Kapitel 16 - Besuch

332 16 5
                                    

~ Zwei Wochen nach der Gamescom ~

Jassy's Sicht:

Entgegen dem eigentlichen Plan ein paar Tage bei Domi und Juli zu bleiben, war ich 14 Tage später immer noch dort. Das große Problem war mittlerweile nicht, dass Brad den Bahnhof von seinen Freunden überwachen ließ, sondern, dass er wusste, wo sich meine Wohnung befand. Denn meine Schwester hatte einen Mitschüler, dessen Onkel anscheinend in meinem Haus lebte und dort ein Foto gemacht hatte. Und in diesem Foto sah man mich ganz minimal im Hintergrund – aber gut genug, damit meine Schwester direkt auf einem Blick erkannte, dass ich es war. Und nach kurzer Recherche fand sie heraus, wo sich dieses Haus befand. Ich erfuhr nur durch Zufall davon, da Klaras Onkel mich angerufen hatte, um mir mitzuteilen, dass er ein paar Anrufe bezüglich einer Jasmin McKenzie hatte und ob ich eine Untermieterin hätte. Ich verneinte natürlich und er glaubte mir. Ich sagte ihm, ich hätte diesen Namen noch nie gehört und er solle den Anrufern sagen, dass niemand mit diesem Namen in seinem Haus wohnte. Etwas in mir sagte mir, dass Klaras Onkel wusste, dass ich Jasmin McKenzie war, die die Leute suchten. Doch er spielte mit und versicherte mir, dass er sich um die Sache kümmern würde.

Klara hatte mir auch geschrieben, dass ihr Onkel ihr von der Sache erzählt hatte. Sie fuhr einmal vorbei und bemerkte, dass sich dort mehr Leute aufhielten als üblich. Vermutlich hatte Brad seine Freunde positioniert, um das Haus zu überwachen. Die Polizei einzuschalten, würde mir nichts bringen, mein Name war nicht im Mietvertrag – ganz von der Tatsache abgesehen, dass mir sowieso niemand die Geschichte mit Brad glauben würde. Also hatte ich im Moment keine andere Wahl als in Deutschland zu bleiben und zu hoffen, dass Brad die Warterei zu Dumm wurde. Ich hatte mir auch einen Job als Kellnerin gesucht, durch den ich weiter Geld für einen Umzug zusammensparen konnte.

Caleb war wieder zurück nach Stuttgart gefahren. Wir hatten uns schon knapp 10 Tage nicht mehr gesehen. Und langsam begann ich ihn zu vermissen. Ich wusste nicht genau wieso, aber irgendwas fehlte, wenn er nicht da war. Ich fühlte mich anders in seiner Nähe – und ich fühlte etwas, wenn ich an ihn dachte. Immerhin hatte er es geschafft mir meine wahren Gedanken und Emotionen zu entlocken – etwas, dass nicht viele Menschen je geschafft hatten. Er schien mich und meine Gedanken zu verstehen. Er versuchte wirklich sich in mich und meine Lage zu versetzen und nachzuvollziehen, warum ich so tat dachte oder warum ich Dinge sagte oder tat...

„Rate wer uns übers Wochenende besuchen wird", erzählte Domi mir als ich spät abends von der Arbeit nach Hause kam. „Ich schätze mal Caleb, oder?" Er nickte. „Cool." Mehr sagte ich nicht dazu. Tatsächlich spürte ich etwas, das ich bis dato gar nicht kannte. Ich war übelst aufgeregt – so wie damals, bevor ich auf die Gamescom fuhr. Was es auch war, ich wollte es unbedingt für mich behalten. Denn vermutlich freute ich mich nur darauf, ihn wiederzusehen – und mehr war es nicht. Aber Domi würde sofort herumerzählen, dass ich auf Caleb stehen würde, und das würde die Stimmung zwischen uns ziemlich awkward machen. Denn auch wenn ich mich freute, wieder mit ihm über meine Gedanken und Gefühle sprechen zu können – die Vorfreude auf seinen Besuch würde ich nicht erwähnen. Denn das würde nur alles komplizierter machen...

Ich lag die ganze Nacht wach. Der Gedanke Caleb wiederzusehen ließ mich nicht schlafen. Ich wurde wahnsinnig. Ich fühlte mich wie damals als ich Domi und Caleb kennengelernt hatte. Ich wusste nicht, warum ich so aufgeregt war. Auf jeden Fall stand ich müde und etwas genervt davon nicht geschlafen zu haben auf und machte mir Tee. Ich saß lange allein in der Küche und scrollte durch Reddit, Instagram und Twitter bis Domi und Juli wach waren. „Ich geh noch schnell einkaufen, bevor Caleb kommt", bot ich an. Juli drückte mir die Liste in die Hand. „Das ist aber nett von dir." Ich machte mich auf den Weg. Eigentlich hasste ich es einkaufen zu gehen, da ich noch kein Auto besaß, doch ich brauchte unbedingt ein RedBull. Immerhin wollte ich nicht schon nachmittags einschlafen.

Ich war nicht oft allein draußen, primär weil ich meist den Orientierungssinn eines Toastbrotes besaß und außerdem war Brad immer noch hinter mir her. Dadurch, dass er das Video von Domi gesehen hatte und ich immer noch nicht in Linz war, konnte er 1 und 1 zusammenzählen. Es war nur noch eine Frage der Zeit bis er herausfinden würde, wo ich mich aufhielt. Ich wusste, dass er eines Tages auftauchen würde...

Gedankenversunken suchte ich alle Lebensmittel zusammen und machte mich dann sofort wieder auf den Weg nach Hause. Zum Glück war es nicht viel und der Weg auch nicht allzu weit. Wieder zuhause hatte ich bereits ein Red-Bull getrunken. Ich war aufgeregt und hundemüde. Deswegen legte ich mich auf die Couch und machte den Fernseher an. Viel bekam ich nicht mit, da ich keine fünf Minuten später eingeschlafen war und dann bis zum Mittagessen durchschlief.

„Oh nein, es ist schon viel zu spät", dachte ich und hüpfte schnell unter die Dusche. Caleb würde in einer halben Stunde hier sein und ich sah aus, als wäre ich durch einen Sturm gelaufen. Meine Haare waren furchtbar zerzaust und ich brauchte tatsächlich zehn Minuten um sie mit großer Mühe zu bändigen. Ich hatte mir die letzten Tage in der Stadt neue Kleidung gekauft, da natürlich alle Sachen in meiner Wohnung waren und ich nicht unbedingt wochenlang mit zwei Shirts, einem Pullover und zwei Hosen auskommen wollte. Ich brauchte beinahe 20 Minuten. Danach ging ich in die Küche, um den Rest des Essens aufzuwärmen. Domi sah mich mit einem schiefen Grinsen an. Ich wusste, worauf er andeuten würde, und bereitete innerlich die Gegenargumente vor. „Locken, neuer Look, müde...Ich frag mich, woran das nur liegen könnte..." Ich rollte mit den Augen. „Also 1. Hab ich immer Locken, nur bin ich die meiste Zeit zu faul um sie zu stylen, deswegen sahen sie die letzte Zeit nie so aus, 2. Weißt du genau, dass ich neue Sachen gebraucht hab, weil alles in meiner Wohnung ist und 3. Ja, ich konnte nicht gut schlafen...Das hat aber nicht damit..." Es klingelte.

In diesem Moment hatte ich das Gefühl mein Herz würde aufhören zu schlagen. Ich fühlte mich tausend Mal nervöser als zuvor. „Beruhig dich", befahl ich mir selbst und aß mein Mittagessen. Vielleicht fühlte ich mich auch nur so, weil ich hungrig war. Domi war zur Tür gegangen, was gut war, denn die Nervosität flachte nicht ab und ich hatte Angst man würde es bemerken. Also zwang ich mich ein paar Bissen zu Essen, doch auch danach ging es mir nicht besser. Jetzt hatte ich sogar noch mehr Bauchschmerzen. „Das ist nur ein Zufall – es ist sicher nicht wegen Caleb", redete ich mir ein. 

Save Me (Domtendo/RubinNischara FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt