Es regnet den ganzen Tag und der Schnee löst sich in Bächen auf. In meinen Augen liegt eine gewisse Gefühllosigkeit, die sich in meinem gesamten Körper ausbreitet und ihn taub scheinen lässt. Ich sitze in meinem Zimmer und starre den Regen an, der zu mir herein weht. Keine einzige Träne ist mehr übrig. Ja, ob ihr es glaubt oder nicht. Vor euch sitzt ein totes Mädchen!
Ein Mädchen, das vor einigen Jahren gestorben ist und eigentlich schon längst unter dem nassen, harten Erde liegen soll. Rosen würden vielleicht mein Grab schmücken. Vielleicht wären sogar irgendwelche Verwandten gekommen, um mein Grab zusehen.
Alles in mir ist kalt und ich habe das Gefühl mich in dem selben Traum zu befinden, wie vor kurzem. Mein Herz mit Eiszapfen übersät, deren Spitzen sich immer tiefer in mein Herz bohren. Es tut weh, doch der Schmerz tut gut.
Um klar zu stellen, ich habe nicht die geringste Lust noch einmal mit diesem Teufel zu sprechen, der nichts anderes, als mich wieder zurückzuholen, im Sinn hat. Ich glaube, dass ich ihn hasse. Ein Gefühl, das nicht aus mir raus will. Ich kann es nicht abschütteln. Es klebt an mir.
Ich presse die Augen zusammen und spüre einen nassen Regentropfen auf meiner Stirn. Die Realität entzieht sich mir und ein Schwindel setzt an. Alles um mich dreht sich."Ist sie wach?"
Die Stimme ist männlich und mühsam blinzle ich in das Licht. Mein Kopf fühlt sich an, als wird er jeden Moment explodieren. Ein Mann hat sich über mich gebeugt und lächelt mich freundlich an.
"Marie, alles in Ordnung?"
Ich nickte. Alles tat mir weh. "Papa, was ist passiert?"
Keine Erinnerung an das Geschehen, welches wohl erst vor kurzem geschehen sein musste, war Vorhand. Weiße Leere machte sich in meinem Kopf breit und nur wenige Gedankenschnippsel, die sich nicht zuordnen ließen, schwirrten durcheinander.
"Du bist vom Baum gefallen und hast dir die Hand gebrochen, Liebes!"
Langsam nickte ich noch einmal. Meine Zunge fühlte sich an wie Blei. "Mir ist kalt!"
"Oh, Mister Blue, könnten Sie bitte das Fenster schließen?"
Mister Blue war unser Butler und er eilte zum Fenster, um es zu schließen. Papa nahm mich in den Arm. "Marie, du darfst nie vergessen, dass wir dich für immer lieben, okay?"
Ich nicke. "Okay."
"Versprich es mir!"
Ich kuschelte mich gegen seine Brust. "Ich verspreche es!"Die Tränen, die mir über die Wange streicheln, sind eiskalt. Ich habe mein Versprochen gebrochen. Ich hab sie alle vergessen.
Ein Schluchzen lässt mich zusammenzucken. Es wundert mich, dass es von mir kommt. Ich weine sonst so ungern, aber dieses Ereignis trifft mich wie ein Schlag. All die Tränen von denen ich gedacht habe, dass ich sie schon längst vergossen habe, rollen mir über die Wagen.
Ich habe eine Familie gehabt und sie doch verloren.
Die ersten Sonnenstrahlen machen sich bereit und künden den neuen Tag an. Ich beiße mir auf die Lippen.
Ab heute wird sich meine Welt verändern. Nicht nur weil ich gerade erfahren habe, was ich wirklich bin, sondern weil noch etwas Dunkleres auf den Weg hier hin macht!Akneya ist den ganzen Tag seltsam und blickt immer wieder auf die Uhr. Ich runzle die Stirn. Sonst ist sie nie so.
Und jedes Mal, wenn ich sie frage, ob alles in Ordnung sei, nickt sie, sagt jedoch kein Wort. Das ist das Zeichen, dass sie lügt.
Warum auch immer.
Ich hoffe nur, dass ich mir keine Sorgen machen muss und der Teufel nicht vor der Tür steht.
Es ist fünf Uhr abends, als es klopft. Akneya hat mir frische Sachen rausgelegt und ich ziehe das rote Leinenkleid an, das sich an meinen Körper schmiegt und unten immer länger wird.
Ich blicke mich im Spiegel an. Ich habe meine Haare waschen, kämmen und flechten müssen, so, dass ich meine Haare an der Kopfhaut gespannt und den Rest des Haars weit oben auf meinem Kopf trug. Akneya hat mir sogar einen Lippenstift hingelegt.
Eigentlich hasst sie dieses Zeug wie ich, doch irgendwas hat sie wohl umgestimmt. Langsam trage ich den roten Lippenstift auf. "Möglichst viel Zeug davon auf die Lippen ", hat sie gesagt.
Ich schmiere mir die rote Schicht fünffach auf meine Lippen und wische mir leicht über die gepuderte Wange. Meine Wimper sind schwarz und kunstvoll verlängert und aufgerichtet. Ein rötlicher Glitzer klebt an ihnen.
Ich komm mir vor, wie eine Barbie-Puppe.
Einfach nur hässlich und billig. Rasch schließ ich die Augen.
Akneya tritt ein und lächelt. Sie trägt ihr bestes blaues Kleid aus Seide und hat ihre Haare kunstvoll, genauso wie mühevoll, aufgesteckt.
"Komm, mi niña!"
Ich ging mit ihr nach unten und bleibe wie eine Statue stehen. Das kann nicht sein! Ich bekomme fast keine Luft mehr.
Auf unserem Stuhl sitzt Miss Cruz: die Präsidentin!
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City of Devil
Science FictionEine fremde Welt Eine seltsame Stadt Ein tödliches Spiel Alle gegen jemand Jien weiß nicht, dass sie gewählt worden ist, um an den Spielen in der fremden Welt Ikava teilzunehmen. Doch das erfährt sie genug früh, als die Präsidentin vor ihrer Tür ste...