Kapitel 18 - Du darfst nichts fühlen!

59 2 0
                                    

Caleb's Sicht:

Die Sache kam mir mehr als nur ein wenig merkwürdig vor. Am liebsten hätte ich nicht lockergelassen, sondern wäre weiter auf das Thema eingegangen – denn irgendwann hätte ich ihr die Wahrheit entlockt. Doch ich wollte mich auch nicht einmischen. Wenn sie nicht darüber reden wollte, musste ich das akzeptieren. Ich konnte nicht nach 10 Tagen einfach daherkommen und verlangen, alles zu erfahren – selbst, wenn sie nicht darüber reden wollte.

Doch stutzig machte mich das ganze schon. Sie benahm sich den ganzen Tag schon ziemlich komisch. Und Domis Aussage kam da auch noch dazu „Übrigens ist Jassy schon den ganzen Tag aufgeregt, weil du zu Besuch kommst" Ich sah sie an. Was, wenn sie wirklich wegen mir so durch den Wind war? Aber warum sollte sie das? Sie kannte mich mittlerweile – und ich hatte mich in den 10 Tagen nicht verändert...

„Was?", fragte sie. Ich hatte vergessen, dass ich sie immer noch ansah. „Nichts. Ich war grade ein wenig in Gedanken und hab vergessen, was ich sagen wollte. Sorry", redete ich mich raus. Jassy wirkte davon sichtlich irritiert. „Das kenn ich gut", sagte ich und lachte leicht. Dann stand sie auf. „Ich geh nochmal was trinken." Sie ging in die Küche.

„Mache ich sie wirklich so nervös?", überlegte ich. Ich wusste nicht, ob ich mir nur einbildete – oder ob an der Sache wirklich was dran war. „Vielleicht ist sie ja immer so, wenn sie Leute lange nicht mehr gesehen hat", dachte ich. Ich beschloss die Sache für den Moment ruhen zu lassen. Von ihr würde ich heute sowieso keine Antwort mehr darauf bekommen.

Jassy's Sicht:

Ich saß in der Küche. Ich wollte die unangenehme Situation entschärfen. „Wenn du zurück ins Wohnzimmer gehst, wird alles wieder normal sein", redete ich mir gut zu, um nicht wahnsinnig zu werden. Ich hatte Angst, denn Caleb war nicht dumm. Er hatte vermutlich schon 1 + 1 zusammengezählt und war zum Ergebnis gekommen, dass ich wegen ihm so durch den Wind war.

Ich blieb ganze 5 Minuten in der Küche sitzen, da ich die peinliche Situation von vorhin vergessen wollte. Und ich hoffte, dass auch Caleb die Sache bei meiner Rückkehr vergessen hatte. Ich hasste mich auch selbst für meine vorherige Aussage. Ich hätte einfach lügen sollen und schon wäre die Situation jetzt nicht so kompliziert. „Oh mein Gott, es passiert. Es fängt an sich zu verändern", dachte ich und verfiel etwas in Panik. Genau das war die Situation, welche ich nicht haben wollte. Nun würde alles komisch werden zwischen uns. Und Domi war sicher auch keine große Hilfe. Ich konnte mir schon denken, was er nicht alles zu Caleb gesagt hatte.

Ich seufzte und ging dann zurück ins Wohnzimmer. Ich konnte mich nicht noch länger in der Küche verstecken. Abgesehen davon war ich schon ziemlich müde. Ich würde so tun, als hätte das Gespräch vorhin nicht stattgefunden. Start bei 0. Ich setzte mich wieder auf die Couch. „Also, wie gings die letzten Tage mit...du weißt schon", fragte Caleb mich etwas zurückhaltend. Es waren ein paar Minuten vergangen seit ich wieder zurückgekommen war und das peinliche Schweigen musste langsam ein Ende nehmen. Ich war froh, dass er meine Bitte von vorhin akzeptierte und zumindest das Thema wechselte. Auf die Frage war ich bereits vorbereitet gewesen. „Tja, manchmal hab ich wirklich hart kämpfen müssen, aber...ich habs geschafft." „Keine Schnitte?", fragte er leicht verwundert. Ich wusste, dass diese Reaktion kommen würde. „Tja, wenn man so viele Narben hat und sich selbst als ‚süchtig' bezeichnet, dann kann man auch nicht erwarten, dass einem sofort jeder glaubt", dachte ich und seufzte leise. „Keine Schnitte", antwortete ich. Ich wollte nicht extra meine Ärmel hochkrempeln, damit ich es ihm beweisen konnte. Denn ich hasste es wie die Pest, wenn jemand meine Arme anstarrte. „Respekt." Zumindest hatte er so viel Vertrauen in mich mir zu glauben ohne Beweise zu fordern. Ich nickte nur. Die Situation zwischen und war angespannt. Ich wünschte, ich könnte die letzte halbe Stunde rückgängig machen und einfach auf seine Fragen anders antworten. Dann hätten wir dieses Problem jetzt sicher nicht.

Ich stand noch mal auf und holte mir noch etwas Wasser. Ich wusste nicht, warum ich mich so fühlte wie ich es tat. Ich konnte jedoch nicht mehr leugnen, dass es wegen Caleb war. Immerhin hatte ich getrunken, gegessen und geschlafen – alles deutete darauf hin, dass er der Grund war. Je länger wir uns unterhielten desto sicherer wurde ich mir. Doch ich selbst wollte das nicht akzeptieren. Es durfte einfach nicht sein. Alles musste so bleiben, wie es war – Veränderungen waren zu unsicher. Jetzt, wo ich endlich das erste Mal in meinem Leben etwas glücklicher war und so etwas hatte wie Freunde, durfte ich nicht wieder alles aufs Spiel setzen. „Niemand darf davon je erfahren", sagte ich mir entschlossen. Wenn ich wirklich Gefühle für Caleb hatte, durfte er es auf keinen Fall rausfinden. In meinem Kopf raste ein Tornado und ich hatte keine Ahnung wie ich damit umgehen soll. Damit sich Caleb nicht noch mehr über mein Verhalten Gedanken machen konnte, beschloss ich schnell wieder zurück ins Wohnzimmer zu gehen. Ich griff zur Türschnalle und atmete tief durch. „Du darfst nichts fühlen!", befahl ich mir noch einmal. Dann ging ich durch die Tür. „Lass uns schlafen gehen", sagte ich. Ich wollte mich gerade nicht noch weiter mit ihm unterhalten. Denn ich wollte nicht riskieren mich um Kopf und Kragen zu reden. 

Save Me (Domtendo/RubinNischara FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt