Irgendeine Bekanntschaft

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Den nächsten Tag verbrachte ich damit mit Henning zu telefonieren und bei meinem Chef vorbei zu schauen. Martin, so hieß er, begrüßte mich mit grausiger Miene.
''So schlimm?'', ich hob meine Augenbraue und legte meine Hand auf seine Schulter.
''Setz dich doch bitte, Lyndsey. Was ist eigentlich mit deiner Stirn los?'' Er zeigte auf den Stuhl an der Theke und ich folgte seiner Anweisung. Danach deutete er auf meine Wunde. ''Lange Geschichte.'', ich winkte ab. Ich wurde bis jetzt nur zwei mal von ihm mit meinem vollen Namen angesprochen. Einmal als ich einem Kunden Bier ins Gesicht schüttete, berechtigt wie ich finde. Dieser schmalzige Typ hat mich damals ernsthaft gefragt ob er meine Titten sehen kann? Das ist kein Kompliment, sowas ist einfach nur widerlich. Außerdem war der sowieso schon total voll und ich hatte damals einfach einen schlechten Tag. Martin stimmte mir zwar zu, war aber trotzdem sauer auf mich. Beim zweiten Mal als jemand Geburtstag gefeiert hat und sich beinahe die ganzen Haare verbrannt hätte. Eigentlich wollte das Mädchen nur ihre Kerzen auspusten und Schwups, die Haare waren im Feuer. Ich stand nur fassungslos daneben, Martin wusste sich nicht anders zu helfen als mich anzuschreien.
''LYNDSEY, MACH DOCH WAS!'', kam es damals aus seinem Mund. Nun wieder zurück zum Jetzt. Ich war gespannt auf seine Worte.

''Wie soll ich das jetzt sagen..'', er seufzte und fuhr sich durch die Haare. Er schluckte kurz bevor er fortfuhr. ''Ich muss dir leider kündigen. Ich muss die Kneipe schließen, sorry.'', ich war nicht wirklich traurig um die Bar, mehr um meinen Job. Wie soll ich meine Miete finanzieren? Ich geh bestimmt nicht wieder zurück zu McDonald's und arbeite da. Er sah mir in die Augen.
''Maja ist im sechsten Monat schwanger, das hier hat keine Zukunft. Ich muss mir einen ordentlichen Job suchen, damit ich mein Kind ernähren kann. Momentan ist die ganze Kneipe verschuldet, dann kommt noch dieser Unfall dazu. Ich hoffe du verstehst das.'' Maja war seine Frau, sie war quasi die weibliche Version von Martin. Ich nickte stumm und wünschte ihm noch alles gute für die Zukunft und für das Baby. Er solle mich anrufen wenn's dann soweit mit der Geburt sei. Wir versprachen Kontakt zu halten und uns bei unserer Jobsuche zu unterstützen. Mir war jedoch klar, dass wir uns vielleicht eins, zwei mal treffen würden und dann nie wieder ein Wort miteinander wechseln würden.

Als ich raus ging umhüllte mich ein warmer Frühlingswind und ich versuchte die Sache positiv zu sehen. Vielleicht würde ich mir gar keinen Job in Köln sondern in Berlin suchen. Vielleicht würde ich einfach zu Henning ziehen während ich noch keinen Job habe. Das geht schon irgendwie. Ich konnte mich nach den letzten zwei Tagen sowieso nicht auf Arbeit konzentrieren. Vielleicht werde ich einfach Hartz-Vier Empfänger, ist doch auch 'ne geile Sache. Ich wurde aus meinen Gedanken gerissen, als ich das Ertönen meines Handyklingeltons wahrnahm. Es war Henning.
''Lynn? Ich muss dich noch mal was fragen. Wie heißt das Rezept für die Marzipantorte noch mal?'' Christopher, der Gitarrist hatte nächste Woche Geburtstag und Henning wollte ihm unbedingt etwas selbstgemachtes schenken, deswegen entschied er sich für eine Torte.
''Ich kann sie dir backen und gerne vorbei bringen, voraussichtlich ihr seid nicht am Ende der Welt. Ich hab sowieso Zeit, da ich jetzt arbeitslos bin und -''
''Arbeitslos? Musste die Kneipe wirklich schließen?'' Da ich Henning bereits heute morgen von dem Unfall in der Kneipe und dem gestrigen Tag erzählt habe, wusste er bereits über alles Bescheid.
''Jap.'', ich machte leichte Schnappatmungen. Tränen sammelten sich in meinen Augen und ich versuchte sie wegzublinzeln. Auf einmal schien alles Hoffnungslos und die soeben geschmiedeten Pläne schienen unerreichbar.
''Das tut mir leid, mach dir nichts drauß, du findest schon was neues.'' Ich nickte nur um einige Sekunden später zu bemerken, dass Henning mich gar nicht sehen konnte, da wir ja telefonierten.
''Alles okay?''
''Nein, gerade ist irgendwie gar nichts okay.'', meine Stimme bekam dieses unausstehliche Zittern und die ersten Tränen liefen über meine Wangen. Woher kam auf einmal diese Leere? Noch vor geschlagenen 5 Minuten war das alles völlig okay für mich.
''Hey, nicht weinen. Du kommst jetzt einfach zu uns und im Sommer begleitest du uns ja sowieso auf den Festivals.'', Hennings Stimme zeigte Sänfte aber ich schlug das Angebot ab. Ich würde seine Bandkollegen schon genug im Sommer nerven, das wollte ich jetzt nicht auch noch tun. So legten wir auf und ich begab mich in meine Wohnung. Ich klappte meinen Laptop auf. Ich suchte überall nach Jobs, doch es waren entweder nur Ausbildungsberufe oder Putzjobs zur Auswahl. Ich sehe meine Zukunft als Hartzerin schon vor mir, dachte ich.

Die weiteren Tage verbrachte ich mit Schlafen und letztendlich entschied ich mich dafür bei meinem Bruder, in's leere WG-Zimmer einzuziehen. Ich könnte die Miete für meine Wohnung so oder so nicht länger aufbringen - auch wenn es nur eine 2-Raumwohnung war, und Henning unterstützte mich wo er nur konnte.

Ich hoffte sehr noch irgendwas von Felix zu hören, da ich ihm doch auch meinen Namen verriet hoffte ich auf irgendein Zeichen, aber er war anscheinend doch zu beschäftigt mit seinem Rockstarleben und hatte mich bestimmt schon längst vergessen.

''So, das war der letzte Karton, jetzt können wir erst mal Pause machen!'', Daniel, der weitere Mitbewohner von Henning schenkte mir ein Lächeln und ich nickte. Er half mir die Kartons ins neue Zimmer zu bringen.
''Ja, hast du Hunger?'' Bei seinem Anblick fiel es mir schwer nicht gleich einen Eimer voller Eiskaltem Wasser auf mich zu werfen, so heiß war der. Okay, ich übertrieb wahrscheinlich, aber nur ein ganz kleines bisschen. Ich musste wieder an Felix denken, er war auch heiß. Er hatte kein Sixpack und auch nicht diese perfekten vollen Lippen aber er war auf seine Weise hübsch, auf eine andere, ganz unerklärliche Weise. Oder machte ihn der Ruhm nur so attraktiv? Nein, daran lag es nicht. Er hatte diese blauen Augen, geziert von seinen leichten Augenringen, die eine gewisse Röte vorwiesen. Er hatte leichtes, fast unerkennbares Barthaar und mit seinem Lächeln könnte er Krebs heilen. Okay, was zum Teufel war mit mir los?
''Lynn? Alles okay? Du guckst so nachdenklich.'' Daniel riss mich aus meinen Träumereien. ''Ehh, ja, komm, lass uns Döner essen gehen.'' Gemeinsam machten wir uns in den Dönerladen eine Straße weiter. Daniel und ich kannten uns so lange wie Henning mein Bruder war. Ich schwärmte schon immer ein bisschen von ihm und Henning war das auch schon aufgefallen aber er warnte mich, dass ich ja nichts mit seinen Kumpels in eine Beziehung kommen sollte. Wir bestellten zwei Döner und Daniel gab mir einen leicht angeekelten Blick als ich genüsslich in meinen Döner samt Knoblauchsoße und Zwiebeln reinbiss.
''Boa, bist du eklig!'', er schmunzelte und biss ebenfalls in sein Essen.
''Wenn schon Döner, dann richtig!'', meinte ich nur. Ich hatte keinen Freund und ich würde auch nicht auf irgendwelche Partys gehen und Jungs abschleppen, dafür war ich viel zu schüchtern, also störte mich der Knoblauchgeschmack nicht im geringsten. Wir aßen beide auf und Daniel erzählte mir von seinem Job im Fitnesscenter und versuchte mich aufzumuntern. Irgendwie war es schon unangenehm, so ohne Job zu sein. Ich bezahlte unser Essen und wir machten uns zurück in die Wohnung. Ich schmiss mich in mein Bett und schloss meine Augen. Dort verfiel ich einem langen und erholsamen Schlaf.

--- Dieses Kapitel ist etwas langweilig, i know. Aber wie schon erwähnt ist bei mir momentan viel los und ich verfalle so langsam in eine Schreibblockade, wenn ihr wisst was ich meine. Ich hab zwar eine Idee für die Story aber sie umzusetzen ist ein bisschen schwierig. Ich hoffe ihr habt Geduld und wartet bis die spannenderen Kapitel kommen, bis dann, buenos nachos Amigos, ich versuche jetzt täglich zu posten!

The only exception // Felix Brummer (Kraftklub)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt