Ich bin nicht Robert Smith

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Zwei bittere Tage. Dann war's das vielleicht für immer. Ich wollte nicht daran denken.
''Habt ihr hier sowas wie einen alten Buch- oder CDladen?'', Lynn starrte aus meinem Fenster. Vor ihr; eine der vielen hässlichen Chemnitzer Straßen.
''Ja, drei Straßen weiter ist einer, warum?'', ich kratze mich am Hinterkopf und erntete ein riesen Grinser von ihr.
''Lust auf ein Date zu gehen?'', sie stand auf und ich nickte. Ich erzählte ihr, dass Steffen ihre Sachen bereits vorbeigebracht hatte. Man, der war vielleicht sauer auf mich, als er erfuhr wie dumm ich Lynn und Tilli angemacht hatte. Um ehrlich zu sein, war er mehr sauer wegen Till. Wahrscheinlich dachte er nur, Lynn sei eine weitere Freundin, die ich für zwei Wochen oder drei Tage hätte und dann den Kontakt abbrach. Aber sie war anders. Noch nie hatte mich ein Mädchen nach 'nem Date gefragt. Sowas musste dann immer ich machen und meistens war es nicht gut genug. Sie erklärte mir, was sie vorhatte und ich war begeistert von der Idee. Wie kam man nur auf sowas? Wahrscheinlich hatte es ein Exfreund mit ihr schon mal gemacht, oder sie war einfach nur kreativ.
Wir gingen also in diesen alten Musik und Bücherladen, könnte was für Berliner Mädels sein. Vintage und so. Lynn war auch begeistert davon, es war so süß wie sie ihre Augen glänzten, wenn sie sich freute. Ich verbrachte hier mit ein Teil meiner Kindheit. Mein Vater kaufte in diesem Laden die Platten für den Club und ich begleitete ihn oft dabei. Wir liefen an den Regalen des Ladens vorbei, sie durchsuchte CD für CD, Buch für Buch. Auch ich kramte die CD's raus, gutes Zeug hier; Florence + the Machine, Arctic Monkeys, Kakkmaddafakka, sogar das alte Sidoalbum, das ich hauptsächlich in meiner Jugend hörte.
''Guck mal, Felix!'', sie zeigte mir stolz unser Album, das auch hier im Laden vertreten war.
''Da siehste' mal, mit wem du es hier Zutun hast!''
''Oh wow, mega Star! Wo sind die Paparazzis? Und die Villa?'', wir mussten lachen. Unser Humor war echt bekloppt aber endlich konnte ich ihn mit jemand anderem teilen.
Ich konnte mich für kein Album entscheiden. The Smiths, Hives, Oasis oder doch Sido? Man, mein Musikgeschmack war echt zu gut für diese Welt, deshalb war die Auswahl besonders schwer. Unser Plan war es, für den jeweils anderen ein Buch und eine CD auszusuchen, Die CD würden wir heute Abend beim Essen oder so hören und das Buch würden wir lesen, während wir voneinander entfernt wären. Und irgendwann würden wir uns wieder sehen und uns davon erzählen. Ich las nicht so oft, obwohl die Filme meist schlechter als die Bücher waren, aber es brachte mir Hoffnung, sie bald wieder sehen zu können. Außerdem würde ich sie bald besuchen kommen, ich hatte es ihr versprochen.
Ich ging weiter zu den Bücherregalen und war verzweifelt. Welche Bücher lesen Mädchen denn so? Keine Ahnung. Romeo und Julia? Zu kitschig. Ich hab's. Ich nahm ein Buch, dass ich in meiner Kindheit las.
''Billy Elliot? Sido! Mega.'', wir standen vor dem Buchladen und präsentierten unsere Einkäufe.
Sie gab mir eine CD mit der Aufschrift 'A Fever You Can't Sweat Out', noch nie gesehen. ''Panic at the Disco, sind voll toll!'', sie stupste mich leicht an und lächelte. Ich musterte ihr Gesicht und konnte meine Freude nicht verbergen. Sie war so, so schön.
''Und? Felix?'', sie riss mich aus meinen Gedanken.
''Kenn' ich nicht'', ich zuckte mit den Schultern doch staunte nicht schlecht. Das Buch war von Stephen Chbosky und trug den Namen 'Vielleicht lieber morgen'. Hörte sich gut an.
''Wollen wir uns was zu Essen kaufen und zu mir mitnehmen?'', ich hob eine Augenbraue und sie nickte. Wir entschieden uns für Chinesich und waren so 15 Minuten später wieder in meiner Wohnung. Es war schon spät und wir machten uns in meiner Küche breit. Aber nicht wie normale Menschen, die sich an den Tisch setzen, nein, wir setzten uns auf den Boden. Daneben mein alter CD-Player. Wir hörten zuerst meine Sido-CD und ich rappte wie ein Profi mit.
''Doch im MV scheint mir die Sonne ausm Arsch, in meinem Block weiß es jeder: Wir sind Stars! Hier kriege ich alles - Ich muss hier nicht mal weg, hier hab ich Drogen, Freunde und Sex.'', ich stand auf und fuchtelte wie verrückt mit den Händen rum, während ich lauthals mitsang.
Lynn verschluckte sich fast vor Lachen an ihren Nudeln und ich konnte nicht anders als sie wieder zu küssen. Es war wie eine Art Droge von der man nach nur ein mal nehmen süchtig wurde. Sie erwiderte den Kuss und stellte ihre Nudeln zur Seite. Romantisch. Danach legte sie ihre Hände auf meine Wangen und es wurde immer intimer. Im Hintergrund lief nun 'Maske' von Sido und ich muss sagen, das war irgendwie mega komisch. Doch wer wollte schon nicht zu gutem Deutschrap rummachen? Ich spürte, wie sich eine Beule in meiner Hose bildete und zog Lynn's Shirt aus. Meins folgte kurz darauf. Wir küssten uns immer leidenschaftlicher und leises Gestöhne entfloh aus unseren Mündern. Langsam machte ich meinen Weg runter zu ihrem Hals, an dem ich langsam und sanft saugte, sodass sich ein roter Fleck bildete. Wir ließen uns von unseren Gefühlen treiben und taten es einfach so, mitten auf dem Küchenboden. Es war leidenschaftlicher als alles andere, was ich je erlebt hatte. Scheiß auf Maxim's Wette, ich liebe dieses Mädchen. Mehr als alles andere, was ich je zuvor geliebt hatte.


Lynn's Sicht
Wow. Ich schnappte nach Luft, das war, im wahrsten Sinne des Wortes, atemberaubend. Ich hatte kein Problem mit jemanden zu schlafen, wenn keine Gefühle im Spiel waren aber hier waren definitiv viele, sehr viele Gefühle. Es machte mir Angst, mich zu verlieben. Mein Herz jemand anderem zu überreichen und es dann nie wieder bekommen zu können. Bis jetzt hatte ich nur einen Freund, die Beziehung hielt einige Jahre und die Trennung war eine völlige Katastrophe. Er liebte mich nicht mehr, einfach so. Zack. Bum. Sowas konnte ich nicht wieder durchmachen, es war die reinste Hölle. Wir entschieden uns in Felix' Bett zu legen, weil der Küchenboden unbequem war. Nun lagen wir da, immer noch nackt und ich war immer noch fasziniert. Ich kuschelte mich an seine Brust und hörte seinen Herzschlag.
''Ich kann deinen Herzschlag spüren'', sanft flüsterte ich es gegen seinen Oberkörper.
''Es schlägt nur für dich'', während er lachte, spürte ich seinen Brustkorb beben und es tat gut, dieser Humor. Ich würde niemals eine Beziehung haben wollen, in der man nach solchen Situationen nicht scherzen konnte. Er umschlang meinen Körper fest mit seinen Armen und zeichnete leise Kreise mit den Fingerspitzen auf meinen Rücken.
''Ich will nicht, dass du gehst..''
''Und ich will nicht gehen.''
''Dann bleib doch bitte hier. Du kannst auch hier einen Job finden.'', darum ging es nicht, nein. Ich müsste so bald wie möglich eine Chemotherapie machen und mich mit dem Krankenhaus in Köln in Kontakt setzen. Felix wusste es ja noch gar nicht und ich wollte es ihm auch nicht unter die Nase drücken. Nicht jetzt, nicht hier, nachdem wir Sex hatten. Was ist, wenn er eigentlich gar nichts für mich empfindet? Wir hatten sowas noch nie ausgesprochen.
''Ich kann nicht..'', wir befreiten uns aus unserer Liegepostion und setzen uns aufrecht hin. Nervös spielte Felix mit seinen Händen rum, ich starrte wieder mal aus dem Fenster. Es war so schön hier, die Laterne leuchtete nun.
''Ich mag dich, Lynn. So ganz allgemein..'', er stotterte leicht. Wollte er mir jetzt sagen, dass der Sex ein Fehler war? Ich hatte Angst. Er schluckte kurz. ''Dass ich dich mag, heißt nur, dass ich nicht weiß wie man das anders sagt... Ich ehm, ich mag dich einfach weil du was besonderes bist. Weil du anders als die anderen bist.. Wenn du verstehst was ich meine?''
Ich verstand es, oh ja. Erleichtert atmete ich aus und unsere Lippen vereinten sich zu einem Kuss. ''Ich mag dich auch Felix. So sehr.''

The only exception // Felix Brummer (Kraftklub)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt