfft und entgeistert an, dass es ihm ein lautes Lachen entlockte.

"Sieh an, wen wir da haben: Taylorinio! Ich wusste gar nicht, dass du auch da bist! ... Und bei Persephone's Garten, wer ist denn dieses heisse Schattenwesen?" Ein schlanker Junge kam auf die beiden zugesteuert. Er war etwas grösser als Taylor und sah in seinem grünen Smoking atemberaubend aus. *Er sieht aber nicht ganz so gut aus, wie Taylor*, dachte Ria.
"Taylorinio?", hakte Ria belustigt nach und sah ihren Begleiter an, der sich ertappt am Hinterkopf kratzte. 
"Gib meinen Eltern die Schuld", murmelte er ihr leise zu, was sie zum Grinsen brachte. Dann sagte er lauter: "Esqulio! Es ist lange her, seit ich dich das letzte Mal gesehen habe! Jagst du immer noch der Elbe hinterher?"
Esqulio lachte. "Du meinst Olera? Nein, ich habe es aufgegeben. Aber kurz darauf habe ich Meliorna kennen gelernt. Sie steht dahinten, bei Lady Dastresa... Die in dem veilchenblauen... Ja, genau!" Der Blonde zeigte auf ein zierliches Mädchen, mit kastanienbraunem, glänzendem Haar und elfenbeinblasser Haut. Das veilchenblaue Kleid stach mehr ins Auge als Rias, aber auch nicht allzu sehr. Sie besass eine aufrechte Haltung und Grazie, wie eine Ballerina. Ihre Wangen waren vor Aufregung leicht gerötet und ein freundliches Lächeln auf ihrem Gesicht, während sie mit einer Frau redete, die ein neongrünes Kleid mit neonpinken Streifen trug, was Ria auch aus dieser Entfernung in den Augen schmerzte. Als Meliorna, Esqulio entdeckte verabschiedete sie sich höflich von Lady Dastresa, knickste kurz. Sie bewegte sich mit solch einer Anmut über das Panzerglas, dass es den Eindruck erweckte, sie würde schweben und stand kurz darauf neben ihrem Begleiter. Sein Blick, den er ihr zuwarf, war eindeutig: Er war verliebt. Ria lächelte und fand, dass die beiden ein süsses Paar abgaben.
"Meliorna, du siehst fantastisch aus!", sagte Esqulio und legte den Arm um Meliornas schmale Hüfte. Das Mädchen errötete und sah kurz verlegen an sich hinab.
"Wer sind deine Gesprächspartner?", fragte sie neugierig, mit einer hellen, klaren Stimme. Aus nächster Nähe konnte Ria nun die lavendelvioletten Augen sehen und das ihre Haut von einem kaum merklichem, bläulichem Schimmer durchzogen war. Ihre Handgelenke wurde von goldenen Armreifen gschmückt und ein Blumenhaarband lugte zwischen ihrer Strähnen hervor. Durch die Augenfarbe und dem Schimmer auf ihrer Haut bemerkte Ria, dass Meliorna eine Mhirinja - eine Fee - war.
"Das ist mein Halbbruder, von dem ich dir erzählt habe, Taylor, erinnerst du dich?", sagte Esqulio und er sprach mit einem Hauch von Zärtlichkeit, von der Taylor und Ria wussten, dass diese nicht seinem Halbbruder galt. 
"Guten Abend, Meliorna. Schön dich kennen zu lernen!" Taylor verbeugte sich leicht nach traditioneller Weise und Meliorna knickste als Antwort, mit ihrem stetigem, ehrlichen Lächeln im Gesicht.
"Das Vergnügen ist ganz meinerseits."
"Ach, tut mir leid, wie unhöflich von mir!", sagte Taylor und sah verlegen zu Ria. "Das ist die mysteriöse, bezaubernde Ria", stellte er sie vor.
"Ich widerspreche dir bei deiner Wahl des ersten Adjektivs und über das Zweite lässt sich debattieren", grinste sie und knickste dann. (Sie bemerkte nicht, wie Taylor amüsiert die Augen verdrehte, als wollte er sagen: Frauen!) "Es freut mich wirklich sehr, euch kennenzulernen."
"Das können wir nur zurückgeben", erwiderte Esqulio der sich verbeugte, zu gleichen Zeit, in der Meliorna knickste. "Warum holen wir uns nicht ein Glas und unterhalten uns, Taylor? Es gibt bestimmt viel zu erzählen!"
Taylor lachte. "Das glaube ich dir gern!"
Meliorna wandte sich an Ria. "Würde es dir etwas ausmachen, mit mir ein wenig herumgehen und plaudern?" Ria verstand die Botschaft: Die Brüder sollten sich in aller Ruhe ausreden, da sie sich anscheinend Jahrzehnte nicht mehr gesehen hatten.
"Sehr gern", antwortete sie mit einem Lächeln. "Du entschuldigst mich sicher, nicht?", sagte sie an Taylor gewandt.
"Amüsier dich, aber verirr dich nicht. Unser Gastgeber hat eine Vorliebe für Labyrinthe!", sagte er und sah zu, wie die beiden Mädchen - eine tänzerische Mhirinja und eine dunkel gekleidete Estrapoll sich entfernten. Meliorna lief wieder mit dieser schwebenden Grazie, aber Ria lief geschmeidig und mit einer aufrechten Haltung, stolz wie ein Schwan. Iliosea und Zehanna hatten sich selbst übertroffen. Der Schwarze Schwan hätte zu keinem Mädchen besser gepasst; die Hexe war wie geschaffen für das Kostüm. Die beiden Mädchen redeten sehr angeregt miteinander, als wären sie sich schon lange vertraut, ähnlich, wie bei Taylors ersten Begegnung mit ihr. Gerade lachte Ria über etwas, dass Meliorna erzählt hatte. Selbst aus der kleinen Entfernung, die die beiden bereits zugelegt hatten, hörte er ihr Lachen, wie ein feines Flüstern in seinem Ohr. Als sie kurz über ihre Schulter sah, begegnete er ihre aquablauen Augen und sie lächelte, bevor sie sich wieder Meliorna zu wandte.

Die Chroniken der SchattenwesenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt