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"It goes 'round and 'round, and I go down and down."


Ich kann euch gar nicht beschreiben, wie schlecht ich mich danach fühlte. Ich rannte zu Toilette, die ich irgendwie fand und übergab mich. Ich übergab mich einfach. Minutenlang. Meine Welt war erschüttert, ja sogar fast zerstört.

Ich hatte den ganzen Tag fast schon Spaß gehabt und sogar mit Lillian stundenlang geschlafen, während Dan wohl gestorben war. Ich fühlte mich mies. Richtig mies. Ich hatte das Gefühl nichts wert zu sein. Ich war nicht für Dan dagewesen. Ich war nicht für Joy dagewesen. Als ich mich das nächste Mal übergab, musste ich an das Telefonat zwischen Dan und mir denken.

"Weißt du was? Vielleicht wäre es besser gewesen, du wärst gestorben und Joy gleich mit!"

Ich weinte und weinte und übergab mich weiter. Mein Leben hatte plötzlich noch weniger Sinn als zuvor. Aber leider sollte ich daraus nicht lernen. Ich sollte mich in der nahen Zukunft wie ein vernachlässigter Junge aufführen. Wie jemand, der sich alles erlauben durfte. Ich schob so oft den Tod von Dan als Grund vor, dass ich etwas tun durfte. Weil es mir ja 'so schlecht' ging. Dabei kümmerte ich mich kaum darum. Ich wurde noch schlimmer als vorher. Ich bereute überhaupt nichts mehr. Ich kümmerte mich um keinen einzigen aus meine Vergangenheit mehr.

Ich wurde immer mehr zu Mason Conner, bis letzten Endes Nash von Mason umgebracht wurde.

:-:-:-:-:-:-:-:-:-:-:-:-:

In der Nacht hatte ich mich immer wieder übergeben, weshalb ich am nächsten Morgen neben dem Klo aufwachte und ein Deja-Vu der Extraklasse hatte. Noch nicht mal mit Joy wollte ich reden. Ich meine, ich verdrängte und leugnete Dans Tod ja nicht. Ich spielte ihn sogar noch weiter aus.

Meine Armbanduhr sagte mir, dass wir halb eins am Mittag hatten. Jetzt fragt euch mal bitte, wie es möglich sein kann, dass man neben der einzigen Toilette in der ganzen Wohnung schläft und erst um halb ein Uhr mittags aufwacht. Keiner weckte mich. Keiner beachtete mich. Ich stand auf , ging ich Lils Zimmer und stellte fest, dass sie alles, was ich mitgenommen hatte auf irgendeine Art und Weise zerstört hatte. Nur mein Handy hatte sie verschont, unter dem ein Zettel lag. Ich hob ihn hoch und las, was sie mir mitteilen wollte.

Du Wichser hast wirklich gedacht, ich hätte dir verziehen.

Ohne ein weiteres Wort nahm ich mein Handy und verließ die Wohnung. Wie ich später herausfand, war sie noch nicht mal mehr da, als ich ging. Da war sie schon bei ihrem nächsten Kerl.

Zum Glück wohnte sie nicht all zu weit weg von meiner eigenen Wohnung, weshalb ich dort hinlief. Erst dann fiel mir auf, dass in meiner Hosentasche nur zwanzig Euro waren und ich meinen Wohnungsschlüssel bei meinen Eltern gelassen hatte, weil ich ja zurückkommen wollte. Da ich keine Lust hatte mir ein Taxi zu bestellen, wollte ich meinen Vater anrufen, ob er mir meinen Schlüssel bringen können. Dann merkte ich, dass diese keine Hure von Lillian mein Sim-Karte als auch mein Handy gesperrt hatte.

Leute, lernt immer schön brav zu eurem PIN den PUCK dazu. Eine durchgeknallte alte Trulla könnt ja mal euer Handy aus Rache sperren.

Vor Wut schrie ich so laut ich konnte und die alte Dame auf dem Bürgersteig gegenüber sah mich komisch an und lief so schnell sie konnte weg. Also nicht sehr schnell.

Keine Ahnung, was mich dazu bewegte, aber ich lief die alten Straßen des Örtchens entlang zum nächsten kleinen Supermarkt und kaufte mir zwei Flaschen Wodka. Damit lief ich locker zwei Stunden im T-Shirt bei 10 Grad Celcius durch die Gegend, bis ich endlich zum Steinbruch kam. Dort hatte sich mit den Jahren ein Ufer des Sees gebildet, direkt neben dem 'Steinstrand'.

Ohne weiter zu Überlegen, setzte ich mich auf einen Hügel.

Ich spürte den leichten Septemberwind in meine mittlerweile zu lang gewordenen Haaren und bekam Gänsehaut. Als Kinder waren wir oft hier gewesen. Dan hatte die Atmosphäre hier sehr gemocht, weshalb wir viele Gruppenausflüge hier her gemacht hatten. Einmal hatten wir in den Schulferien hier sogar zwei Wochen lang gezeltet. Das einzige Mal, dass ich Dan wirklich hinterher trauerte, war in diesen Stunden, als all die Erinnerungen wieder zum Leben erwachten. Ich sah uns auf einem Hügel fangen spielen, dann drei Meter weiter sah ich die Zelte. Ich sah uns Fußball auf diesem total ungeeigneten Boden spielen. Ich sah meine ehemalige Heimgruppe. Und am aller meisten sah ich Dan, wie er lachend mit uns als Kleinkinder spielte.

In den nächsten Stunden leerte ich alleine beide Flaschen und übergab mich wieder zwei Mal, bevor ich gegen zehn Uhr unter dem viel zu klaren Sternenhimmel einschlief.

In dieser Nacht träumte ich von braunen Zelten, Fußballspielen mit vielen Verletzungen und einem Mann, der mir gezeigt hatte, wie schön das Leben eigentlich sein konnte.


(Authors Note: Am liebsten würde ich das einfach so stehen lassen, aber das kann ich der armen Joy nicht antun. Und Nashs Geschichte muss auch zu Ende erzählt werden. Der Arme wird von allen gehasst haha. )



Don't promise  - PAUSIERTWo Geschichten leben. Entdecke jetzt