Kapitel 11

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Ich schlug die Augen auf, mir fiel ein, was heute für ein Tag war und ich bekam Panik. Mein Atem ging schnappartig und schnell. Meine Glieder fingen an zu zittern.

Lieber hatte ich jetzt diese Symptome, als später bei der Ernte. Der Ernte. Es hallte immer wieder in meinem Kopf nach.

Mit liefen Tränen die Wange herunter.

„Lily, alles okay?", fragte Posey mit großen Augen und besorgtem Gesicht.

„Nein, nein meine kleine. Es ist gar nichts okay", murmelte ich schluchzend.

Sie drückte mich fest:"ich hab dich lieb."

Sagte sie, kein , das wird schon wieder', was sie sonst immer sagen würde. Meine kleine, wundervolle Schwester hatte das Prinzip der Hungerspiele schon sehr gut verstanden. Sie hatte auch verstanden, dass ich heute gehen würde, obwohl ich versucht hatte, es ihr zu verschweigen.

„Komm kleine Blume, wir machen dich auch hübsch für heute", antwortete ich ihr und schob sie leicht von mir.

Sie nickte und stand auf:"Ich wecke die Jungs."

Mit ihren kleinen Schritten verließ sie das Zimmer. Ich atmete noch einmal tief durch. Ich schloss die Augen und redete mir selber gut zu. ‚Ganz ruhig, das wird schon', betete ich in Gedanken herunter und verdrängte alles andere.

Meine Hand legte sich auf die Kette. Für Prim.

Ich schwang meine Beine aus dem Bett. Ich ging in die Küche und kochte Wasser für das Bad auf. Ich sah in den Schrank. Wir hatten keine Seife mehr. Ich zog mir schnell irgendwas über. Dann ging ich durch die Nachbarschaft. Ich hatte meine einzige Geldmünze eingepackt. Erspartes konnte ich eh nicht mehr ausgeben.

Der Markt hatte zu, deshalb ging ich dort nicht hin. Das würde nichts bringen. Ich klopfte an die erstbeste Tür.

Ein fünfzehnjähriges Mädchen öffnete die Tür. Sie war noch verschlafen. Ich kannte sie vom sehen. Sie hatte das übliche Saumaussehen, aber wunderschöne, gewellte Haare.

Meine Stimme zitterte, als ich sprach:"Habt ihr... Habt ihr vielleicht noch etwas Seife für uns? Ich habe auch Geld."

Sie verschwand kurz, dann tauchte sie wieder auf. In der Hand hatte sie ein Stück Seife. Ich streckte die Hand aus, um sie entgegen zu nehmen. Sie zitterte so stark, als würde ich gleich zusammenbrechen.

Dann zog mich das Mädchen in eine Umarmung. Ganz überraschend. Ich wusste nicht wie mir geschah.

„Ich finde, du bist eines der mutigsten Mädchen in ganz Panem", flüsterte sie.

Sie wusste es also. Es hatte sich herumgesprochen, dass ich mich freiwillig melden würde.

Ich antwortete:"Aber das bin ich nicht."

Ich löste mich, drückte ihr das Geldstück in die eine Hand und nahm ihr mit der anderen die Seife ab. Ich machte kehrt und ging.

Sie rieft mir etwas hinterher, dass mich Mut schöpfen ließ:"Wenn sie jemanden retten, außer Katniss, dann dich."

Sie sprach es nicht aus, aber ich wusste, dass sie die Rebellen meinte. Sie glaubte an die Rebellion. Sie glaubte, es wäre bald soweit. Doch das dachte ich nicht. Das würde nie passieren.


Ich kam durch die Tür. Meine Mutter empfing mich mit einem geheuchelten Lächeln. „Wo warst du?", fragte sie gespielt interessiert. Ich wusste, ihre Gedanken waren ganz woanders.

Ich hielt die Seife hoch. Würde ich mit meiner Familie sprechen, würde ich in Tränen ausbrechen.

Sie nickte. Zusammen gossen wir das Wasser für die Wanne auf.

Die Tribute von Panem - Unerwartete RettungWo Geschichten leben. Entdecke jetzt