26 ~ Herausforderung angenommen

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In den nächsten Tagen brüllte der Muskelkater in ihren Gliedern. Es fiel ihr schwer sich zu bewegen, ohne dass irgendetwas schmerzte.
Fünf Tage lang rackerte Ria sich mit Recklessia im körperlichen Training ab.
Messerwurf, Joggen, Hindernisparcour, Bogenschiessen, Fechten, usw.
Am sechsten Tag wurde sie von Valentin in ihrer geistigen Verfassung unterrichtet.
Am letzten Tag der Woche lag sie meistens faul im Bett herum und schlief, oder blätterte in ihrem schwarzen Buch herum. Wenn die Tür geöffnet wurde, liess sie es verschwinden und Recklessia und Valentin bekamen das Buch nie zu Gesicht.

"Eine Scorstre-Verteidigung ist einfach für dich. Die anderen Schattenwesen jedoch sind manchmal schwierig", erklärte Valentin.
Das Wohnzimmer war beinahe leer. Grosse Möbel wurden in ein separates Zimmer verlegt und der Rest an die Wand geschoben. Ria und Valentin standen einander in der Mitte des Raumes gegenüber.
Valentins Gestalt verschwamm und die schwarzen Umrisse wurden an den Seiten länglicher, wie zwei verunstaltete Arme. Rias Augen weiteten sich.
Valentin stand in Gestalt eines Caelios vor ihr.
Es war exakt der gleiche Caelio, der sie angegriffen hatte.
Der Fleischklops.

(Eigentlich war er kein Fleischklops gewesen, aber sein Gewicht war richtig erdrückend gewesen, dass sie sich wie der Inhalt eines Sandwiches gefühlt hatte.)

Seine Finger schnippten vor ihrem Gesicht und automatisch schlug sie die Hand heftig weg. Ihre Reaktion brachte sie wieder auf den Teppich. Ein Grinsen umspielte seine Mundwinkeln.
"Ich weiss es schon, Ria. Ich weiss, dass du Angst hast, deshalb machen wir diese Übung."
Er kam näher und Ria wich instinktiv zurück. Ihr Herz klopfte schneller. Es fiel ihr schwer, immer noch zu glauben, dass es Valentin war. Bei der kleinsten Bewegung seinerseits zuckte sie zusammen.
"Woher... Woher weisst du... davon", fragte Mysteria. Sie stiess mit dem Rücken gegen die Wand. Sie konnte sich ihre Angst nicht erklären. Er kam ihr so nahe, dass sie ihr Spiegelbild in den aquarinfarbenen Augen sah. "Woher wohl?", fragte er leise. "Du redest. Sogar im Schlaf."
Unwillkürlich wurde sie rot. Allerdings war sie nicht sicher, ob die Ursache die plötzliche Nähe war, oder die Tatsache, dass er sie im Schlaf beobachtet hatte.

Er spielte.
Er kannte wirklich keine Grenzen.
Gut.
Dann spielte sie zurück.
Auf eine ebenfalls unverschämte Weise.

Die Richtung ihrer Gedanken änderten sich. Die offene Tür in ihr Inneres, die ihre Augen für Valentin immer offen standen, verschloss sie. Kälte durchflutete die neonblaue Iris und Valentin erkannte keine Gefühle mehr.
Sie war wieder zu 100% anwesend und ihre Mundwinkel hoben sich. Ihre Füsse bewegten sich nach vorne, bis es Valentin war, der immer einen Schritt zurücktreten musste.
"Du bist gut", raunte sie. Sie beugte sich vor und flüsterte in sein Ohr: "Spielen wir!"
Valentin grinste schief und raunte: "Ich nehme Eure Herausforderung an, Mylady."

Die Chroniken der SchattenwesenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt