Ich merke wie ich langsam müde werde, aber ich möchte nicht von Coles Seite weichen. Ich mache mir viel zu viele Sorgen um ihn. Also beschließe ich auf die andere Seite des großen Doppelbettes zu kriechen. So liege ich nun einfach neben ihm und traue mich nicht ihn anzufassen, da ich Angst habe ihm wehzutun. Ich gebe ihm einen Kuss auf die Wange und drehe mich um. Cole schläft schon lange und sein gleichmäßiger Atem macht mich noch schläfriger. Ich falle langsam in meinen eigenen Schlaf.
Ich wache auf, neben mir liegt Cole. Ich streiche ihm über die Wange, dann stehe ich auf. Ich gehe hinauf zu meinem Bad und mache mich fertig. Dann gehe ich in die Küche und bereite das Frühstück für mich und Cole vor. Als ich wieder in das Gästezimmer schleiche, sehe ich, dass Cole wach ist.
"Danke, dass du dich so gut um mich kümmerst." sagt er verlegen. Ich lache nur, denn ich halte es für selbstverständlich. "Nein wirklich, dass habe ich nicht verdient." Nun klingt seine Stimem fester und ernster. Ich sage nur: "Kannst du dich aufrichten? Du musst etwas essen, du hast das Abendbrotessen verschlafen." Er setzt sich auf, stöhnt und hält sich die Seite.
"Deine Rippen sind verstaucht, pass auf." sage ich und setze mich neben ihm auf das Bett, dann lege ich das Frühstückstablett zwischen uns.
Wir essen schweigend und ich beobachte ihn. Sein Gesicht sieht noch schlimmer aus als gestern und ich gehe ein Kühlpack aus der Küche holen. Er legt es sich dankbar auf die linke Gesichtshälfte.
"Nun, Cole, du schuldest mir immer noch eine Erklärung. Andrew wollte gestern nichts sagen." Ich schaue ihn an, ich muss es einfach unbedingt wissen!
"Ich kann es dir nicht sagen." Er legt sich wieder auf den Rücken.
"Soll ich jetzt die Verbände wechseln?" frage ich und er lässt mich ihm das T-Shirt ausziehen. Ich ziehe kurz die Luft ein, weil ich kurzzeitig überwältigt bin von seinem Anblick, aber versuche dann mich auf den Verbandswechsel zu konzentrieren.
"Wieso kannst du es mir nicht sagen?" bohre ich weiter während ich den alten Verband abnahm.
"Ich will dich nicht in meine Probleme mit reinziehen." sagt er schlicht.
"Achja? Und was ist mit dem Auto? Das ist ein sehr großes Problem und wenn du nicht mich um Hilfe bittest, wirst du es schwer haben meinen Eltern zu erklären warum es nicht in der Garage steht." Ich ziehe ein Augenbraue hoch und sehe ihn streng an. Natürlich hab ich gemerkt, dass er das Auto vor seiner Prügelattacke entwendet hat und das es nicht mehr hier steht.
"Fuck, das Auto." stöhnt er und fährt sich durch die Haare. "Du musst wissen die Kerle haben nicht nur mich verunstaltet, sondern auch das Auto. Ich habs zur Werkstatt bringen lassen, aber bezahlen kann ich die Reparatur nicht." murmelt er dann verlegen.
"Dann sollten wir uns eine gute Ausreden wegen dem Schaden ausdenken." sage ich. "Aber ich helfe dir nur wenn du mir jetzt endlich sagst ob das wirklich was mit Drogen zutun hat oder nicht?!" Ich schmiere vielleicht etwas zu grob die Salbe auf die Wunde, weil ich so wütend bin und bemerke zu spät wie Cole das Gesicht verzieht. Ich entschuldige mich umgehend, dennoch bleibe ich wütend.
"Woher weißt du das es etwas mit Drogen zutun hat? Ich dachte Andrew hätte nichts gesagt?" Seine Stimme klingt panisch.
Ha! Dran gekriegt!
"Niemand hat es mir gesagt, aber ich bin selber auch nicht ganz dumm." gebe ich trotzig zurück, bin aber nun vorsichtiger mit Coles Körper.
"Vor einem halben Jahr haben Logan und ich angefangen zu dealen. Logan hatte keinen Bock mehr auf den Job beim Minigolfplatz und ich dachte mir Geld kann ja nie schaden. Die anderen Jungs sind nach einiger Zeit miteingestiegen, weil sie gesehen haben wie viel Kohle wir bekommen. Sie waren alle ganz neidisch." er lacht kurz. "Und alles lief echt gut. Wir haben gedealt und hatten dabei immer gute Kunden und nie wirklich Schwierigkeiten. Waren nie bei unserem Boss in Verzug, aber dann kam der Rohrbruch. Und das was wir bei mir gelagert haben, ist irgendwie aufgegangen und dann alles weg. Und das konnten wir unserem Boss doch nicht sagen und es hätte eh keinen Unterschied gemacht. Wir mussten das aus eigener Tasche bezahlen, egal wie. Und wir haben es auch hingekriegt, aber ich hab dann gesagt ich bin raus, ich will nicht mehr. Die fanden das nicht so lustig und haben mich zur Warnung so übel zugerichtet." Cole ist fertig mit seiner Geschichte und ich bleibe erstmal einen Moment sitzen, ich muss das erstmal verarbeiten.
"Woher hattet ihr das Geld?"
"Gespart." sagt er knapp. Ich denke weiterhin angestrengt nach.
"In unserer Stadt gibt es einem Drogenboss?"
"Er ist nicht nur hier." wieder nur eine knappe nicht allzu informationsreiche Antwort.
"Nehmt ihr auch Drogen?" frage ich dann etwas angewidert.
"Nein, also nicht die die wir verkaufen. Höchstens Gras, ich schwöre." Trotzdem schaue ich nicht zufrieden aus. Aber was solls...
"Und du hast gesagt, dass du aufhören willst?" Ich bin fertig mit dem Versorgen von Coles Wunden und gehe zur Tür um ein neues Kühlpack zuholen und das Alte wieder in den Gefrierschrank zu legen.
"Ja, das habe ich gesagt. Aber eigentlich nicht für mich, sondern für dich." Ich stehe an der Tür und schaue ihn an. Cole liegt in dem Bett, die Decke wieder über ihm, und blickt mir tief in die Augen. Auch wenn ich einige Meter von ihm weg stehe, bemerke ich die Intensität in seinem Blick. Ich schaue weg und gehe das neue Kühlpack holen.
Warum weigerst du dich etwas für ihn zu empfinden?
Weil ich nicht nochmal verletzt werden will.
Über diese Grenze bist du doch schon längst hinweg. Egal was er tut, er wird dir wehtun.
Ich weiß und deswegen habe ich auch so sehr Angst.
Meine Gedanken drehen sich im Kreis und ich versuche an etwas anderes zu denken.
"Du hast es für mich getan?" frage ich als ich ihm das neue Kühlpack reiche.
"Es war spontan, es war nicht geplant." murmelt er. Ich verstehe ihn zwar nicht ganz, aber ich bin glücklich über seine Entscheidung, auch wenn er jetzt hier voller Wunden liegt. Ich lege mich wieder neben ihn und fahre durch seine Haare, die nun ohne Haargel ganz weich sind.
"Das freut mich." sage ich und gebe ihm wieder einen Kuss und er küsst mich zurück, aber nur ganz leicht. Ganz zart sodass ich ihm nicht wehtue. Ich lehne meinen Kopf wieder zurück und sehe ihm in die Augen.
Ich bin hoffnungslos verloren.
"Erzählst du mir etwas über dich?" frage ich und kuschel mich an seine Seite, die ohne irgendwelche Prellungen.
"Was soll man da groß erzählen?" fragt er mit einem Grinsen im Gesicht.
"Kindheit, Gefühle, irgendwas." verlange ich. Ich möchte ihn so gerne näher kennen lernen. Denn mir ist aufgefallen, dass wir uns überhaupt nicht richtig kennen. Zwar haben wir uns durch Logan kennen gelernt und haben auch ab und zu Zeit miteinander verbracht und auch die letzte Woche waren wir ständig aufeinander, aber außer das er gut küssen kann, weiß ich fast nichts richtiges über ihn.
"Mein Name ist Cole Evans, ich wurde gestern von irgendwelchen Bekloppten verprügelt und einfach liegen gelassen. Ich bin hier geboren und aufgewachsen in dem Haus, welches neulich von einem Rohrbruch heimgesucht worden ist. Seit ich drei Wochen alt bin kenne ich Andrew. In der Grundschule haben wir Jack und Logan kennen gelernt. Wir sind seitdem unzertrennlich gewesen, so sagen es immer alle über uns. Als ich klein war hatte ich blonde Haare, nun sind sie fast ganz schwarz. Ich hab bei einer Schulaufführung in der Grundschule Peter Pan gespielt und Logan war Käptn Hook. Ich habe leider keine Geschwister, so wie meine Freunde, darüber beneide ich sie sehr. Ich hätte gerne eine kleine Schwester oder einen großen Bruder mit dem ich hätte spielen können. Ich trauere meiner Playstation nach, die ebenfalls dem Rohrbruch zum Opfer gefallen ist. Ich bin sehr dankbar dafür, dass deine Eltern uns "aufgenommen" haben. Ich lese gern, aber das weiß keiner von mir. Ansonsten mache ich gerne Sport. Wie du schon gesehen hast, gehe ich gern ins Fitnessstudio oder spiele Fußball. Und mir gehen die Fakten über mich aus." Er lacht und ich stimme mit ein.
"Das ist doch schonmal ein Anfang." sage ich. "Aber Cole, ich sollte lieber Mathe lernen. Auch wenn du verletzt bist, ich bin es nicht und muss am Dienstag zu dieser Klausur antanzen."
"Ich weiß, hol doch deine Sachen hieher und wir lernen zusammen. Ich bin bestimmt zur Klausur wieder fit."
Ich finde seinen Vorschlag gut und gehe die Sachen zum Lernen holen.
Nach einer Stunde lernen, ich am Schreibtisch im Gästezimmer, er immer noch im Bett, wobei er sich an gefühlt zehn Kissen anlehnt, klingelt es an der Haustür. Überrascht schaue ich von meiner Funktion auf, die ich gerade abgeleitet habe.
"Ich geh mal gucken. Ich hab aber keine Ahnung wer das sein kann." sage ich achselzuckend und schlendere zur Haustür. Ich öffne sie und blicke überrascht Andrew, Logan und Jack an, die vor mir stehen.
"Hey Abby." sagt Logan. "Wir wollen Cole besuchen kommen!" Die Jungs stiefeln einfach an mir vorbei und gehen in Richtung Gästezimmer. Völlig überrascht noch von Logans Anblick kann ich den drein nur hinterherdackeln.
"Cole deine Freunde sind da!" rufe ich ins Gästezimmer. Cole sieht genauso überrascht aus wie ich. Dann setzt er sich auf und blickt Logan wütend an: "Zeigst du dich auch mal, was?!"
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Plötzlich da
RomansAbbys Eltern sind keine Unmenschen und deswegen laden sie die Familie Evans ein bei ihnen zu wohnen, als deren Haus von einem Rohrbruch heimgesucht wird. Doch Abby hatte nicht erwartet, dass gerade Cole ihr Sohn ist! Dieser arrogante, streitlustige...