Kapitel 5

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Sophie

Ich wusste nicht wie lange ich hier schon hockte, aber es müssten mindestens drei Tage gewesen sein. Nachdem ich Evelyn erzählt hatte, was ich in den letzten acht Jahren erlebt hatte, war sie etwas blass um der Nase. Doch sie stand auf und führte mich zurück in mein Zimmer, wo mich bereits ein Tablet mit Frühstück. Dankbar fing ich an zu essen und merkte zu spät, dass das Brot komisch schmeckte. Ich konnte gerade noch meinen Bissen hinunterschlucken, als mein Körper kraftlos zur Seite kippte. Evelyn trat in mein Zimmer und streichelte meine Wange "Du bist noch nicht bereit, meine Liebe. Noch lange nicht. Komm, wir haben einiges nachzuholen." Mein Blick wurde leicht verschwommen und ich wusste, dass ich weinte. Verflucht. "Louis, komm schon! Sie kann sich nicht wehren!", rief Evelyn und lächelte als Louis hinein kam und mich mit viel zu festem Griff, hochhob.  Wussten die anderen davon? Schoss es mir durch den Kopf und ein Gefühl der Enttäuschung überfiel mich. Wieder wurde ich hintergangen. "Oh, hör auf zu weinen. Ich werde dich bald frei lassen, aber nur wenn du mir zeigst wie weit du bereits bist." Verwirrt versuchte ich meinen Kopf zu ihr zu drehen, doch ich schaffte es nicht.

Louis trug mich die Treppe hinunter, durch den Betongang und dann in ein kaltes Zimmer. "Ruh dich gut aus. Morgen fangen wir an.", meinte Evelyn zuckersüß und ein kalter Schauer lief meinen Rücken hinab. "Wie in alten Zeiten. Bald wird es nur noch dich und mich geben!", Evelyn strich über meine Wange und Luis legte mich in ein mir nur allzubekanntes Eisenbett. Wieso? Diese Frage stelte ich mir immer wieder, schließlich schloss ich meine Augen und schlief ein.


Ich sah mich selbst, zusammen gekauert auf einem Eisenbett liegen in einem fensterlosen Raum, das einzige Licht flackerte durch den kleinen Schlitz unter der Tür hindurch. Ich sah mich weiter um, es gab nur dieses Bett und einen Stuhl, sonst war hier nur kahler Beton. Ich sah wieder zu mir, ich hatte ein vom vielen weinen gerötetes Gesicht und geschwollenen Augenlieder. Unruhig zuckte ich im Schlaf, ich hatte noch immer keine Kontrolle über meinen Körper. Plötzlich hörte ich einen Schrei, er war gedämpft, aber ich konnte ihn trotzdem hören. Es war ein Mädchen und es schrie entsetzlich schmerzhaft. Ich lief oder besser gesagt schwebte als Traumgestalt zur Tür und stellte schockiert fest, dass man die tür nur von außen öffnen konnte. Hektisch suchte ich die Tür ab und wollte sie gerade betasten, vielleicht gab es ja auch einen Mechanismus den man drücken musste, als meine Hand durch die Tür hindurch ging. Überrascht zog ich meine Hand zurück, nur um komplett durch die Tür durchzugehen, so stellte ich mir vor ein Geist zu sein. Doch bevor ich mich über meine Entdeckung als Traumfigur durch Wände gehen zu können freuen konnte, schrie wieder ein das Mädchen und ich rannte den Gang entlang, bis ich vor einer weißen Türe zum stehen kam, von hier kamen die Schreie. Ohne zu wissen was mich dahinter erwartete lief ich durch die Tür und fand mich in einen komplett weißen Raum wieder. In der Mitte stand ein Stuhl, so wie man ihn beim Zahnarzt finden konnte, doch dieser war aus Eisen und da wo die Hände hingehörten, waren Fesseln angebracht. Als wieder jemand schrie, realisierte ich erst, dass ein Mädchen auf dem Stuhl lag und sich vor Schmerzen wand. Vorsichtig schwebte ich auf sie zu, sie hatte kurzes braunes Haar und war sehr abgemagert, doch etwas in mir sagte mir, dass ich sie kannte. Ohne zu überlegen legte ich eine Hand auf ihre Wange und summte ein Nachtlied, welches man mir im Waisenhaus beigebracht hatte. Das Mädchen hörte auf sich zu winden und öffnete die Augen, sie hatte graue Augen die hektisch den Raum absuchten und mich dann fixierten. Aber sie kann mich doch nicht sehen, oder doch ?
 Plötzlich merkte ich ein starkes ziehen in meinen Bauch und wusste, dass es nun Zeit war zurück zu gehen. "Ich komm wieder." versprach ich dem Mädchen und wandte mich ab. In meinem Zimmer schloss ich die Augen ...

und erwachte in der Realität. Ich setzte mich auf, da hörte ich Schritte und das Rascheln eines Schlüsselbundes. Kurz darauf wurde die Tür geöffnet und ein Mann in komischer uniform trat in den Raum. "Mitkommen!", seine Stimme klang kalt und duldete keinen Wiederspruch. Zögernd stand ich auf und der Mann musterte mich argwöhnisch. "Was wollen sie von mir?", fragte ich flüsternd und rechnete mit dem Schlimmsten. Doch der Mann packte mich am Arm und zog mich hinaus in den Betongang, schloss die Tür wieder ab und zog mich hinter sich her.

Zwanzig Schritte geradeaus, dann rechts.

Fünfzeheneinhalb geradeaus, warten. Es ertönte ein Piepen.

Zehn Schritte geradeaus, wieder warten.

Vierzig Schritte geradeaus, dann nach links.  Wie groß war das hier unten?

"Ah da ist sie ja!", die Stimme gehörte einem Mann, doch ich konnte ihn nicht sehen, da der Mann in Uniform meine Sicht auf ihn verdeckte. "Du kannst nun gehen, ich übernehme ab hier." Plötzlich wurde ich nach vorne gezogen und vor mir stand ein hagerer Mann in weißem Arztkittel, sein schütteres Haar klebte an seinem Kopf und Schweißtropfen liefen ihn an der Schläfe hinab. Doch die Augen beängstigten mich am meisten. Sie sahen verrückt aus und dieser ganze Aufmach von ihm, unterschrich dies nur noch mehr. "Nun denn, komm mit." Ohne sich nach mir umzusehen, drehte er sich um und lief einfach los. Ich hätte die Chance abzuhauen, doch was wenn es hier noch mehr Leute gab? Also lief ich ihm zögernd hinterher, in einem schwarzem Raum, welcher rote Runen an den Wänden hängen hatte. Was zum ? "Komm her, zieh das hier an!", befahl er mir und reichte mir eine schwarze Kutte. Ich nahm sie mit zitternden Händen entgegen und wollte sie schon so über meine Kleidung ziehen doch der Mann rief "Nein, umziehen!" ich sah zu ihm und der gierige Blick in seinen Augen ließ mich mehrere Schritte zurück gehen. "Dahinten ist ein vorhang, zieh dich um und leg deine Kleidung genau hier hin!", er deutete auf eine schwarze Komode, welche mit der Wand verschmolzte. Ich schluckte, nickte jedoch und zog mich mit bebenden Körper um. Während dessen hörte ich weitere Schritte, Schritte zweier Frauen und eines weiteren Mannes und ich trat ängstlich hinter den Vorhang hervor. Es war Evelyn und eine Frau die ich nicht kannte, den Mann kannte ich ebenfalls nicht.

"Komm her.",rief Evelyn, ich wollte nicht zu ihnen doch etwas in ihrer Stimme zwang mch schon fast zu ihr. "Leg dich dahin.", sie deutete auf eine purpurrote Matte und ich tat es. Alles in meinen Körper schrie, ich solle aufspringen und wegrennen, doch ich war wie gelähmt. Plötzlich roch ich Rauch und wendte mein Gesicht zu Evelyn "Ab heute, wirst du A3 heißen!", sagte sie und hielt plötzlich eine blutrote Kerze in der Hand. Der Mann, welcher nicht in meinem Blickfeld saß reichte ihr einen Stab und ich konnte erkennen wie etwas auf einer Seite eingeritzt waren. "Sei bereit, für ein neues Leben!", psalmodierte die Frau neben Evelyn "Sei bereit für einen neuen Anfang!", stieg der verrückte Mann mit ein "Sei bereit, für Freude und Schmerz!", meinte der andere Mann und eine Gänsehaut breitete sich auf meinen Armen und Beinen aus. ich wollte nur wegrennen, doch ich konnte nicht, etwas in mir, ließ es nicht zu. "Sei bereit, für ein neues Zeitalter!", mein letzter Gedanke war, dass ich definitiv in einem falschen Film war und dies hier alles Psychophaten waren, dann explodierte der Schmerz auf meinen Rücken und ich schrie.




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Hey meine Lieben!

Ich wollte nur sagen, dass einige Kapitel nun etwas ... grausamer und unmenschlicher werden. Für leute, die dies nicht lesen können, sollten nach diesem Kapitel aufhören zu lesen.

Das Tier in mir // Wattys2016GewinnerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt