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PoV Sasori

Ich...
Was habe ich getan?
Blinzelnd sehe ich auf meine Hand, die ich noch immer erhoben habe bevor mein Blick zu Rabiya wandert.
Ich habe sie tatsächlich geschlagen...
Die Wut in meinem Inneren weicht sofort einem beinahe unerträglichen Schuldgefühl und ich senke meine Hand.
"Du wirst nicht mehr zu lassen, dass er dich berührt. Nie wieder, hast du verstanden?", murmel ich leise.
"Ja, Meister."
Rabiya's Stimme klingt kalt und monoton wie immer. Keine einzige Gefühlsregung ist zu erahnen, keine Emotion auch nur im geringsten angedeutet.
Auch ihre bernsteinfarbenen Augen zeigen nicht die kleinste Regung, als sie mich an sieht.
Es scheint ihr egal zu sein, was gerade passiert ist...

Doch wieso fühle ich mich dann so schlecht?
Wieso war ich überhaupt so wütend?
Nein...Es war nicht nur Wut.
Es war das Gefühl verraten worden zu sein, hintergangen, und das von jemandem bei dem ich nie gedacht hätte, dass das möglich sein würde.
Weil Rabiya mich versteht.
Aber vor all dem, vor Wut und Enttäuschung, hat es eigentlich nur einen Grund, weshalb ich nicht mehr klar denken konnte.
Ich war...eifersüchtig.
Darauf, dass Deidara sie geküsst und sie es zugelassen hat. Sie gehört doch mir.
Ich bin ihr Meister.
Sie ist meine Marionette.
Sie soll bei mir bleiben, für immer.
Sie soll mich nicht alleine lassen, wie schon so viele vor ihr...
Doch das ist kein Grund...kein Grund sie zu schlagen.
Sie ist eine Marionette, sie spürt keinen Schmerz.
Doch ich fühle mich miserabel.
Wieso fühle ich mich so schlecht!?
Wieso habe ich das Bedürfnis sie in den Arm zu nehmen und mich bei ihr zu entschuldigen?
Wieso sticht mein Herz so sehr?
Dieses Herz...
Dieses menschliche Herz, das mich von Perfektion trennt. Davon, perfekt zu sein.
Wie eine Marionette.

PoV Rabiya

Das Glitzen in Meister Sasori's Augen ist fort als ich meinen Blick wieder auf ihn richte.
Stattdessen kann ich jetzt wieder Schmerz sehen...Reue sogar.
Dieser Schlag...tat nicht weh.
Ich spüre keine Schmerzen.
Ich bin eine Marionette.
Es ist auch nicht das erste Mal, dass mich ein Meister geschlagen hat, doch es ist das erste Mal, dass ich...
Nun...
Dass es mich verletzt...
Nicht körperlich, doch ich spüre ein Stechen und Ziehen in meiner Brust. Ähnlich dem Schmerz, den ich erst letztens empfunden habe, nur nicht so stark.
Ich dachte, dass Meister Sasori mich akzeptiert...
Dass ich ein Teil seiner Kunst wäre und damit ein Teil seiner Familie.
Dass er anders wäre.

Aber ist er das?
Oder ist er so wie alle anderen?

"Es...Tut mir leid...", murmelt der Rotschopf vor mir so leise, dass ich es kaum gehört hätte.
Sein Blick ist auf seine Hand gerichtet, die er auf Brusthöhe vor seinen Körper hält. Die Augenbrauen hat er zusammen gezogen als würde er überlegen, seine braunen Augen zeigen noch immer den Schmerz und nun glaube ich auch eine Spur Trauer darin sehen zu können.
Es ist merkwürdig, wenn man bedenkt dass Meister Sasori wie ich eine Marionette ist.
Man könnte dabei fast vergessen, dass er ein Herz hat.
Er fühlt.
Und vor allem leidet er unter der Situation zu empfinden obwohl er nicht möchte...
Merkwürdiger jedoch ist, dass ich in diesem Moment in seinen Augen all das sehen kann, wofür andere Menschen ihr ganzes Gesicht verziehen müssen damit ich es erkenne.
Gefühle.
Mein Meister leidet.
Langsam strecke ich meine Hand zu ihm aus und umgreife die seine. Seine Haut ist kühl und fest, anders als die normaler Menschen.
Bei der Berührung zuckt Meister Sasori kaum merklich zusammen bevor sein Blick den meinen trifft.
"Ich weiß, Meister."
"Verzeih mir...", bittet er flüsternd.
Es tut weh ihn so zu sehen...
Leidend, hin und her gerissen zwischen dem was er fühlt...
Gefühle...sind kompliziert.
Doch sie sind ein Teil von jedem Lebewesen. Wie soll man vergessen zu fühlen?
Wie soll man es...verlernen?
Meister Sasori kann es nicht und ich...würde mich gerne erinnern.
Auch, wenn alles was ich bisher gespürt habe Schmerz und Schuld war, so würde ich gerne mehr fühlen. Damit ich Meister Sasori verstehen und ihm helfen kann.
Damit ich ihn unterstützen kann.
Damit ich ihn beschützen kann.
Beschützen vor Schmerz und Schuld. Vor Trauer und Einsamkeit.
"Immer.", antworte ich leise und sehe wie sich der Ausdruck in seinen Augen verändert.
Er wird leichter, heller.
Gleich darauf finde ich mich in seinen Armen wieder. Fest drückt er mich an seinen Körper, eine Hand ruht an meinem Rücken, die andere an meinem Hinterkopf, wobei er mir vorsichtig durchs Haar streicht. Seinen Kopf auf meine Schulter gelegt höre ich ihn leise flüstern.
"Du bist doch die einzige, die mich versteht. Lass mich nicht allein."

"Wirst du bei mir bleiben?"

Meister...
Ich habe es dir schon einmal gesagt oder nicht?
"Ich werde dich niemals verlassen, Meister."
Nicht so wie alle anderen in deinem Leben.

"Meine Eltern sind früh gestorben..."

Du bist mein Meister und das wirst du immer sein. So lange bis du eines Tages genug von mir hast und mich weg schickst.
Doch dieser Tag ist noch fern, oder nicht?

"...Marionetten sind perfekt. Sie sind ewig da...sie sind unvergänglich..."

Unvergänglich...
Wie mein Wunsch dich zu beschützen.

"Manchmal wünschte ich, ich könnte sein wie ihr. Komplett meine ich. Ohne Gefühle...ohne diesen Schmerz."

Weil er leidet...
Mein Meister leidet...
Was kann ich nur tun, damit es ihm besser geht?
Was kann ich gegen seinen Schmerz tun?
Noch immer in Gedanken lege auch ich meine Arme um den Puppenmeister, dessen Griff daraufhin ein wenig leichter wird.
Entspannter vielleicht...
Ist es das?
Kann ich ihm so helfen?
Vielleicht ist es wie in den Büchern, die ich gelesen habe.
Vielleicht kann eine Umarmung, ein freundliches Wort oder ein Kuss ein gebrochenes Herz heilen.
Doch ist es gebrochen?
Theoretisch unmöglich. Das Herz besteht aus Muskelsträngen und Blutgefäßen. Aus Adern und Nerven.
Es kann nicht brechen. Nicht wie ein Arm oder Bein.
Doch die Bücher sagen, dass es kaputt gehen kann. Das Schmerz es kaputt macht.

"Hör auf zu denken, un!"

Deidara's Stimme halt in meinen Gedanken wieder.
Er hat Recht...
Ich will Meister Sasori helfen und sollte nicht alles bis ins kleinste Detail analysieren.
Ich sollte es einfach versuchen.

Eine Umarmung...
Nun...
Das scheint ihn schon mal ein wenig beruhigt zu haben. Wieso sollte das andere nicht auch funktionieren?
Ich bin nicht in der Lage abzuwägen, welche freundlichen Worte meinen Meister aufbauen könnten. Ich drücke ihn also ein wenig von mir weg und lege meine Hände an seine Wangen.
Der Blick seiner brauen Augen ist noch immer voller Schmerz und das tut weh...
Ohne weiter zu zögern beuge ich mich nach vorn und lege meine Lippen auf seine.


Dieses Kapitel ist für @PandasGegenEntchen
Einfach weil sie mir bereits heute morgen den Tag versüßt hat ;) lasst euch überraschen, ihr werdet den Grund schon noch erfahren :D

Püppchen, Püppchen (Sasori FF) || #OlympiaAward 2017 [Wird überarbeitet]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt