Kapitel 28

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Er brauchte das Geld. Denk mal sie hätten das Geld nicht aufgetrieben. Dann würden nun Cole, Logan, Andrew und Jack im Krankenhaus liegen. Und wären verletzt. Noch stärker als es Cole jetzt ist.

Aber er mich bestohlen.

Er hätte ja auch fragen können, anstatt einfach in mein Zimmer zu schleichen und mir meine Karte wegzunehmen.

Hättest du denn Ja gesagt? Hättest du ihm geholfen? Er wollte raus. Raus aus den Drogen Geschäften. Das konnte er nur mit deinem Geld.

Wahrscheinlich hätte ich ihm keinen Cent gegeben. Oder doch?

Ich glaube schon. Ich hätte alles für ihn getan. Alles.

Denkst du das wirklich?

Er hat mich bestohlen! Jetzt denke ich das ganz und gar nicht mehr.

Aber du denkst trotzdem jede Sekunde an ihn.

Weil er mich bestohlen hat! MEHR ALS F*CKING TAUSEND EURO! Einfach genommen. OHNE WAS ZU SAGEN!

So geht der Kampf in meinem Kopf endlos weiter. Erst weinte ich, weil ich traurig war, wegen seiner gespielten Gefühle gegenüber mir. Aber jetzt ist mir ganz klar geworden, dass er mich die ganze Zeit betrogen hat.
Er hat sogar danach gefragt, ob ich viel Geld habe. Und dann hat er mich geküsst. Das war unser erster Kuss. Wieso bin ich nicht gleich darauf gekommen?
Aber er wollte für mich aus den Drogen Geschäften aussteigen.
Was aber, wenn er das nur gesagt hat? Wenn er die ganze Zeit gelogen hat?

Ich raufe mir die Haare und schluchze vor Verzweiflung. Ach, ich hab ja auch keine Ahnung!
Ich raffe mich auf und beschließe mit ihm zu reden. Davor schnappe ich mir mein Handy und sage meinen Freundinnen Bescheid, dass ich heute Abend nicht kommen kann. Etwas ist dazwischen gekommen. Ich sende die Nachricht ab, dann schleiche ich langsam, mit verquollenen roten Augen den Gang hinunter. Lange stehe ich vor seiner Tür. Ich habe keinen Bock ihn jetzt zu sehen. Aber ich muss einfach mit ihm reden. Ich klopfe an. Keine Reaktion. Deshalb beschließe ich die Initiative zu ergreifen und öffne die Tür. Drinnen ist alles leer. Er hat sich anscheinend mein "Raus aus meinem Haus" zu Herzen genommen.
Toll.
Einerseits erleichert mich der Gedanke, dass er anscheinend nicht mehr hier ist.
Andererseits würde ich gerne mit ihm reden und nicht nur lausige Ausreden anhören.
Ich gehe wieder zurück in mein Zimmer. Ich spüre die anbahnenden Bauchschmerzen und ich fühle mich schrecklich.

Nach gefühlten Ewigkeiten klopft jemand an meine Tür. Bestimmt ist es meine Mutter oder so, die mir sagen wollen, dass ich runterkommen soll zum Abendessen. Ich sage nichts, sondern versuche schnell mir mein Gesicht abzutrocknen. Ich muss aussehen wie ein Panda- kein süßer Panda!
Die Tür öffnet sich leicht. Dann huscht jemand in den Raum und schließt die Tür wieder. Ich sehe erst nur verschwommen, dann aber sehe ich die vor mir verschwimmenden Konturen von Cole. Ich seufze.
"Es tut mir unglaublich leid, Abby." sagt er und setzt sich auf mein Bett. Ich krieche von ihm weg. Ich wische mir nochmal übers Gesicht, dann ziehe ich die Nase hoch. Er reicht mir ein Taschentuch, aber ich will es nicht annehmen.
"Ich weiß, meine Beweggründe rechtfertigen meine Taten nicht. Ich war einfach ein Idiot. Und ja erst habe ich dich nur geküsst und war nett zu dir, weil ich wusste, dass du Geld hast. Und ich habe irgendwie gehofft, dass dir die Liebe den Kopf vernebelt." Er schluckte. "Aber sie hat nicht nur dich getroffen, sondern auch mich. Du warst so lieb dich um mich zu kümmern. Das ganze Wochenende lang und bist gleichzeitig so süß, nett und hübsch. Ich weiß, dass du dir dessen nicht bewusst bist. Aber es stimmt." Er versucht zu lächeln. Mir fällt auf, dass er die ganze Zeit seine rechte Hand hinter seinem Rücken hält und irgendwas zu verstecken versucht. Das was er versteckt, kommt nun zum Vorschein. Es ist ein kleiner Strauß Rosen.
Ich werde schwach. Wie könnte ich auch nicht? Ein Junge schenkt mir Blumen! Und macht mir sozusagen eine Liebeserklärung.
Der gleiche Junge der deine Gefühle missbraucht hat, vergiss das nicht!
"Cole, ich kann jetzt deine Entschuldigung nicht annehmen. Lass mir bitte noch etwas Zeit." sage ich und eine weitere Träne rollt mir über das Gesicht. Es fühlt sich an wie ein Abschied.
Obwohl es noch gar kein Willkommen gab.
Cole lässt die Rosen auf meinem Bett liegen, dann schließt er leise die Tür hinter sich. Ich erscheine nicht zum Abendessen und als mich meine Mutter fragt wieso ich nicht runterkommen möchte, sage ich, tief versteckt unter meiner Decke, dass es mir nicht gut geht. Daraufhin starre ich auf meinen Laptopbildschirm und versuche der Handlung der Serie zu folgen, aber ich kann mich nicht konzentrieren.

Es fühlt sich schlimmer an als die Trennung von Logan. Oder gleich schlimm? Man kann es schwer vergleichen. 

"Abby, hallo?" Jen fuchtelt mit ihrer Hand vor meinem Gesicht herum. "Erde an Abby! Alles okay?" Erst jetzt merke ich, dass ich immer noch auf meinem Stuhl im Klassenzimmer sitze. Die erste Stunde ist schon seit drei Minuten vorbei und alle haben den Raum verlassen, aber irgendwie habe ich das nicht mitbekommen. Blinzelnd schaue ich zu Jen hoch.
"Was ist denn los mit dir?" fragt sie.
"Ich bin müde." sage ich. "Ich habe gestern Nacht echt zu wenig Schlaf gekriegt." Denn der Gedanke, dass Cole nur wenige Meter den Gang hinunter schläft, hat mich fertig gemacht. Die Rosen habe ich in eine Badewanne geschmissen, damit ich sie nicht mehr sehen musste.
"Komm jetzt, wir müssen zu Kunst." Ich packe meine Sachen zusammen und verlasse zusammen mit Jen den Raum. Schnell laufen wir zu dem Kunstraum und kommen gerade pünktlich zum Klingeln an. Während uns unser Kunstlehrer das neuste Projekt vorstellt, höre ich gar nicht richtig zu. Ich werde von meinen sich im Kreis drehenden Gedanken abgelenkt. Cole hat zum Glück Musik.

In Englisch schreiben wir einen Vokabeltest, den ich total verhaue, weil ich den ganz vergessen habe. Aber es kümmert mich nicht weiter. Ansonsten verläuft der Schultag ziemlich unspektakulär. Ich würde meinen Freunden gerne alles erzählen. Aber ich kann es nicht, ich schaff es nicht. Ich fühle mich so dämlich und naiv, dass ich auf Cole reingefallen bin. Ich fühle mich schlecht und in irgendeiner Weise missbraucht, nicht nur betrogen.
Auf dem Weg zu meinem Fahrrad sehe ich wie die ganze Clique um den mattschwarzen BMW meiner Eltern stehen. Lola, Macy, Logan, Andrew, Jack und Cole. Bei der Beziehung von Andrew und May gibt es soweit noch keine spannenden Neuigkeiten, außer, dass sie nun miteinander schreiben, was schonmal ein Schritt in die richtige Richtung ist. Ich hoffe bloß nicht, dass er auch so ein Arsch ist. Denn seien wir mal ehrlich, diese ganze Clique ist für'n Arsch. Logan und Cole sind ganz vorne mit dabei.
Ich sehe Matt wie er aus dem Schulgebäude kommt und betont lässig an seinen alten Freunden vorbeiläuft. Und dann denke ich nur noch an zwei Worte: Provokation und Rache. Schnell hole ich mein Handy hervor und schreibe Matt.
Ich: warte, ich habe eine Idee
Matt bleibt stehen, als sein Handy klingelt und er holt es hervor. Ich sehe von dieser Entfernung nicht ganz sein Gesichtsausdruck, aber er hebt seinen Blick und sieht mich an. Ich schaue ihn grinsend an. Er nickt und schreibt.
Matt: was ist das für eine Idee?
Ich: Du willst es doch deinen Freunden zeigen oder
Matt: wie kannst du mir helfen sie zu ärgern?
Ich: komm her

Er macht auf dem Absatz kehrt und läuft auf mich zu. Cole und seine Freunde haben Matt in der Einführungsphase, das erste Jahr der Oberstufe, kennen gelernt. Er war frisch hierher gezogen. Sofort hat er sich mit den anderen verstanden und wurde in ihre Clique 'aufgenommen'.
"Was gibt's Jordan?" fragt er mich während er nun direkt vor mir steht.
"Provokation." sage ich leichthin. Dann fasse ich ihn an seine Jackenkragen und ziehe mich an ihm hoch. Dann küsse ich ihn. Er reagiert sofort und legt die Arme um mich. Der Kuss erweckt keine Gefühle für michin mir. Ich will Cole fertig machen. Wir küssen uns eine ziemlich lange Zeit. Dann löse ich mich von ihm.
"Reicht für den Anfang erstmal, oder?" ich grinse schelmisch. Er ebenfalls.
"Das war wirklich eine gute Idee. Bis dann, Jordan." Er dreht sich um und geht. Ich blicke ihm kurz hinterher. Dann drehe ich mich zu der Clique um. Sie gucken mich und den sich entfernenden Matt schockiert, verwundert und fassungslos an. Aber am Besten ist der Blick von Cole. Seine Augen sind weit aufgerissen und er sieht irgendwie verletzt aus. HA! Nimm das du Idiot.
"Abby, was sollte das?" fragt mich jetzt Beth, die plötzlich neben mir steht. Sie wurde begleitet von Jen und May. Ich lache.
"Cole hat mich verarscht. Ich hab gedacht ein wenig Provokation könnte nicht Schaden, um ihm wehzutun. Und momentan eignet sich niemand besser als Matt dafür. Er hat sich ja mit allen gezofft." May schüttelt nur den Kopf, aber Beth und Jen müssen lachen.
"Das war genial!" ruft Jen aus. Wir vier verfallen einem Lachanfall, in dem sogar May einfällt.
"Du bist ech fies." sagt sie und wird dann etwas ernster: "Aber wehe du sabotierst so Andrews und meine Beziehung!"
"Keine Sorge." sage ich. "Ich hab nicht vor mehr mit Matt zu machen." Ich kichere.
Dann fahre ich nach Hause und lasse alles andere hinter mir.



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