22 ~ Der Plan

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Mysteria schreckte auf, als eine Tür ins Schloss fiel. Sie war auf dem Küchentisch eingeschlafen. Unter ihrem Arm lag der Block, auf dem ihr ein leeres Blatt entgegen streckte. Daneben waren mehrere zerknüllte Papierkugeln. Missglückte Versuche ihren Plan aufzuschreiben. Ein Glas Wasser und ein leerer Teller standen auch auf dem Tisch.
"Geh nach oben, Ria", sagte Valentin, als er in die Küche trat. Doch sie schüttelte den Kopf. "Ich muss mit dir reden", sagte sie. Valentin holte die Reste des gestrigen Abendessens heraus und sah sie stirnrunzelnd an. "Ich habe darüber nachgedacht, wie es weitergehen könnte und da habe ich gedacht... Dass..." Sie stockte und suchte nach Worten. "Dass, was?", hakte er nach und setzte sich gegenüber von ihr. Er sah sie fragend an, während er sich Lasagne reinschaufelte. "Ich will eine Ausbildung. Als Kämpferin", sagte sie gerade heraus und Valentin hustete sofort los, weil er sich verschluckt hatte. "Bitte, was?", stiess er hervor.
"Ich will eine Sacretti-Ausbildung", wiederholte sie ungerührt.
"Ich dachte, du willst nicht zu den Sacretti?"
"Das habe ich auch nicht gesagt."
"Aber-"
"Ich will nicht zu den Sacretti. Aber ich will eine Sacretti-Ausbildung."
"Und der Grund, dass du nicht zu den Sacretti gehst ist...?" Er liess den Satz in der Luft hängen.
Für einen Moment herrschte kurz Stille.
Mysteria sah ihn neutral und ohne jegliche Emotionen an.
Valentin sah sie verwirrt und fragend an.
Zwei Welten traffen aufeinander, während ein Waisenmädchen und ein Kämpfer sich anfunkelten.
Mysteria sah ihm fest in die Augen, die neonblauen Augen bohrten sich ihren Weg in sein Inneres, was ihm natürlich gar nicht gefiehl.
Das Anzeichen eines kleines Lächeln umspielte ihre Lippen. "Damit ich keinen Schwur machen muss, den ich sowieso nicht einhalten werde", gab sie Antwort auf seine Frage. Valentin nickte wissend und dann lächelte er. "Dir ist schon klar, dass du trotzdem einen Schwur abgeben wirst oder?"
"Wenn es einen ist, den ich halten kann", lächelte Mysteria frech.
Valentin grinste schief. "Also, Estrapoll, was für Zauber gibt es, dass Personen ihren Schwur halten?" Mysteria überlegte kurz. "Die Frage ist eher: Überlebst du es, Scorstre?"
Mit offenen Mund sah er sie an. Als Mysteria sein Gesicht sah, schlich sich ein scheinheiliges Lächeln auf ihren Lippen. "Du stalkst. Ich stalke. Wir wären das perfekte Stalker-Team! Aber zurück zu deiner Frage: Ja, es gibt einen, den du sogar überlebst. Man braucht dazu-"
"Moment mal", unterbrach sie Valentin halb entrüstet, halb erstaunt. "Woher weisst du, dass ich ein Scorstre bin?"
"Na gut, dann machen wir es so: Wir machen das Ritual und dann machen wir reinen Tisch. Ich habe nämlich auch so die eine oder andere Frage an dich." Sie streckte ihm ihre Hand hin. "Einverstanden?"
Valentin dachte nach. Doch dann schlug er nach einer Minute ein. "Abgemacht, Estrapoll. Und wehe du verheimlichst mir etwas!", sagte er, nur sein Lächeln dämpfte die Stärke seiner Worte.
"Kann ich nur zurückgeben, Scorstre", grinste Mysteria zurück.

Die Chroniken der SchattenwesenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt