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PoV Rabiya 

Auf unserem Weg durch das unterirdische Labyrinth nach draußen ist Meister Sasori mir stumm gefolgt. Nun, da wir den Ausgang erreicht haben und die Ruinen hinter uns lassen wendet er plötzlich das Wort an mich.
"Rabiya..."
"Ja , Meister?"
Einen Moment scheint er zu zögern bevor der Rotschopf stehen bleibt. Auch ich mache Halt und wende mich meinem Meister zu.
Braune Augen begegnen meinem Blick mit einem Ausdruck, den ich nicht kenne.
Zweifel vielleicht...
Unglaube...
Doch begleitet von einer merkwürdigen Härte, die mich augenblicklich Luft holen lässt.
Und das, obwohl ich nicht einmal atmen muss...
Doch eine unbekannte Enge legt sich um meinen Brustkorb und gibt mir das Gefühl zu ersticken.
Ich kann es nicht erklären...
Es ist so fremd...
"Du...würdest mich nie anlügen oder?"
Sasori's Stimme ist kaum lauter als ein Flüstern und sofort schüttel ich den Kopf.
"Niemals."
Nun ist es der Meister, der tief Luft holt. Gefangen von dem Ausdruck seiner Augen kann ich nirgendwo anders hin sehen.
Dieses warme braun...
Das Einzige, an dem ich erkennen kann was mein Meister fühlt, ist sein Gesicht doch genauso starr und ausdruckslos wie das meine.
"Hör zu. Es ist mir gleich, was du in deiner bisherigen Existenz getan hast. Es ist mir egal wessen Befehle du befolgt und wen du getötet hast. Von jetzt an bin ich dein Meister."
Langsam nicke ich.
Er ist mein Meister...
Und er verurteilt mich nicht für das was ich bin oder getan habe. In seinen Augen liegt kein Hass, liegt keine Angst und auch keine Verachtung.
Diese Sachen würde ich erkennen...
Nein.
Viel mehr ist es nun...Entschlossenheit?
Kann das sein?
"Du bist etwas besonderes Rabiya. Du redest, du gehst, du denkst... Und du gehörst nun mir.", fährt Meister Sasori fort.
Wieder nicke ich.
Ich gehöre ihm...
Ich bin etwas besonderes...
"Lass mich dich also etwas fragen."
"Alles...", hauche ich schon fast.
Meine Stimme zu leise und zu, ja fast schon zu unsicher.
Unsicherheit...
Ungewissheit...
Ein merkwürdiges Gefühl.
Moment...ein Gefühl?
"Wirst du bei mir bleiben?"
Was ist dieser Unterton, der bei dieser Frage mit schwingt? Ich kenne ihn...

"Meine Eltern sind früh gestorben..."

Meister...
Deine Worte...

"...Marionetten sind perfekt. Sie sind ewig da...sie sind unvergänglich..."

Kann es sein...
Hast du etwa Angst?
Angst davor allein zu sein?

"Manchmal wünschte ich, ich könnte sein wie ihr. Komplett meine ich. Ohne Gefühle...ohne diesen Schmerz."

Schmerz...
Emotionaler Schmerz...
Diese unterdrückte Angst in seiner Frage und die Erinnerung an sein Geständnis lässt mich schwer schlucken.
Meister...
Und erneut breitet sich etwas in mir aus.
Intensiver und deutlicher als alles, was ich bisher gekannt habe. Ein Gefühl, ja wirklich!
Ich merke seinen Schmerz...
Ich spüre seine Angst...
Ich empfinde sein Verlangen nach ein wenig Halt, nach Sicherheit...
Ich...fühle...
Tatsächlich...
Ich fühle, was mein Meister fühlt...
Und obwohl das absolut unmöglich ist und obwohl ich unter normalen Umständen in meinem Kopf nach einer Lösung für dieses mehr als verrückte Phänomen gesucht hätte drängt sich ein einzelner Gedanke nach vorn und lässt keinen Platz für etwas anderes.

Ich werde ihn beschützen.
Ich werde für ihn da sein...
Niemals werde ich zu lassen, dass er wieder leidet...
Solange ich exestiere, werde ich bei ihm sein.
Immer.

"Ich werde dich niemals verlassen, Meister.", antworte ich ihm.

PoV Sasori

"Wirst du bei mir bleiben?"
Die Frage aus zu sprechen war schwer doch nun, da diese Worte draußen sind, ist es fast noch schwerer.
Rabiya würde mich nicht an lügen...
Doch wenn sie nun sagt, dass sie eines Tages geht...
Sofort kommt die Angst zurück, die ich all die Jahre über versucht habe zu unterdrücken.
Sofort kommt die Erinnerung an meine Eltern, an Chiyo's Lügen und mit dem allem der Schmerz.
Sofort fühle ich mich schwach und klein.
Unbedeutend...
Hilflos...
Ich sehe in die bernsteinfarbenen Augen der Marionette während der Sand um uns herum durch den Wind aufgewirbelt wird.
Ein paar Sekunden verstreichen und kurz, ganz kurz, glaube ich etwas in den kühlen und starren Augen der Puppe sehen zu können.
Für einen einzigen Augenblick glaube ich den selben Schmerz zu erkennen, der mich seit Jahren quält, gefolgt von einem weichen, fast schon zärtlichen Ausdruck.
Von Mitgefühl...
Als Rabiya den Mund öffnet um zu antworten ist der Augenblick bereits schon verstrichen, der Ausdruck verschwunden und die gewohnte Härte und Leere zurück.
"Ich werde dich niemals verlassen, Meister."

Und das wird sie nicht.
Anders als meine Eltern wird Rabiya immer bei mir sein, da kann ich mir sicher sein.
Zufrieden nicke ich und kann das kleine Grinsen nicht zurück halten, das sich auf meine Lippen legt.
Ich bin erleichtert...
Ich bin glücklich...
In der Marionette habe ich fast etwas wie eine Vertraute gefunden. Der Gedanke, dass sie mich nicht verlässt, ist wie Balsam für meine Seele.
Kurz räuspere ich mich und dränge das Lächeln zurück bevor ich wieder anfange zu laufen.
Rabiya folgt mir.
"Gehen wir zu Deidara."
"Ja, Meister."

Stumm setzen wir unseren Weg durch die Wüste fort. Die Sonne geht langsam am Horizont unter und taucht den Sand in orangenes Licht. Nachts wird es fast schon lächerlich kalt im Windreich, doch das kümmert mich nicht mehr. Mein Puppenkörper wird nichts davon mit bekommen und auch Rabiya wird das nicht stören.
Aber...
Wo zum Teufel steckt Deidara nur!?
Er sollte uns wieder entgegen kommen, sobald er die Mission erledigt hat. Das sollte nicht so lange dauern.
Wieso lässt er mich warten!?
Leise vor mich hin murmelnd stapfe ich über den Wüstenboden.
"Stimmt etwas nicht, Meister?"
Rabiya's kühle und ausdruckslose Stimme hat einen merkwürdig beruhigenden Effekt und seufzend schüttel ich den Kopf.
"Deidara... dieser verdammte Bengel sollte uns entgegen kommen."
"Vielleicht ist er tot."
Tot...
Sofort bleibe ich wie angewurzelt stehen und werfe einen Seitenblick zu Rabiya, die ihn starr erwidert.
"Oder er wurde gefangen genommen. Oder er schläft."
Kurz lässt sie ihren Blick über die Wüste schweifen bevor sie meinem Blick wieder begegnet.
"Er könnte auch irgendwo etwas essen oder andere Bedürfnisse erfüllen. Menschen neigen dazu sich von ihren Trieben ablenken zu lassen."
Ungläubig wandert meine Augenbraue nach oben während Rabiya mir ihre Vermutungen präsentiert.
Deidara...und Triebe ausleben? Also wenn er mich wegen so etwas warten lässt, dann drehe ich ihm den Hals um. Obwohl ich mir bei dem Bengel das nicht vorstellen kann.
Bei Hidan, ohne jeden Zweifel. Aber Deidara? Niemals.
"Oder dieser Bengel, der sich selbst ein Künstler nennt, verbringt seine Zeit damit irgendetwas mit seinem lächerlichen Feuerwerk in die Luft zu jagen und lässt mich mal wieder warten."
Rabiya will gerade etwas antworten und hat den Mund bereits geöffnet, da ertönt in der Ferne ein lauter Knall und ich sehe Rauch zum Himmel steigen.
Ich hatte also Recht.

Püppchen, Püppchen (Sasori FF) || #OlympiaAward 2017 [Wird überarbeitet]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt