Kapitel 26

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Cole ist auch mit blauen Flecken im Gesicht attraktiv. Sehr attraktiv. Aber das witzigste an unserem Wochenende war es ihn zu waschen. Ich bin keine Jungfrau und ihn nackt zu sehen würde mir auch nicht so viel ausmachen, aber wir haben uns beide darauf geenigt das er seine Boxershorts anlässt. Das war für uns beide etwas entspannter. Sonntag Morgen standen wir beide erstmal lachend in dem Bad von Coles Zimmer und kriegten uns einfach nicht mehr ein, die Situation war derart komisch das ich heulte vor Lachen und mein Bauch tat ganz schrecklich weh. Cole leidete wahrscheinlich noch mehr unter den Lachanfällen/Lachkrämpfen wegen der Stellen auf seinem Oberkörper.
Er zog sich also bis auf die Unterhose aus und ich drehte mich weg. Er setzte sich in die volle Badewanne und ich drehe mich wieder um. Eigentlich war es ja wie im Pool, da hat er ja auch nicht viel mehr an. Ich versuche einen kühlen Kopf zu bewahren, doch ich starre ihn haltlos an.
"Mir wäre es auch viel lieber, wenn du mit mir hier drin wärst." sagt er und grinst schelmisch. Ich tue so als wäre ich entrüstet und bespritze ihn mit Wasser. Dann fangen wir wieder an zu lachen. Die Situation war einfach zu abstrus.
Das Ding war einfach, dass jede Bewegung Cole wehtat, obwohl ich mich jeden Tag so um die Wunden und Stellen kümmerte wie es der Arzt geraten hat und wir immer wieder Eis drauflegten. Aber ich denke einfach Cole steckt Schmerz nicht so locker weg. Er ist halt auch nur ein Mann.
Ich lache erneut laut los.
"Hey! Wir sind hier nicht zum Vergnügen! Beginne mit der Arbeit!" triezt er mich und versucht sein eigenes Lachen zu unterdrücken. Ich nehme das Shampoo und wasche seine Haare.
Mehr berühre ich nicht. Wirklich nicht, es wäre mir auch viel zu unangenehm. Wir verbringen zwar nun ungefähr jede Minute miteinander und sprechen über Gott und die Welt, aber ich weiß immer noch nicht was ich von dem ganzen halten soll. Aber um ehrlich zu sein, will ich mir auch keine Gedanken machen. Ich möchte das genießen, diese Zeit mit ihm, die so unbeschwert und lustig ist, bis dann die Katastrophe kommt und die Blase platzt.
Denn ich weiß, irgendwann platzt sie.

Der Sonntag verläuft sonst unspannend. Ich sage meinen Freundinnen ab und bleibe bei Cole Zuhause, der wollte natürlich, dass ich etwas mit ihnen unternehme, doch ich bleibe trotzdem.
Morgen werden unsere Eltern wiederkommen und Cole und ich üben den ganzen Nachmittag lang wie man sich normal benimmt, obwohl man unter Schmerzen leidet. Wennn er sich einen, für ihn, zu großen Pullover anzieht und eine bequeme Jogginghose funktioniert es einigermaßen. Müde landen wir beide im Bett. Ich trage ein T-Shirt von ihm und eine Schlafanzughose von mir. Er trägt sein eigenes T-Shirt und ebenfalls eine Schlafanzughose. Wir schlafen zwar in einem Bett, aber es ist für ihn angenehmer, schmerzentechnisch gesehen, getrennt von  mir zu schlafen. Trotzdem ist es schön ihn neben mir zu wissen und von seinem, mich beruhigenden, Atem einzuschlafen.

Der Wecker ist eindeutig zu laut und aufdringlich! Ich taste  nach meinem Handy auf dem Nachttisch und schalte ihn aus. Genervt stehe ich auf und gehe hinauf in mein Zimmer, das Bett ist immer noch unordentlich, da ich es seit Samstag nicht gemacht hatte. Ich gehe in mein Bad und mache mich fertig. Danach schlendere ich in die Küche. Ich schneide eine Grapefruit in zwei Teile und zuckere sie. Dann schiebe ich drei Aufbackbrötchen in den Ofen und stelle Marmelade und Butter auf ein Tablett. Dann mache ich uns Kakao. Noch ohne die Brötchen bringe ich das Frühstück in das "Krankenzimmer", wie wir es netterweise getauft haben. Ich küsse Cole auf den Mund. Wir küssen uns nicht allzu häufig, da seine Lippen noch immer nicht ganz verheilt sind. Er wacht auf und ich stelle das Tablett auf den Nachttisch auf seiner Seite des Bettes. Ich nehme mir meinen Kakao und trinke ihn, dann esse ich Grapefruit. Wir reden ein bisschen, dann hole ich die Brötchen und verabschiede mich von ihm. Er kann ruhig den Tag noch Zuhause bleiben. Passiert bestimmt nicht so viel wichtiges heute. 

"Wir haben die wildesten Gerüchte gehört!" begrüßt mich Jen als ich zu unserem Stammplatz in der Schule gelange. Die ersten beiden Schulstunden habe ich schon überstanden und nun ist "Große Pause". Ich setze mich seufzend neben sie. Wir sitzen in einem Gang, die Sonne scheint durch die großen und weiten Fensterfronten und erwärmt mich ein wenig, denn es wird jeden Tag immer kälter.
"Was brodelt denn so in der Gerüchteküche?" frage ich und öffne meinen Rucksack, um meine Banane herauszuholen.
"Matt hat sich mit den Jungs gestritten und nun redet die ganze Clique nicht mehr mit ihm!"
"Cole soll wohl ganz schlimm verprügelt worden sein!"
"Ich habe mit Andrew rumgemacht und das spannende daran ist, dass es anscheinend noch niemand weiß! NAJA AUßER DEM UMSTAND, DASS ICH MIT IHM RUMGEKNUTSCHT HABE!"
Der letzte Satz der auf mich niedersaust, ist der von May. Sie hüpft auf und ab und auch wenn ihre Stimme aufgeregt ist und sie ständig so klingt als würde sie anfangen rumzukreischen, bleibt sie ruhig, damit niemand außer uns sie hört. Naja, ihre Stimme ist schon ganz aufgeregt.
Ich muss erstmal die Informationen verarbeiten.
"Halt halt halt. Erstmal alles von Anfang an. Die Jungs haben sich mit Matt gestritten? Warum?" Cole hat mir nichts davon gesagt. Kein Wort hat er gesagt. Aber es ist im Nachhinein betrachtet schon komisch gewesen, dass Matt am Samstag nicht da war. Sonst sind sie ja auch immer komplett zu fünft.
"Sie haben sich anscheinend ganz doll auf der Party von Kate gestritten und haben anscheinend seitdem nicht mehr miteinander geredet." informiert mich Jen.
"Warte," sage ich langsam. "Beth kannst du dich noch erinnern, bei Kate, als wir draußen waren, da haben wir doch Logan und Matt gehört wie sie sich gestritten haben. Sie standen unterm Carport." Plötzlich erinnere ich mich wieder zurück. Es ist seit Freitag so viel passiert, dass ich den Streit ganz vergessen habe. Aber nun macht alles Sinn.
"Es ist mir egal wessens Idee es war bei ihm das Zeug zu verstecken! Ich bleche nicht für den Fehler, den er gemacht hat. Es ist nicht meine Schuld, dass die Tüte nicht gehalten hat und dass der Teppich noch bei dir liegt." 
Das hatte Matt zu Logan gesagt. Es stimmt haargenau mit der Geschichte von Cole überein. Matt ist echt ein arschiger Freund. Also echt.
"Natürlich erinnere ich mich. Das war bestimmt der Beginn des ganzen Streits." sagt Beth und nickt.
"Das und warum sie sich gestritten haben, ist auch mit einer der Gründe, warum ihr glaubt das Cole verprügelt worden ist." Ich schlucke und dann erzähle ich meinen Freundinnen, ganz leise, was mir Cole gebeichtet hat. Ich fühle mich dabei nicht wohl, ich gebe gerade sein Geheimnis preis. Ich weiß das, aber ich muss unbedingt mit jemandem darüber reden. Jen, Beth und May schnappen nach Luft und können nachdem ich geendet habe erstmal nichts sagen.
"Wow." sagt Jen dann.
"Das habe ich nicht erwartet." sagt Beth.
"Ich fasse es nicht. Sind die denn hirnlos?!" ruft May aus.
"Ihr dürft das niemandem erzählen!" rede ich auf meine Freundinnen ein und sie schwören mir es niemandem zu erzählen. Ich atme auf. Meinen Freundinnen kann ich vertrauen. Wir können zwar keine Geheimnisse voreinander bewahren, aber vor anderen umso besser. Ich weiß, dass ich ihnen vertrauen kann.
"Aber nun zu dir May. Du hast Andrew geküsst?!" frage ich interessiert und blicke sie mit halboffenem Mund an. Ich bin erstaunt und stolz auf sie. Andrew ist echt ein guter Kerl und richtig lieb. Sie würden bestimmt gut zusammen passen...
Doch bevor ich weiter träumen konnte über Doppeldates mit Andrew, May, Cole und mir und bevor May irgendwas antworten konnte, klingelt es und wir gehen in unsere Klassen. Nicht ohne uns wieder für die nächste Pause UNBEDINGT zu verabreden.
Das ist ja alle so spannend. Mein Leben war lange Zeit langweilig gewesen. Und ich habe auch nichts dagegen. Ich mag es meine Ruhe zu haben. Aber die Hektik und die Geheimnisse, die Neuigkeiten und die aufgeregte Stimmung elektrisieren mich und ich bin hell wach. 

"Also, Beth und Jen habe ich die Geschichte gestern ja schon erzählt, du wolltest ja nicht mit ins Café, weil du dich um den süßen Cole kümmern wolltest." May kichert. "Aber es war so: Du und Beth habt mich ja einfach da sitzen lassen. Alleine auf der Couch. Was ziemlich gemein war, im Nachhinein betrachtet. Aber ich hatte echt schon einem im Tee, nicht so sehr wie damals an Neujahr, und außerdem kann ich mich ja noch an alles erinnern. Naja, auf jeden Fall, hat sich dann Andrew neben mich gesetzt. Er sah müde aus und etwas fertig und ich bot ihm meinen Becher an. Er trank einen Schluck und dann unterhielten wir uns einfach nur."
"Ich habe sie von der gegenüberliegenden Seite gesehen." fällt Jen dazwischen. "Die beiden sahen echt süß aus!"
"Wir haben echt lange geredet, so fühlte es sich auf jeden Fall an. Und dann sind wir aufgestanden und in die Küche. Wir haben uns was zu trinken geholt, aber irgendwie sind wir nicht wieder im Wohnzimmer gelandet, sondern sind hoch in den ersten Stock. Und dann in ein Zimmer, irgendein Gästezimmer. Dann nahm er mir den Becher aus der Hand, aus dem ich noch kein einzigen Schluck getrunken habe und stellt ihn mit seinem auf irgendeine Kommode. Dann nahm er mein Gesicht in seine Hände un küsste mich!" Ich quicke, May quickt und Schüler die an uns vorbeilaufen sehen uns komisch an.
"Aber wieso wissen es nicht schon längst alle?" frage ich mich laut.
"Anscheinend hat er es niemandem erzählt und ihr sagt es ja auch  nicht weiter." May zuckt mit den Achseln. "Um ehrlich zu sein, finde ich es auch so besser."
Wir vier müssen lachen und dann beschäftigen wir uns wieder mit dem unserem Lieblingsthema. Wir haben zwar schon früher viel über die Clique geredet, aber jetzt ist sie das Gesprächsthema. Einerseits wegen der Drogengeschichte. Dann wegen Cole und meinem Wochenende mit ihm. Dann wegen May und Andrew und wir alle sind uns einig sie würden ein perfektes Paar abgeben.
Die Schule ging um und ich ging hinaus zu meinem Fahrrad und dankte Gott, dass es nicht regnete. Ich fuhr nach Hause und kam trocken an. 

Ich öffne die Tür zum Gästezimmer und sehe Rosa wie sie das Bett macht. Sie hebt eine Augenbraue und deutet auf den Gang hinter mir. "Der junge Mann ist wieder in sein Zimmer umgezogen." Ich begrüße sie und gehe die Treppe hinauf. Rosa hatte Recht, Cole saß in seinem Bett und liest. Er liest tatsächlich ein Buch?!
"Hey," sage ich und betrete sein Zimmer. "Wie war der Tag?" Ich schaue verstohlen auf das Cover des Buches und ein Grinsen erscheint auf meinem Gesicht. Es ist einer meiner Lieblingsbücher und mir rutschen die Worte heraus bevor ich sie überdenken kann:"Ist das mein Buch?"
"Hey," sagt er und lächelt, er legt mein Buch weg und klopft auf die freie Stelle im Bett neben sich. "Es war furchtbar langweilig. Und als Rosa gekommen ist, musste ich aus dem Krankenzimmer fliehen." Er lacht. "Und dann bin ich in dein Zimmer gegangen, weil man nicht die ganze Zeit Mathe lernen kann. Ich habe das Buch hier ganz vorne bei dir entdeckt und fand es klang gut. Mich verlässt bloß nicht das Gefühl, dass es ein Kinderbuch ist. Aber es ist echt schön."
Ich lächle das Buch an und dann Cole. "Es ist wirklich einer meiner Lieblingsbücher. Und ja ich weiß auch nicht genau, aber ich liebes es und die Geschichte ist unglaublich. Der Schreibstil auch und ich habe mit hoffnungslos in Ari und Dante verliebt." Ich könnte noch ewig so weiterschwärmen, aber ich halte mich in Grenzen.
Dann zieht mich Cole zu sich heran und küsst mich. Diesmal nicht mehr so vorsichtig wie die letzten Tage. "Ich habe dich vermisst. Ich habe mich echt so sehr an deine Anwesenheit gewöhnt." Er lächelt, also lächle ich auch.
Dann hören wir das Zuschlagen der Eingangstür und wie Rosa erfreut meine und Coles Eltern begrüßt.
Sie sind wieder da.


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