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"All of me loves all of you."


Viele Menschen träumen ja für gewöhnlich von der perfekte Beziehung und späteren Familie.  Ich gehörte natürlich dazu.

So kam es dazu, dass ich an jenem dritten September in den Wahn verfiel, in den die meisten mit meiner Vergangenheit wohl verfallen wären.

Seit ich denken konnte war ich schon in einem Heim untergebracht worden. Man sagte mir später, dass meine Eltern mich nicht wollten; dass meine Mutter Alkoholikerin war und mein Vater ein reicher, unausstehbarer Kauz. Logischer Weise hasste ich seit diesen Informationen meine biologischen Eltern. Ich war immer ein sehr familiäres Kind gewesen und hatte immer jemanden, den ich mochte um mich herum gebraucht. Anders als Joy, kannte ich es gar nicht, in einer Familie aufzuwachsen.

Also hatte ich sie damals oft danach gefragt, wie es so sei. Mit den eigenen Eltern. Als Antwort bekam ich immer, dass sie fand, dass es manchen Menschen verboten werden sollte Kinder zu bekommen. Joy war in dieser Hinsicht schon immer sehr verschlossen gewesen.

Am besagten dritten September stand ich morgens auf und musste sofort an diese Worte von Joy denken, die sie mir am vergangen Morgen gesagt hatte.

"Nur für dich würde ich mein Leben geben."

Ich weiß noch ganz genau, wie mich ein Zittern ergriff und ich die Gänsehaut meines Lebens bekam. Aber anstatt auf meinen Körper zuhören stand ich aus meinem Bett auf und schlich nur in Boxershorts und einem T-Shirt bekleidet runter zu dem diensthabenden Betreuer.

Da ich nicht mehr in der Wohngruppe wohnte nahm ich es mir einfach heraus mich am Morgen vor den Fernseher zu stezten und die Glotze einzuschalten. Zu meinen Wohnzeiten dort hätte ich einen Ärger bekommen, der sich gewaschen hatte.

Jedenfalls war das mein großer Fehler. Manchmal sollte man die Dinge, die die Erwachsenen einem verboten wirklich nicht tun. Im Sinne von wirklich niemals.

In genau diesen zehn Minuten, in denen ich vermutete alleine zu sein, war der Betreuer im Nebenzimmer. Es war Ella und Ella war einfach eine Person, die ich bis auf den Tod nicht leiden konnte. Deshalb dachte ich mir nichst dabei, als ich hörte wie sie telefonierte.

Von oben hörte ich Gepolter und wusste sofort, dass das Joy war. Man sollte ja davon ausgehen, dass Mädchen leise waren und nicht trampelten, aber Joy war das so das lebende Beispiel dagegen. Meine blau-weiß gestreifte Boxershorts kräuselte sich vom viele Tragen leicht an den Rändern und das T-Shirt roch angenehm nach Joy.

Joy...

Ich hatte die Nacht wieder bei ihr verbracht und, zu meinem Bedauern, war mehr als tiefgründe Gespräche nicht gelaufen. Solangsam bekam ich für mein Geschlecht und Alter typische Fantasien, in denen Joy definitiv die Hauptrolle spielte und das machte mich verrückt.

Mein Hintern so auf dem Sofa geparkt saß ich also da in dem Wohnzimmer vor dem laufenden Fernsehen und nahm anfangs ungewollte Fetzten des Telefonates von Ella war. So weit meine Ohren mich wissen ließen ging es um einen Jungen, der in meiner ehemaligen Wohngrupe auch gewohnt hatte und circa vor fünf Monaten zu dem Zeitpunkt ausgezogen war. Der Name des Jungen wurde nicht genannt, sondern nur, dass es auch schon studierte und im Moment zu Besuch anwesend war. Weshalb der Gesprächspatner von Ella ihn nicht zuhause erreichen konnte.

Ungelogen dämmerte es mir erst da, dass ich gemeint war. Ich sprang auf und rannte fast schon zu Ella. Mein Blick sprach Bende, der sie dazu aufforderte mir das Telefon zu geben. Ihr Gesichtsausdruck dagegen sprach ebenfalls Bende, nur war das eher ein "Geh-dich-anziehen-Junge-oder-hier-läuft-gar-nichts"-Ausdruck. Widerstrebend gab sie mir dann doch bald das Telefon, nachdem sie merkte, dass ich Blut geleckt hatte und nirgendswo hin gehen würde. Sie verabschiedete sich und reichte mir das Gerät mit den Worten: "Viel Spaß, Conner." . Und den sollte ich auch haben, denn wer da an der anderen Leitung hing, sollte die Überraschung meines Lebens werden.

Ohne weiter darüber nachzudenken sprach ich einfach darauf los.

"Conner."

Eine unbekannte, weibliche und sehr hohe Stimme antwortete mir. Ich war verwundert.

"Nash, bist du es?"

Die Stimme hörte sich an, als würde die dazugehörige Stimme weinen. Ich fragte mich wer das war und wieso diese Person weinte, wenn sie meine Stimme hörte. Gleichzeitig tauchte plötzlcih Joy vor mir auf und sah mich mit wunderschönen aber verschlafenen Augen fragend an. Ein Schulterzucken meiner Seits drückte mein Wissen genau aus.

"Ja? Und wer ist da bitte an der Leitung?"

Mir wurde heiß und ein wenig schwindlig, aber ich wollte ja unbeding nicht auf meinen Körper achten.

Ich sah in Joys Augen und sah meine Zukunft. Ich sah meine Vergangenheit. Ich sah meine Geliebte. Ich sah meine beste Freundin. Ich sah mein Leben.

"...Deine Mutter, Nash. Deine Mutter, mein Junge..."

Und ich sah mein Leben zerbrechen.

Don't promise  - PAUSIERTWo Geschichten leben. Entdecke jetzt