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Ich bringe kein Wort raus, als Kyle seine Hand von meinem Mund nimmt. Ich koche vor Wut. Was los ist? Ich bring ihn um.
Zu gleich weine ich. Ich habe ihn gefunden. Lebendig!
Mein Herz macht Freudensprünge, als er nach meiner Hand greift. Doch ich entziehe sie ihm wieder.
"Scheisse, Kyle, wo warst du?", frage ich mit bebender Stimme.
Ein Lichtstrahl erleuchtet die Lichtung. Ich sehe erst jetzt Kyles hoch roter Kopf. Er wischt mir eine Träne von der Wange und flucht.
"Äh, ich musste mal ", stottert er.
Ich lache kläglich. Das ist doch ein schlechter Witz, oder? "Wieso so weit weg?", frage ich ungläubig.
Er wird rot und schluckt schwer. "Weil."
Och, diese Antwort kenne ich nur zu gut. Plötzlich bin ich überhaupt nicht mehr darüber froh, ihn gefunden zu haben.
"Du hast doch nicht etwa Angst, dass ein Mädchen dich entdeckt ", frage ich provozierend.
Er bemerkt meine Absicht und knetet sich die Stirn. "Mann, lass es doch mein Problem sein."
Ich lache. Das ist nicht sein Ernst.
"Heißt das, du gibt's es zu?", sichle ich weiter. Ich will die Wahrheit.
"Jine, bitte. Lass es gut sein", stöhnt er.
Ich schüttle den Kopf. "Ich glaube dir nicht. "
Jetzt ist er unglaublich nervös und beißt auf seine Unterlippe. Oho, habe ich den Punkt etwa erwischt?
"Lass uns wieder zurückgehen", murmelt er belegen.
Ja klar. Nie im Leben. "Erst, wenn du ehrlich bist."
Kyle schwangt die Taschenlampe umher. Woher hat er die eigentlich.
"Bitte."
"Hast du etwa etwas zu verbergen oder..."
"Mach kein Drama draus", unterbricht er mich.
Jetzt hat er einen wunden Punkt getroffen. Ich werde zickig. "Wieso nicht?", will ich herausfordernd wissen.
Er verdreht die Augen. "Weil."
"Fällt dir auf, dass ich dir nicht traue?", frage ich spitz nach.
"Jine, lass es uns morgen besprechen. Ich bin extrem müde", versucht er es wieder.
Ich schüttle den Kopf. "Nee."
So dumm bin auch nicht.
"Jine!"
"Kyle."
Er stöhnt genervt. "Ich erzähl es dir morgen."
Aber hallo?
"Meinst du, ich lasse dir noch extra Zeit um dir Lügengeschichten einfallen zu lassen?"
Er wirkt ertappt und sagt nichts mehr. Er ist echt blöd.
"Nein, da hast du dich geschnitten", eröffne ich ihm.
"Bitte."
Wie oft hat er heute dieses Wirt gesagt? Ich habe das Mitzählen aufgegeben.
"Vergiss es!"
Kyle sagt schließlich: "Ich werde sonst..."
"Tu was du willst, es interessiert mich einen Scheiss!", unterbreche ich ihn.
Er lacht auf. "Siehst du? Es interessiert dich nicht. "
Als ob er glaubt, er kommt so schnell davon.
"Das hier schon", gebe ich zurück.
"Wieso machst du es mir so schwer?", seufzt er.
Ich muss lachen. "Was so schwer? Es ist ganz leicht. Du musst einfach nur die Wahrheit herausrücken."
Er schwieg. Dabei verengten sich seine Augen.
"Was wenn die Wahrheit dich abschreckt?", fragt er schliesslich.
"Warum sollte sie?" Ich runzle die Stirne.
Er lacht wütend auf. "Hier, du wolltest die Wahrheit."
Er beugt sich tiefer und bevor ich richtig realisiere, was er vor hat, ist es bereits zu spät. Seine Lippen liegen auf meinen. Ich will zurückweichen, doch ich kann nicht. Ich kann überhaupt nichts machen.
Seine Lippen sind weich und sanft. Sie drücken leicht gegen meine, bis ich sie schließlich öffne. Kyle stöhnt leise auf und ich keuche. Noch nie in meinem Leben hat mich jemand geküsst. Er umfängt meine Taille und ich lasse es zu, genauso, wie ich seiner Zunge den Zugang zu meiner gewähre. Er stößt leicht mit seiner Zunge auf meine und ich spüre, ich mir schwindlig wird. Er bewegt sein Mund auf meinem und ich ahme seine Bewegungen nach. Er keuchte und drückte mich gegen einen Baum. Ich spüre, dass er erregt ist. Langsam lösen wir uns. Und starren einander an.
Erst jetzt wird uns langsam bewusst, was genau passiert ist. Er weicht zurück und schließt die Augen. Ich hole Luft und starre den Himmel an. Nein, dass kann nicht gerade passiert sein.
Ich blicke zu Kyle, der mich ebenfalls anblickt.
"Das ist die Wahrheit ", flüstert er kaum vernehmbar.

City of DevilWo Geschichten leben. Entdecke jetzt