Ich dusche manchmal, nackt.

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  Augen auf. Augen zu. Augen wieder auf. Wo war ich? Das war weder mein Zuhause, noch das Zelt auf dem Festivalgelände oder der Ort an dem ich mich vor knapp zwei Monaten befanden hatte. Neben mir: Ein Fahrrad. Okay, warum musste ich immer neben komischen Gegenständen aufwachen? Ich drehte mich zur anderen Seite, Felix schlief noch. Er hatte seinen Mund leicht offen und ich konnte sein schweres Atmen hören. Er war so wunderschön. Ich bemerkte, wie er seine Augen ebenfalls öffnete. Leicht verträumt blickte er zu mir.
''Wie lange starrst du mich schon so an?'' Wir mussten beide Grinsen.
''Seit 2 Stunden ungefähr. Bei deinem Anblick wird einem doch nie langweilig.'', ich versuchte zu Lachen doch meine eigene Lache war viel zu laut für meinen Kopf. Wie viel hatte ich gestern getrunken?
''Geht's dir gut?'', seine Stirn war gerunzelt aber ich nickte zur Versicherung.
''Abgesehen von den höllischen Kopfschmerzen, ja, schon.''
''Nein, das meine ich nicht. Du hast gestern echt viel getrunken, nachdem du kurz draußen warst, warst du wie verändert. Wir haben uns alle echt Sorgen gemacht.'', er sah mich verunsichert an aber ich konnte ja schlecht die Wahrheit sagen.
''Mir war einfach nach feiern, mach dir mal keine Sorgen, Biene Brummer!'' Jemand sollte mir mal einen Award für meine Spitznamen geben.
''Biene Brummer? Ernsthaft, Lynn?'' Ich nickte und wir verfielen beide in ein lautes Gelächter.
''Lass uns aufstehen und was lustiges machen.'', schlug ich vor. Doch Felix umklammerte mich mit einem Arm und es gelang mir nicht, mich aus seinem festen Griff zu befreien.
''Neeeeeein, noch fünf Minuten.''
''Och Bienchen!'' Doch ich ließ es zu und wir beide blieben noch etwas länger im Bett. Natürlich blieben wir länger als fünf Minuten, da Felix kurz darauf wieder einschlief und es mir überhaupt nichts ausmachte, so neben ihm liegen zu bleiben.

Nachdem wir gefrühstückt hatten und Felix mir erklärte, dass er hier eigentlich mit Karl wohnt, doch der momentan kaum zu Hause wäre, weil er eine Freundin hätte und, dass er mich nach Hause getragen hat, weil ich voll gesoffen war, beschloss ich zu Duschen. ''Kann ich duschen?''
''Ob du das kannst, weiß ich nicht.'', Felix fing an zu lachen.
''Wow, echter Lehrerwitz, den du da gerissen hast!'', doch auch ich stimmte mit ein. Obwohl es eigentlich überhaupt nicht lustig war.
''Bitte, wie kannst du nur meine Witze mit den Witzen von Lehrern vergleichen? Das ist eine Diskriminierung meiner Kunst. Aber ja, das Bad ist gerade aus, letzte Tür, rechts. Handtücher solltest du eigentlich finden, ich geb dir noch ein paar Sachen von mir, dein Rucksack ist bei Steffen, der hat unser Zelt mitgenommen, da waren auch unsere Sachen drin.''

Ich nickte und Felix drückte mir ein paar Sachen zum Anziehen in die Hand. Ich zog mich aus und ließ das nasse, warme Wasser über mich laufen. Duschen half mir immer, wenn es mir schlecht ging oder ich traurig war. Ich hörte, wie sich die Badezimmertür öffnete.

''Lynn, sorry aber ich muss echt mal pissen.'', typisch Felix. Hätte er das nicht früher machen können? Ich stellte das Wasser ab. ''Schon wieder fertig. Soll ich dir die Haare ein shampoonieren?'', witzelte er.
''Klar, komm rein.'', eigentlich war das ein Witz, doch nur zwei Sekunden später stand ein nackter Felix vor mir. Normalerweise wäre mir sowas total unangenehm, aber ich sah es locker.
''Ich hoffe, es macht dir nichts aus nach Männershampoo zu riechen...'', er präsentierte mir sein Duschgel und ich grinste.
''Nee, hau rauf.''

Ich drehte mich um und Felix fing an ganz sanft meine Haare einzuschäumen.
''Was hast du an deinem Rücken gemacht? Ist das noch wegen dem Baumhaus?'', fuck, das hatte ich ja total vergessen. Der blaue Fleck zierte immer noch meinen Rücken. Jetzt bloß nicht auffallen.
''Ja, aber halb so wild, da spürt man gar nichts.''Gut, Felix schöpfte keinen Verdacht. Wenn Felix auch nur irgendetwas davon wüsste, dann würde es Henning bestimmt 2 Minuten später wissen und der würde Daniel dann so richtig fertig machen. Henning war schon immer ein guter Beschützer. Damals hatte er sich sogar selbst ein blaues Auge eingefangen, nur weil er mich vor einem Typen aus meinem alten Jahrgang beschützen wollte. Ich musste mir immer wieder dumme Kommentare von ihm anhören, irgendwann bemerkte das auch Henning und machte ihn fertig. Ich weiß, auf den ersten Blick sieht er nicht wie ein 'Schlägertyp' aus, aber er weiß wie man sich verteidigt.

''Fertig! Warte, ich mach das Wasser an.'', selbst das Ausspülen erledigte Felix für mich. Ich drehte mich mit dem Gesicht zu ihm und er stoppte das Wasser.
''Hast du sehr gut gemacht, Bienchen!''


Felix's Sicht.
Wie konnte man nur so schön sein? Ich fühlte mich wie ein pubertierender 16-jähriger, der zum ersten mal Sex hatte und noch nie zuvor Brüste gesehen hat. Von all den Leuten die ich bis jetzt in meinem Leben sehen durfte, war sie mit Abstand die Hübscheste. Nun standen wir da, beide nackt und nass und starrten uns in die Augen. Mein Herz raste. Sie gab mir dasselbe Gefühl, wie das, was ich habe, kurz bevor ich auf die Bühne gehe. Ein Kick aus Adrenalin und Wärme. Langsam beugte ich meinen Kopf hinunter und legte meine Lippen auf ihre. Ihre Lippen fühlten sich sanft an und es schmeckte nach dem Duft tausender Rosen. Langsam tippte ich mit meiner Zunge auf ihre Unterlippe und sie gewährte mir Einlass. Ein sanftes Stöhnen ertönte aus ihrem Mund und ich wollte nur, dass dieser Moment für immer anhielt. Wir hielten unsere Augen geschlossen und nach einer Weile lösten wir uns aus dem Kuss. Mein Herz hörte nicht auf zu Rasen und wir sahen uns wieder in die Augen.
''Felix, ich -'', gerade als sie etwas sagen wollte, konnte man die Klingel hören. Scheiße, warum gerade jetzt? 

  Ich schnappte mir ein Handtuch, band es mir um den Bauch und öffnete die Tür. Es war Steffen, wer sonst? Wir gammelten immer zusammen rum.

''Steffen, das ist gerade ein schlechter Zeitpunkt.'', ich versuchte so leise wie möglich zu reden.
''Warum? Guckst du einen Porno?'', wir beide grinsten. Wir fanden unlustige Sachen wie diese, total lustig.
''Nee, so ähnlich..'' Gerade in diesem Moment kam Lynn aus dem Bad.
''Hi Steffen. Felix, hast du einen Föhn?'' Im Gegensatz zu mir, war sie aber gekleidet. Sie trug mein 'Kakkmaddafakka'-Shirt und sah unglaublich gut aus.
''Ja, unten im letzten Schubfach müsste einer sein.'' Da Karl zwischenzeitlich lange Haare hatte und meinte es 'sehe männlicher als meine Halbglatze' aus, hatten wir glücklicherweise noch einen Föhn. Von wegen Halbglatze! Ich habe lediglich, helles, blondes Haar, was man nicht so gut erkennen kann. Sie nickte und ging zurück ins Bad.
''Ahh, ich verstehe.'', Steffen meldete sich wieder zu Wort und zwinkerte mir zu. ''Sowas ähnliches..'', er äffte mir nach.
''Ja, hast du unsere Sachen vom Festival dabei?'', ich lehnte mich gegen den Türrahmen.
''Sind noch bei mir. Kommt ihr heute ins Atomino?'' 

Das Atomino war ein kleiner Club, dem meinem Vater gehörte. Wir sind da sozusagen ''erwachsen geworden'' und haben viele Erfahrungen gemacht.

Ich stimmte zu.

The only exception // Felix Brummer (Kraftklub)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt