Als Valentin am nächsten Morgen in das Gästezimmer sah, sass Mysteria auf dem Bett und starrte aus dem Fenster. Sie war immer noch voller Asche und umarmte ihre angezogenen Beine. "Ria?", fragte Valentin leise. Sie zuckte nicht zusammen, doch sie drehte den Kopf in seine Richtung und sah ihn mit leeren, verweinten Augen an.
"Geh dich duschen und dann gibt's Frühstück, okay?", sagte er sanft und wollte nicht fragen, was los war, als er ihren verletzlichen Zustand sah.
Sie würde es ihm ohnehin nicht erzählen.
Erst reagierte Mysteria nicht, dann nickte sie und lief lautlos ins Badezimmer.In Valentins Kopf spielte sich immer noch ihre Reaktion ab, als er die Sacretti erwähnt hatte.
Warum hatte sie solche Angst vor ihnen?
Wieso war sie alleine?
Valentin beschloss einige Nachforschungen zu machen. Wenn sie schon nichts erzählte, musste es halt jemand anderes sein.
Egal, wer.Derweil schloss Mysteria hinter sich ab und betrachtete sich im Spiegel.
Was war nur los mit ihr? Sie war nie so zerbrechlich, nie so hilflos, nie so überfordert gewesen, wie jetzt.
Während sie duschte, began sie wieder zu weinen. Ganz leise. Die Hände auf den Mund gepresst, damit Valentin ja nichts mitbekam.
Immer wieder erklang Pikes Stimme in ihrem Kopf, wie sie den letzten Satz ihrer letzten Vision sagte: "Stattdessen erklingt sein Schrei: Ich habe alles verloren."
Sie überlegte, die ganze Geschichte Valentin zu erzählen, doch sie schlug sich die Idee wieder aus dem Kopf.
Erst einmal musste sie sich selbst herrichten.
Vor allem seelisch wieder stabilisieren.Als sie die Treppe herunterkam, trug sie wieder ein Kleid, nur diesmal in feuerrot.
"Rot bedeutet Selbstvertrauen, Mut und zu wissen, was man will. Du bist nicht schwach, sondern stark!", flüsterte ihre innere Stimme ihr immer und immer wieder zu.
Valentin, der gerade in einer Zeitung gelesen hatte, blickte auf.
"Alles okay?", fragte er vorsichtig. Sie gab keine Antwort.Was sollte man schon sagen, wenn es nichts mehr gab, dass okay war?
Sie atmete tief durch, denn die Tränen wollten wieder kommen. Wie dumm doch nur ein Herz sein konnte. Wie verweichlich man sein konnte.
"Ich muss nachher zur Arbeit. Kommst du hier alleine zurecht?"
Sie nickte. Ihre Gedanken waren woanders, doch sie bekam immer noch mit, was er sagte.
Sie sah ihn nur an und er schien die Antwort in ihren Augen zu sehen. Mysteria merkte zum ersten Mal, wie sie es hasste, dass er immer zu wissen schien, was in ihr vorging.
Wie eine Glasvitrine fühlte sie sich in ihrer Haut. Man konnte hindurchsehen und das Schauspiel betrachten, dass ihre Gefühle spielten.
Wobei...
Eigentlich spielten sie nicht.Sie zerbrachen daran.
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Die Chroniken der Schattenwesen
FantasiaHeartless ~ Die Chroniken der Schattenwesen Erlebt eine Geschichte, die wir nie erleben. In einer Welt, die wir nicht kennen und mit Personen, die wir nie treffen. ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ Angefangen: 01.01.2016 Das geniale Cover i...