Kapitel 20 - Normaler Alltag

47 2 1
                                    

Jassy's Sicht:

Also riss ich mich die nächsten Tage zusammen und schnitt mich nicht. Ich fand eine andere Methode, die weniger Spuren hinterließ: Ich ging beim Spazieren immer absichtlich durch die Brennnesseln und Disteln. Es half etwas den Drang nach der Klinge zu mindern.

Das Wochenende rückte immer näher und es war nur noch ein Tag bis Caleb wieder vorbeikommen würde. Und diesmal würden wir in die Stadt fahren – nur wir beide. Meine komplette Schicht über schwirrten mir tausende Gedanken dazu im Kopf herum. Mein Gehirn war ein einziges durcheinander. Zum Glück war meine Schicht zwar lang, aber nicht besonders anstrengend.

Ich ging noch nicht sofort nach Hause, sondern setzte mich erstmal in einen Park und durchforstete meine E-Mails. Klara hatte mir ein Update zur Situation mit Brad geschickt. Anscheinend hatte er versucht in meine Wohnung einzubrechen, nachdem ihr Onkel ihm gesagt hatte, dass er nicht einfach so ohne Indizien diese betreten dürfte – auch als Polizist. „Er tut alles, was er kann, aber irgendwann wird er mit einem Durchsuchungsbefehl kommen und dann kann er ihm den Zugang nicht mehr verweigern", las ich. Klara war genauso verzweifelt wie ich. Niemand wusste, wie wir Brad am besten auf eine falsche Fährte locken konnten. Denn so eine Spur wie die Wohnung hatte er noch nie gehabt – und würde er auch nicht so schnell aufgeben. „Haltet ihn noch etwas hin. Ich werde zusehen, dass ich von dort so schnell verschwinden kann. Aber das braucht noch etwas Zeit", antwortete ich ihr. Ich wusste, dass Brad schlau genug war, um zu wissen, dass ich im Moment nicht dort war. Also konnte er nur hinter Informationen her sein. Falscher Name, Arbeitsort... Alles Dinge, die es ihm immens erleichtern würden, mich überall zu finden. Normalerweise versteckte ich alles sorgfältig – doch nach meinem Stress mit den Gamescom-Vorbereitungen war ich mir nicht sicher, ob ich nicht Sachen aus Versehen am Bett liegen lassen hatte...

Ich stand von dieser Bank auf und machte mich auf den Weg zurück zu Domi's Wohnung. Im Moment konnte ich nicht viel tun. Ich musste mir einen Plan überlegen. Ich musste mich um eine neue Wohnung bemühen – was sehr schwierig werden könnte. Selbst wenn ich meinen normalen Namen benutzen würde, ich hätte keine Anstellung vorzuweisen. Sicher könnte ich Marcus darum bitten meine Unterlagen rüberzuschicken und darauf den Namen zu ändern, aber... die Einnahmen davon waren nicht genug. Und den Restaurants, in denen ich all die Jahre immer mal wieder gearbeitet hatte, wollte ich nicht groß die Geschichte erklären – und das mit dem falschen Namen, Ausweis, etc.

Ich beschloss mit Caleb darüber zu sprechen. Vielleicht wusste er ja eine Lösung. Im Moment konnte ich nicht mehr tun, als mich mal im Internet umzusehen, welche Wohnungen in welchen Städten verfügbar waren.

Caleb's Sicht:

Samstag war endlich gekommen. Ich hatte die letzte Woche so vieles für die Uni vorbereitet, dass mir mein Kopf schon rauchte. Ich konnte es kaum erwarten das Wochenende wieder bei Domi und Juli zu verbringen. Also packte ich alles in meinen Rucksack und machte mich auf den Weg.

Die gesamte Fahrt über war ich ziemlich nervös. Ich wusste nicht, wie dieser Nachmittag mit Jassy in der Stadt werden würde. Und darüber machte ich mir die ganze Woche schon Gedanken – und Sorgen. Denn ich wusste nicht, ob meine Frage sie nicht überrumpelt hatte. „Was, wenn sie damit nicht klar gekommen ist und...?" Ich schüttelte den Kopf. Ich durfte so nicht denken. Bestimmt war alles gut. „Sie kann sich zusammenreißen", versicherte ich mir selbst. Und daran hielt ich fest. Denn ansonsten würden mir meine Sorgen vielleicht direkt rausrutschen – und sie damit verletzten. Denn nichts konnte schlimmer sein, als kein Vertrauen zu bekommen...

Jassy's Sicht:

Mein Wecker klingelte um acht und ich fiel von der Couch. Ich hatte zwar kaum geschlafen, doch wie immer war das kein Grund nicht aufzustehen. Ich sah auf mein Handy und las Calebs Nachricht. Vor 20 Minuten war er losgefahren, bedeutete also, dass ich mich schon langsam umziehen sollte. Ich kramte in meinen wenigen Klamotten herum, bis ich was Passendes fand und ging dann ins Bad. Keine halbe Stunde später war ich bereit für den Stadtausflug. Mein Herz pochte wie verrückt und ich musste mich zwingen zu trinken und ein paar kleine Bissen meines Toastes zu essen.

Jede Minute fühlte sich wie Stunden an, bis es plötzlich an der Tür klingelte. Nervös ging ich zur Tür. Ich atmete tief durch und blickte durch den Türspion. 

Save Me (Domtendo/RubinNischara FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt