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"If we should die tonight, then we should all die together."

Erschrocken sah ich sie an. In diesen wenigen Sekunden, in denen sie nichts sagte, dachte ich, dass sie wirklich jeden Moment ausrasten würde. Aber sie tat es nicht. Mum schloss die Tür hinter sich und kam zu mir. Neben dem Stuhl blieb sie stehen und legte einen Finger auf das Blatt, das ich immer noch in der Hand hielt, weil ich es angehoben hatte.

"Das ist mein Manuskript."

Sie legte eine kleine Pause ein und räusperte sich dann.

"Ich wusste, dass du meine Höhle irgendwann finden würdest. Um ehrlich zu sein verwundert es mich sogar, dass du es nicht so vorher getan hast."

Irritiert und völlig verwirrt stand ich aus dem Stuhl auf. Wirklich, dieses ganze Hin und Her ging mir damals gewaltig auf die Nerven. Ich wusste nicht, was im nächsten Moment war. Ich wusste nie, wie ich reagieren sollte. Ich wusste nie, was richtig oder falsch war. Ich wusste nie, was ich tat. Ich wollte einfach Klarheit. Also stand ich auf und sah meine Mutter an. Glaubt mir, ich wollte sie wirklich zur Rede stellen. Ich wollte es wirklich.

Aber ich tat es nicht.

Stattdessen legte sie mir die Hand auf die Schultern und lächelte mich schief an.

"Mason. Ich habe gerade bei deiner Universität angerufen und dich dort abgemeldet. Hoffentlich bist du mir nicht allzu böse, aber du gehörst ja jetzt zur Familie und hast damit ja Geld. Du brauchst es dir niht mehr zu verdienen. Ein Conner lässt machen. Ein Conner macht niemals."

Es war wie ein Schlag mit geballter Faust in den Magen und dann aufs Auge. Mann, ich war im ersten Moment richtig wütend auf Laureen. RICHTIG wütend. Ich meine, hättet ihr euren Sohn einfach von der landesbesten Universität abgemeldet, weil euer Mann gut verdiente? Wirklich meine Mutter nervte mich in diesem ersten Moment sehr.
Auf der anderen Seite war ich sogar beeindruckt. Sie wollte mich so sehr in die Familie aufnehmen, dass sie mir ihr Vermögen anbot. Und Leuten wie meinen Eltern war ihr Vermögen sehr viel wert und sehr wichtig.Würde ich jetzt behaupten, dass ich sauer war und aus dem Haus gerannt war, dann würde ich lügen. Ich handelte ganz im Gegenteil. Sogar lächelnd begutachtete ich meine Mutter und sie lachte ebenfalls.

"Das sind nette Worte,Mum. Ich weiß sie zu schätzen, will euch ja aber auch nicht zur Last fallen. Ich denke, ich werde sehen, dass ich meinen Platz wieder bekomme."

Natürlich sagte ich das nur aus Heuchlerei. Ich wollte, dass sie sich auf der einen Seite entschuldigte, mir auf der anderen Seite aber auch ihr Angebot nicht ausschlug. Kein Studium und keine Arbeit mehr...das war jedermanns Traum. Und meine Mutter tat genau das, was ich wollte.

"Es tut mir leid,Mason. Ich hätte dich fragen sollen, aber ih dachte dir würde es leichter fallen dich darauf und auf uns einzulassen, wenn ich dich vor vollendetr Tatsachen stelle. Trotzdem möchte ich doch hoffen, dass du bei uns bleibst. Und das Geld steht dir immer zur Verfügung. Ich habe dir sogar ein Konto angeschafft, auf dem Geld ist, das alles die gehört.Bitte bleib doch."

Mitleidig ansehend und mir eine Kreditkarte entgegenhaltend sah meine Mutter mich aus großen Augen an. Jackpot.

Ich nahm die Kreditkarte an und umarmte sie flüchtig. Ihr Körper war warm und trotzdem zitterte sie. Wahrscheinlich hatte sie sich vor meiner Reaktion gefürchtet. Bald ließ ich sie los und lächeltr mein chramantestes Lächeln überhaupt. Bevor ich etwas sagen konnte sprach sie schon weiter.

"Und heute Abend findet eine kleine Party statt. Das habe ich von Aiden mitbekommen. Sie ist im Nachbarort. Vielleicht magst du ja hingehen und neue Leute kennenlernen. Es muss schrecklich sein nur Leute aus der unteren Schicht zukennen,Mason. Das tut mir wirklich sehr leid für dich. Und vielleicht siehst du ja sogar Aiden nochmal."

Ihre Augen strahlte solch eine Ehrlichkeit aus, dass ich ihr jedes Wort glaubte. Mich interessierte es noch nicht einmal, dass Mum gerade Joy und alle meine Freunde beleidigt hatte; ih hatte nur diese Party im Kopf und das viele Geld. Ich war wie geblendet von der Fassade des Wohlhabens meiner Familie. Ich konnte einfach nicht sehen, wie falsch das alles war und wie viel sprichwörtliches Blut hatte fließen müssen, dass sie so angesehen wurden wie sie damals angesehn wurden.

"Klar,Mum. Ich werde gerne hingehen. Jetzt muss ich aber einen Anruf tätigen, um jemanden mitzuteilen, welch tolle Nachrichten du mir gebracht hast."

Damit stürmte ich aus 'der Höhle' in Aidens/mein Zimmer und schloss die Tür ab. Natürlich viel mir auf, wie kalt wir miteinander sprachen, aber ihre Gescbenke und Gestiken machten mich der schlechten Tatsache daran blind. Ohne zu überlegen kramte ich mein Handy aus der Hosentasche, wählte Joys Nummer und wartete auf ihre Stimme. Ich wollte ihr so unbedingt zeigen wie toll meine Familie war, dass von Anfang an schon klar stand, wie sehe dieses Gespräch in die Hose gehen würde.

"Joy O'Lane."

"Heey Joy. Ich bins. Ich wollte dir was erzählen. Hast du kurz Zeit?"

Ich hörte sich lächeln und wusste, dass ich gewonnen hatte.

"Ja klar. Raus damit."

"Also..."

Ich erzählte ihr voller Begeisterung, dass meine Mum mich von der Uni abgemeldet hatte und mir ein Konto mit (wahrscheinlich) sehr hohem Guthaben geschenkt hatte. Außerdem erzählte ich ihr, dass ich nicht mehr arbeiten musste, es bei meiner Familie toll war und dass an diesem Abend eine Party standfand. Die folgende Stille ließ meine Europhie wieder abklingen und ich war verunsichert. Sollte sie sich nicht eigentlich für mich freuen?

Nach einer Weile hörte ich einen leisen Seuzfer.

"Ach,Nash."

Es war ungewohnt, meinen Erstnamen zuhören und ich zuckte dabei ein wenig zusammen. Vielleicht hätte ich da aufwachen können, aber ich tat es nicht.

"Nash, bitte sag mir,dass du nibt wirklich so naiv bist und es siehst. Es siehst, dass sie dib erkaufen will. Deine Familje will um jeden Preis gut bei dir dastehen und da sie nicht wissen wie, beschenken sie dich. Schmeißen dich mit allem zu, weil sie es sich leisten können. Hätten sie kein Geld und wollte nicht ihren Ruf glätten, dann hätten sie dich doch gar nicht erst kontacktiert. Wieso siehst du das nicht?"

Ich wurde richtig wütend. Ich konnte einfach nicht fassen, was sie da sagte. Dass das alles vielleicht richtig sein konnte, zog ich nicht eine Sekunde in Betracht. So wütend wie in diesem Moment war ich nie auf Joy gewesen. Und heute tut es mir so sehr leid. Vorallem, was ich als nächstes tat. Ich war eben wütend und antwortetr auch dem entsprechend.

"Für wie schrecklich hälst du meine Familie eigentlich? Ich denke ja, dass du eifersüchtig bist. Auf alles was ich jetzt habe. Aber nur weil deine Familie sich einen Dreck um dich scherrt, heißt das noch lange nicht, dass du so gegen meine Familie gehen musst. Nur weil du eifersüchtig bist und mir mein Glück nicht gönnst."

Ja es war fies, aber das sah ich in diesem Moment einfach nicht. Lange Stille folgte, bis sie endlich wieder sprach.

"So denkst du also von mir."

Und dann legte sie auf.

Ich war so wütend auf sie, dass ich mein Handy mit einem Schrei auf den Boden schleuderte. Sie konnte mir einfach mein Glück nicht gönnen. Das dachte ich damals zumindest. Nie wäre ich auf die Idee gekommen, dass sie Recht haben könnte. Ich hätte sie es erklären lassen sollen. Ich hätte sie fragen sollen, was sie damit meinte. Ich hätte nicht so fies zu ihr sein sollen, weil ich wusste, wie sehr sie dieses Thema verletzte. Sie hatte mich retten wollen und ich hatte sie zerstört.

Wenn ich heute so an dieses Telefonat zurückdenke, könnte ich anfangen zu weinen. Oder zu schreien. Oder zu trinken. Ich weiß nicht. Am liebsten würde ich all meine Fehlschläge rückgänging machen und alles besser machen. Ich hasse mich für all die schlimmen Dinge, die ich je getan hatte.

Aber glaubt mir.

Am aller meisten hasse ich mich heute für dieses Telefonat.

Denn am Mittag des achten Septembers hatte ich Joy so sehr verletzt, dass ich es heute als das Datum ansehe.

Das Datum, an dem ich Joy verlor.

Don't promise  - PAUSIERTWo Geschichten leben. Entdecke jetzt