18

3.2K 289 128
                                    

PoV Rabiya

"Verdammt, du lebst doch! Du bist tatsächlich lebendig, un! Du denkst und kannst deine eigenen Entscheidungen treffen! Rabiya... Wieso solltest du nicht fühlen können, un!?"

Deidara's Stimme ist lauter als vorhin und ich starre in seine blauen Augen, die irgendwie zu funkeln scheinen.
Wieso? Das weiß ich nicht.
Doch seine Worte...

"Wieso solltest du nicht fühlen können, un!?"

"Ich bin eine Marionette..."
Der Blonde verdreht die Augen.
"Sasori auch, un. Und auch wenn er es abstreitet, fühlt er."
Fühlen...
Ich erinnere mich deutlich an den Schmerz in meiner Brust und an die Schuld, die ich gegenüber dem rothaarigen Meister empfunden habe...
Die ich wirklich gefühlt habe...
"Ich...", murmel ich leise, doch verstumme sofort wieder.
Ist es für mich in Ordnung Deidara davon zu erzählen? Meister Sasori hat mich bei sich, weil ich perfekt bin.
Seiner Meinung nach...
Ohne Gefühle...
Würde er mich weg schicken?
Würde mich das stören?
Kann es mich überhaupt stören?
Der Rothaarige ist der erste, der mich sofort akzeptiert hat. Der mich nicht fürchtet.

"Wirst du bei mir bleiben?"
"Ich werde dich niemals verlassen, Meister."

Dieser Schmerz...
Dieses... dieses... Verlangen bei ihm zu bleiben und ihn zu beschützen...
Das ist neu...
Das alles ist neu.
Eines ist jedoch sicher: Ich werde bei Meister Sasori bleiben.

Noch immer liegt der Blick blauer Augen auf mir und ich erwidere ihn kalt.
Emotionslos und starr wie immer...
"Ich...weiß nicht genau was Gefühle sind. Ich bin eine Marionette und anders als Meister Sasori war ich davor kein Mensch. Zumindest...habe ich keine Erinnerung daran."
"Das bedeutet nicht, dass diese Möglichkeit ausgeschlossen ist, un. Du könntest ein Mensch gewesen sein. Vielleicht... Hast du nur vergessen wie man fühlt, un."
Wie dumm das klingt.
Ich habe einmal gelesen, dass Gefühle willkürlich disponible Funktionen sind...
Manche Gefühle stehen mit einem komplexen, jeweils individuellenWertesystem in Zusammenhang. So wie Scham oder Schuld... Aber eben nur mache und nicht alle.
Gefühle...sind kompliziert.
Doch sie sind ein Teil von jedem Lebewesen. Wie soll man vergessen zu fühlen?
Wie soll man es...verlernen?

"Ich denke nicht, dass..."
"Hör auf zu denken, un!"
Ich sehe Deidara an, der mich erneut unterbrochen hat.
Aufhören zu denken?
"Warum?"
"Weil... naja... ähm... also... Du musst einfach fühlen, un. Nicht so viel denken. Was fühlst du jetzt, Rabiya? Was nimmst du wahr? Ohne lang zu überlegen, un."
Ist das ein Witz?
Ist das...Ironie oder wie auch immer man das nennt? Sarkasmus vielleicht?
"Nicht denken, un!", ermahnt mich der Blonde.
Seine Stimme klingt fest und streng.
Was nehme ich wahr?
"Wärme.", antworte ich knapp und Deidara's Augenbrauen wandern bei diesem Wort nach oben.
"Deine Hände...sind warm.", erkläre ich weiter, da er nichts erwidert.
Wollte er nicht wissen was ich wahr nehme?
Jetzt weiß er es.
"Das meine ich nicht, un. Was empfindest du?"
Empfindung...
Gefühl...
"Ich weiß es nicht."
Einen Moment lang ist Deidara still und scheint zu überlegen. Ich erkenne einen nachdenklichen Ausdruck in seinem Gesicht. Die Augenbrauen hat er zusammen gezogen, die Lippen aufeinander gepresst und auf seiner Stirn liegen Falten.
"Ich würde gerne etwas ausprobieren, un.", lässt er mich schließlich wissen.
"Meinetwegen."
Soll er probieren was er will. Mich stört es nicht.
Und wieder hallt ein Gedanke durch meinen Kopf.
Kann es mich überhaupt stören?
Deidara nimmt seine Hände von meinen Schultern und hebt stattdessen meine Hand nach oben. Fest drückt er auf meinen Handrücken, dann auf meinen Arm.
"Was fühlst du, un?"
"Nichts."
"Was nimmst du wahr, un?"
"Druck."
"Das tut nicht weh, un?"
"Ich spüre keinen Schmerz."
Zumindest nicht physisch...
Der Schmerz in meiner Brust jedoch... das ist ein ganz anderes Thema.
Ein wenig zögernd lässt Deidara meinen Arm los, kommt ein kleines Stück näher und legt seine Hand nun in meinen Nacken. Die andere ballt er zu einer Faust und klopft damit an meine Stirn.
"Und? Was fühlst du, un?"
"Nichts."
"Dein ernst, un!?"
Ich nicke und Deidara lässt die zur Faust geballten Hand sinken während seine andere noch immer in meinem Nacken ruht. Erneut erscheint dieser nachdenkliche Ausdruck auf seinem Gesicht nur diesmal kaut er gleichzeitig auf seiner Unterlippe.
"Ich bin eine Marionette. Ich denke, doch ich habe kein Herz. Wie will ich da fühlen?", gebe ich dem Blonden zu bedenken.
"Du hast kein Gehirn, un. Wie willst du denken, du Holzkopf?", entgegnet Deidara.
Da...ist was dran.
Oder? Habe ich ein Gehirn? Kann mir Meister Sasori diese Frage beantworten?
"Wenn du eine Marionette bist glaube ich auch nicht, dass du Muskeln und Fasern hast, un. Du hast kein Nervensystem und keine Organe, un. Wenn es also darum geht könntest du nicht einmal leben. Du könntest nicht reden, nicht laufen, un. Aber du tust es. Du lebst. Wieso sollst du nicht fühlen können, un?"
Das stimmt allerdings auch.
"Sag mal, Rabiya... Wieso bist du eigentlich bei Sasori no danna, un?"
Wieso?
Ich habe oft darüber nach gedacht, wie ich es schaffe zu leben. Wieso ich lebe.
Nicht nur weshalb ich die Fähigkeit dazu habe sondern auch weshalb ich auf dieser Erde wandel. Hat das einen Zweck?
"Meister Sasori ist ein Puppenspieler. Ich bin eine Marionette. Es ist meine Bestimmung."
"Blödsinn, un.", murmelt Deidara bevor er wieder schweigt und die Stirn erneut überlegend in Falten legt.
"Darf ich noch etwas ausprobieren, un?", will er nach ein paar Sekunden Stille wissen.
Ich nicke knapp.
Meinetwegen...
Auch Deidara nickt, ich denke mal als Zeichen dafür, dass er meine Zustimmung erkannt hat.
Langsam hebt er seine freie Hand an meine Wange und beugt sich ein wenig nach vorn. Noch immer sieht er mit seinen blauen Augen direkt in meine und macht wenige Zentimeter vor meinem Gesicht Halt. Ich weiche nicht zurück. Stumm begegne ich seinem Blick und warte darauf, dass er etwas tut.
"Nicht denken, un.", murmelt er leise dicht vor mir.
Ich...werde es versuchen. Es wäre interessant zu wissen, wie es ist zu fühlen.
Doch ich denke schon wieder.
Ich versuche die Gedanken in meinem Kopf zurück zu drängen während Deidara das letzte Stückchen Abstand überwindet und seine Lippen auf meine legt.

PoV Sasori

Wo sind sie nur?
Im Aufenthaltsraum waren weder Deidara noch Rabiya, genau so wenig wie in dem Zimmer des Blonden und langsam verliere ich die Geduld, nach diesem explosiven Bengel und meiner Marionette zu suchen.
Ich hätte wirklich anderes zu tun...
Seufzend schüttel ich den Kopf, als ein lauter Knall an mein Ohr dringt.
Deidara...
Wieso ist der Trottel draußen?
Ich verlasse das Versteck und laufe ein wenig durch den Wald. Ich muss nicht lange suchen, denn schon bald dringen laute Stimmen an mein Ohr.
Nun ja... also eine laute Stimme, nämlich die des Blonden.
"Wenn du eine Marionette bist glaube ich auch nicht, dass du Muskeln und Fasern hast, un. Du hast kein Nervensystem und keine Organe, un. Wenn es also darum geht könntest du nicht einmal leben. Du könntest nicht reden, nicht laufen, un. Aber du tust es. Du lebst. Wieso sollst du nicht fühlen können, un?"
Fühlen?
Wieso...stellt er so eine Frage?
Langsam komme ich näher, darauf bedacht nicht gesehen zu werden.
Ich kann die Antwort der Marionette nicht hören, vielleicht sagt sie auch gar nichts dazu.
"Sag mal, Rabiya... Wieso bist du eigentlich bei Sasori no danna, un?"
Diesmal kann ich die Stimme der Puppe hören.
Kalt und ausdruckslos wie immer...
"Meister Sasori ist ein Puppenspieler. Ich bin eine Marionette. Es ist meine Bestimmung."
"Blödsinn, un.", murmelt Deidara.
Langsam komme ich immer näher heran und vorsichtig schaue ich hinter einem Baum auf die kleine Fläche, auf der sich Deidara und Rabiya gegenüber stehen.
Was zum...!?
Der Blonde steht so nah vor der Puppe, dass seine Nasenspitze fast die ihre berührt und hält mit beiden Händen ihr Gesicht.
Wieso...?
Ich kann diesen Gedanken nicht einmal zu ende führen, da lehnt sich Deidara weiter nach vorn und legt seine Lippen auf die der Puppe.

Püppchen, Püppchen (Sasori FF) || #OlympiaAward 2017 [Wird überarbeitet]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt