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PoV Sasori

"Wie?"

Einen Moment lang scheint Rabiya zu überlegen und legt den Kopf leicht schief.
"Ich weiß es nicht, Meister."
Noch immer stehen wir uns in der Bücherei gegenüber.
"Wie lange schon?"
Hat sie etwa alles verstanden, was ich ihr erzählt habe?
Meine größten Geheimnisse...
Meine verborgendsten Sehnsüchte...
Meine tiefsten Ängste...
Alles?
"Ich weiß es nicht, Meister.", wiederholt sie ruhig.
"Du warst aber schon lebendig, als ich dich gefunden habe...richtig?"
"Ja."
Also doch...
Sie weiß alles über mich...
Was soll ich mit ihr tun?
Eine lebendige Puppe...das ist doch wohl ein schlechter Witz.
Wüsste ich es nicht besser würde ich denken, dass ich träume. Das kann nicht real sein.
Obwohl...bin ich nicht auch eine lebendige Puppe?
Nein. Ich bin etwas ganz anderes.
Weder Marionette noch Mensch...
Ich bin unvollkommen...
"Meister?"
Rabiya's Stimme reißt mich aus meinen Gedanken.
"Wirst du mich jetzt weg schicken?"
Weg schicken...
Werde ich das?
Ein kleines Schmunzeln schleicht sich auf mein Gesicht.
"Wieso sollte ich?"
"Weil es bisher immer so war... Ich suche mir einen Meister und sobald er erkennt was ich bin schickt er mich weg."
Wahrscheinlich weil sie sich gefürchtet haben.
Einer lebendigen Marionette begegnet man schließlich auch nicht jeden Tag.
Ich habe keine Angst vor ihr...Nein, ganz im Gegenteil. Der Gedanke jemanden an meiner Seite zu haben, der mir ähnelt entspannt mich ungemein.
Sie ist wie ich...
Weder Marionette noch Mensch.
Doch anders als ich ist sie einer Puppe ähnlicher.
Sie ist perfekt...
"Ich werde dich nicht weg schicken. Du gehörst jetzt mir.", lasse ich die Puppe wissen.
"Ja, Meister.", antwortet sie nickend.

Darauf bedacht niemandem zu begegnen habe ich Rabiya zurück in die Werkstatt geführt. Wie es scheint hatte ich Recht und kein Akatsuki kümmert sich um den Lärm, den Hidan und meine Marionette gemacht haben. Sie alle scheinen noch zu schlafen und als ich die Tür hinter uns schließe atme ich tief durch.
Geschafft...
Ich werde zwar den Akatsuki von ihr berichten müssen, doch zuerst muss ich mehr über die Puppe heraus finden. Die ganze Sache würde sonst für ganz schön Trubel sorgen, den ich noch nicht aufklären kann.
Aufmerksam begutachte ich das zierliche Geschöpf mit den langen, braunen Haaren, das mich emotionslos anstarrt.
"Sag...Wieso wolltest du Hidan töten?"
Die Antwort kommt schnell und ohne Zögern.
"Um dich zu beschützen, Meister."
Beschützen...
"Ich bin Sasori vom roten Sand...ich brauche keinen Schutz. Hätte ich Hidan töten wollen, und wäre er nicht unsterblich, hätte ich es schon längst getan."
Sie nickt knapp.
Rabiya...
Noch nie hat jemand versucht mich zu beschützen. Egal ob ich Schutz brauche oder nicht...es fühlt sich merkwürdig gut an.
Warm...
Ein schönes Gefühl, das mir bisher fremd ist.
"Meister...? Wieso lächelst du?"
Ja wieso?
Diese Gefühle sind manchmal wirklich nervig...
Kopfschüttelnd gehe ich an der Marionette vorbei und durch den Raum.
"Nur so..."

PoV Rabiya

Er schickt mich nicht weg...
Das heißt ich kann bei ihm bleiben und ihm dienen.
Ich beobachte den rothaarigen Puppenmeister, wie er langsam durch das Zimmer geht.
Sasori vom roten Sand...
Ein merkwürdiger Name, doch das stört mich nicht. Viele meiner Meister hatten noch weitaus ungewöhnlichere Namen. Und trotzdem erinnere ich mich an jeden einzelnen.
Ich erinnere mich an ihre Gesichter, an ihre Stimmen...
Ich sehe sie vor mir im Moment ihres Todes...
Ich höre ihre Schmerzensschreie in meinem Kopf widerhallen...
Ich sehe den blutgetränkten Boden neben ihnen...
Sasori vom roten Sand...
Ich werde nicht zulassen, dass auch er so endet. Ich werde meinen Meister beschützen, mit allem was ich habe.
Denn das ist die Aufgabe einer Puppe oder etwa nicht?
Zu kämpfen... zu dienen... zu beschützen...
"Vielleicht...", fängt der Puppenspieler an und streicht mit seiner Hand gedankenverloren über eine der leblosen Puppenkörper an der Wand.
Dann wendet er sich mir zu und mustert mich eingehend.
"Du bist unser Geistermädchen oder? Unser Eindringling."
Geistermädchen?
"Ich bin kein Geist, Meister... Ich bin eine Marionette."
"Aber du bist durch das Versteck gegeistert und hast ganz schön Chaos gemacht nicht wahr?"
"Ich habe die Umgebung erkundet."
Sasori nickt wissend.
"Ich werde das später aufklären müssen...", murmelt er leise zu sich selbst.

~☆~

"Komm mit. Wir reden mit den anderen."
Nickend folge ich meinem Meister, als dieser die Werkstatt verlässt.
Ich weiß nicht genau wie lange wir in diesem Raum waren und uns unterhalten haben. Über meine Waffen, mein Gift...
Auch über meine Herkunft, doch die meisten Fragen diesbezüglich konnte ich Meister Sasori nicht beantworten.
Warum ich so bin, wie ich bin...
Ich weiß es nicht.
Ich wüsste es selbst gerne.
Vor einer Türe macht der Rothaarige Halt und wendet sich an mich.
"Benimm dich."
Benehmen...
Wie?
Ohne zu warten öffnet Meister Sasori die Tür und tritt ein. Ich folge ihm stumm.
Im Inneren sitzen mehrere Männer und eine Frau um einen großen Tisch. Mit teilweise offenen Mündern und großen Augen liegen ihre Blicke auf mir.
"Was hat das zu bedeuten, Sasori?", will ein Mann mit leuchtend orangem Haar wissen.
Seine Augen sehen merkwürdig aus und ich erinnere mich an eine Zeichnung in einem Buch.
Das Rinnegan...
Das Reinkarnationsauge und gleichzeitig das erhabendste der drei großen Pupillentechniken...
Eindrucksvoll.
"Ich denke ich kann die Vorfälle aufklären... Das hier ist Rabiya, eine Marionette die ich gefunden habe. Sie ist dafür verantwortlich, was in letzter Zeit hier passiert ist. Es gibt keinen Eindringling."
"DU WARST DAS!? FUCK, DU KLEINES MISTSTÜCK HAST MEINEN SAKE VERSCHÜTTET!! ICH HÄTTE DICH AUSEINANDER NEHMEN SOLLEN!!", brüllt der Mann namens Hidan, der mir bereits bekannt ist.
"Ruhe."
"ABER PAIN..."
"Ruhe!"
Schnaubend verschränkt der Grauhaarige die Arme vor der Brust und mustert mich eingehend.
Der Mann mit dem Rinnegan wendet sich mir zu.
"Du lebst?"
Kurz werfe ich einen Blick zu Meister Sasori und frage stumm um Erlaubnis, antworten zu dürfen. Nickend erklärt er sich einverstanden.
"Ja."
Leises Murmeln geht durch die Reihen der Männer.
"Wie ist so etwas nur möglich? Sasori?", will ein großer Mann wissen, der mehr einem Fisch ähnelt als einem Menschen.
Seine Haut ist blau, genau wie seine Haare und als er spricht kann ich kleine spitze Zähne erkennen.
"Ich bin mir nicht sicher... Aber sie lebt.", antwortet mein Meister.
"Für Tobi sieht sie doch eher nach einem Geistermädchen aus...", murmelt jemand mit einer orangenen Maske.
"Eine lebende Puppe... Sorge dafür, dass sie keine Schwierigkeiten mehr macht.", sagt Pain und Sasori nickt.
Schwierigkeiten...
Ich würde nie irgendjemandem Schwierigkeiten bereiten...

Püppchen, Püppchen (Sasori FF) || #OlympiaAward 2017 [Wird überarbeitet]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt