Kapitel 15 - Nachdenken

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Jassy's Sicht:

Caleb stand auf. „Ich werd dann mal wieder zurück ins Wohnzimmer gehen." Ich nickte. „Ich werd noch etwas hierbleiben. Ich komm dann nach..." Er nickte und verließ dann das Badezimmer. Davor steckte er aber die Klinge noch in seine Hosentasche. Er wollte wohl verhindern, dass ich jetzt noch auf dumme Gedanken kam, wo ich es schon geschafft hatte, die Nacht zu überstehen.

Ich wusste nicht, wie viel Zeit vergangen war. Lange würde es nicht mehr dauern, bis Domi und Juli aufstehen würden. Dennoch wollte ich noch ein wenig die Einsamkeit und Ruhe genießen. Ich musste drüber nachdenken, warum ich auf einmal anders war als noch vor 2 Tagen. Vielleicht hatten mich die Erlebnisse mit Domi und Caleb verändert. Vielleicht war ich diesmal wirklich bereit mich zu ändern – bereit gegen die Sucht zu kämpfen und nicht jedes Mal wieder nachzugeben und zurückzufallen... Ich wusste auch nicht wieso Caleb mich so gut verstand, wo er doch vermutlich noch nie mit so einer Situation konfrontiert war. Er hatte es geschafft zu mir durchzudringen – es geschafft mich davon zu überzeugen, dass ich stark genug war, um dagegen anzukämpfen...

Doch noch bevor ich mich dazu entscheiden konnte, dass es Zeit war, zurück ins Wohnzimmer zu gehen, ging die Tür auf. Und schlagartig wurde mir bewusst, was mich nun erwartete...

„Fuck", fluchte ich leise. Denn ich wusste genau, wie es aussah. Ich saß am Badezimmerboden, sah furchtbar aus, denn ich hatte geheult und alles deutete darauf hin, dass ich einen Rückfall hatte. Domi sah mich an. Und ich sah ihn an. Ich war kreidebleich, denn ich wusste nicht, wie er reagieren würde. Er sah mich verwirrt an, dann zwei Sekunden später verwandelte sich sein Blick von Verwirrung in Schock.

„Morgen", sagte ich, so normal wie es nur ging. Ich wollte die Situation runterspielen – so als wäre es normal morgens verheult am Badezimmerboden zu sitzen. „W...Was machst du hier?", fragte er verwirrt. Er wirkte sehr irritiert von der ganzen Situation. Und vor allem davon, dass ich ihn so normal ansprach. Genau wie Caleb suchte auch er als erstes die Klinge und das Blut. „Nachdenken." Er sah mich unsicher und ungläubig an. „Nur nachdenken?" Ich nickte. Er sah auf meine Arme, sah dass ich einen Pullover trug und zog eine Augenbraue hoch. Ich rollte mit den Augen und zog die Ärmel hoch. „Hier. Siehst du, keine neuen Schnitte. Ich sag die Wahrheit." Er sah mich immer noch ungläubig an. „Ich sitze wirklich nur hier und denke nach." Domi atmete erleichtert aus. Zumindest schien er mir nach dem dritten Mal zu glauben. „Gut okay. Ich weiß zwar nicht, warum das hier im Badezimmer sein muss, aber...jedem das seine." Ich stand auf. „Ich wollte sowieso grade gehen", sagte ich und schlich mich an ihm vorbei zurück ins Wohnzimmer. „Wenn du drüber reden willst...", sagte er, als ich an ihm vorbei ging. Ich sah ihn an. „Grade nicht. Ich...ich versuch grad selbst meine Gedanken zu ordnen", sagte ich um dankend abzulehnen. Ich wusste gerade nicht, was ich ihm erzählen sollte. Außerdem wollte ich vor Domi und Juli den Schein wahren – zumindest noch ein wenig länger. Sie sollten weiterhin denken, ich hätte es unter Kontrolle. Ich wollte dieses Bild von mir so lange aufrecht erzhalten wie nur möglich.

Domi's Sicht:

Nachdem ich aus dem Bad gekommen war, sah ich mich im Wohnzimmer um. Jassy war wohl zu Juli in die Küche gegangen, denn es saß nur Caleb dort. Ich atmete tief durch. Eigentlich hasste ich es hinter dem Rücken von anderen über sie zu reden, aber... Ich hatte die Vermutung, dass Caleb vielleicht mehr wüsste – besonders darüber, was sie im Bad gemacht hatte.

Ich setzte mich also neben ihm – immer die Küchentür im Blick. „Lass mich raten: Du willst wissen, ob ich was weiß, was du nicht weißt." Ich nickte. „Ehrlich gesagt weiß ich nicht mehr als du. Ich bin zu ihr gegangen, hab gesehen, dass sie sich nicht geschnitten hat und hab ihre Gesellschaft geleitest. Mehr nicht." „Und ihr habt nicht geredet?" Er schüttelte den Kopf. „Ich denke, sie braucht uns im Moment eher als mentale Stütze. Als stiller Beobachter oder Zuhörer. Sie will nur, dass jemand da ist...damit sie nicht die Kontrolle verliert." „Die Kontrolle?" Er sah mich an und ich wusste, was mir der Blick sagen sollte. Es ging ihr also schlechter, als sie zugeben wollte.

Mehr wusste auch er nicht. Mir war klar, dass es vielleicht nur ein Zufall oder Glück war, dass Caleb sie gefunden hatte, bevor sie sich geschnitten hatte. Egal was es war, es würde nicht immer so sein. Mir war genauso wie Caleb bewusst, dass es irgendwann so weit sein würde und wir sie dann nach einem Rückfall finden würden. 

Save Me (Domtendo/RubinNischara FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt