Kapitel 32

2.1K 108 10
                                    

Um mich herum explodierte die Welt. Das Knistern und Krachen der Blitze tat mir in den Ohren weh. Ich spürte wie die Energie meine Haut kribbeln ließ und meine Haare zu Berge standen. Ich kniff die Augen fest zusammen und wartete verzweifelt ab, bis es zu Ende war. Es schien Ewigkeiten zu dauern, bis keine Energie mehr um mich herum floss. Doch der Lärm hörte nicht auf. Ich öffnete die Augen und richtete mich auf. Ich stolperte an den Rand meines Käfigs. Um mich herum schien alles in Flammen zu stehen. Die Arena stürzte ein... Sie war jeden Moment dabei. Drei Meter neben mir stürzte ein Teil der Kraftfeldkuppel herab. Ich stolperte zurück. Helle Lichtstrahlen fielen von draußen herein. Fassungslos starrte ich auf dieses Stückchen Freiheit und sah zu, wie sich an weiteren Teilen Löcher auftaten.

Freiheit... So nah... Ich konnte einfach...

Entschlossen von dem Gedanken zog ich eines der Messer aus meinem Gürtel und suchte vorsichtig nach der harten Verdickung unter der der Aufspürer lag. Der musste weg... Der musste weg...

Um mich herum tauchten Hovercrafts auf.

Schnell Lily, schnell, schnell, sie sind bestimmt bald bei dir, murmelte eine Stimme in meinem Kopf. Ich schloss die Augen und zog einen sauberen Schnitt. Ich biss die Zähne zusammen. Meine Finger tasteten in der Wunde nach dem Plastikteil. Es tat unfassbar weh. So sehr, dass mir Tränen in die Augen schossen. So sehr, dass mir schwindelig wurde. So sehr...

Reiß dich zusammen... Reiß dich zusammen...

Meine Finger pulten schließlich den kleinen Chip hervor und ich ließ ihn erleichtert ausatmend auf den Boden fallen. Ich drückte meine Hand auf die blutende Wunde. Verzweifelt sah ich zu, wie das Blut an meinen Fingern heruntertropfte und unter mir eine dunkle Pfütze bildete. Mein Magen rebellierte.

Ich zog zischend Luft ein und besann mich, dass ich noch nicht fertig war.

In meinen Ohren hatte sich ein unangenehmes Summen gebildet. Ich hoffte, dass es verschwinden würde, aber ich war mir nicht hundertprozentig sicher.

Schwankend legte ich mir das Seil erneut um die Schulter.

Ein Hovercraft steuerte in meine Richtung. Wollte er zu mir? Vielleicht.

Fest entschlossen suchte ich den Himmel ab. In der Nähe des Baumwipfels war ein kleines Loch entstanden. Perfekt. Ich unterdrückte weiter das Bedürfnis meine Augen geschlossen zu halten und umzukippen und kletterte hinauf auf die höchste Stelle des Baumes. Ich blickte herab in die Tiefe. Ein Greifarm wurde gerade herabgelassen. Ich konnte nicht sehen für wen. Oh bitte, bitte, bitte nicht Liam... Was wenn... Ich... Schluss... Ich hatte anderes zutun. Fest entschlossen blickte ich hinauf zu dem hellen Licht. Von hier oben war es nicht zu weit. Ich konnte einfach hochklettern. Ich schaffte das... Ich musste es schaffen. Ich nahm mir ein etwas größeres Messer und band es an die eine Seite des Seils. Ich musste nur... Eine der Verstrebungen treffen... Ich musste es nur festbekommen... Ich musste nur... Ich warf das Messer und zu meinem Glück schien es genau so zu treffen, wie ich wollte. Ich zog einmal kräftig an dem Seil und prüfte, ob es fest war. Es hielt. Es würde halten... Nur... Ich schlang mir das Ende des Seils um den Bauch und knotete es fest.

Dann... Ließ ich mich fallen.

Der Hovercraft hatte seinen Arm wieder eingefahren und suchte scheinbar nach weiteren... Lebenden? Toten? Wahrscheinlich beides. Ich war so nah... Aber sie schienen mich nicht zu sehen.

Ich ignorierte das heftige stechen in meinem Arm und zog mich unbeirrt an dem Seil hoch. Es würde nicht lange halten... Es würde nicht lange halten...

Meine Hände waren glitschig von Blut und schmerzten, als würde Feuer auf ihnen brennen.

Ich konnte nichts anderes denken als ‚halt durch, mach weiter, du schaffst das, Freiheit...'

Die Tribute von Panem - Unerwartete RettungWo Geschichten leben. Entdecke jetzt