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Wir sitzen noch eine Weile am Boden, Ians Arme ruhen noch eine Weile an meinem Körper. Matty ist irgendwann weggegangen, um kaltes Wasser über seine Hand laufen zu lassen.
Woher weiß mein Ex, der Vollidiot überhaupt, dass ich wieder zuhause bin?
Meine Mutter ruft gegen 12 an, um uns mitzuteilen, dass sie bei ihrer Freundin übernachtet. Es ist schließlich Freitag und morgen muss sie nicht arbeiten. Ich habe jegliches Zeitgefühl verloren, in der Klinik wusste ich nie welcher Tag es war.
Anfangs hatte ich es noch gezählt, aber irgendwann aufgegeben.
Ian und Steven haben beide beschlossen hier zu übernachten. Sie kennen Matty mittlerweile gut und wissen, dass er noch sehr wütend ist.
Wir sitzen bis spät in der Nacht bei Matty. Ich habe Angst in mein Zimmer zu gehen, da sich dort alles abgespielt hat. Das Zimmer schreit mir ins Gesicht. Drogen, Drogen, Drogen.
Ob es noch gleich aussieht? Ob meine Drogenverstecke noch nach Gras riechen?
"Bist du nicht müde, Ava?", fragt Steven gähnend.
Ich zucke mit den Schultern.
"Du willst nicht in dein Zimmer, stimmts?", murmelt Matty kurz darauf.
Er kennt mich gut. Ich nicke.
"Wir können zusammen darin schlafen. Wir können aber auch zu viert hier schlafen.", schlägt Matty vor.
Ich lache verlegen und auch ein wenig ängstlich. So ein scheiß, was ist nur aus mir geworden.
"Wir können auch in deinem Zimmer schlafen und du und Matty schlaft hier bei ihm.", schlägt Ian vor.
Das hört sich ganz gut an. Ich nicke, wir wünschen Steven und Ian eine gute Nacht und lassen sie in mein Zimmer gehen. Vielleicht riecht es danach nicht mehr nach Drogen, sondern nach den Beiden. Es ist zwar unlogisch, dass es nach einem Jahr noch nach Drogen riecht, aber ich stelle es mir vor.
Da Matty und ich zu faul sind meine Sachen zu holen, gibt er mir ein großes Tshirt von ihm.
Ich ziehe mich aus und spüre seinen Blick auf mir. Er läuft zu mir und fährt mir über die Einstichnarben an meinem Arm. Dann fährt er mir über den Bauch. Ich bin sehr dünn geworden, ich habe nicht viel gegessen.
"Ich erkenne meine kleine Schwester nicht mehr.", murmelt er und starrt mich weiterhin an.
Leidend guckt er mir dann in die Augen. Es tut weh ihn zu sehen und noch mehr tut mir weh, dass es meine Schuld ist. Nur wegen mir leidet er so.
Ich lege meine Arme um ihn und drücke ihn an mich. Er schließt vorsichtig seine Arme um mich und atmet dann tief ein und aus. Er will weinen, aber nicht vor mir.
Danach ziehe ich meinen Bh aus und ziehe sein Shirt über meinen Kopf.
Er zieht sich ebenfalls bis auf die Boxershorts aus und legt sich dann ins Bett. Es kommt mir so vor, als wären wir ein Paar. Denn er legt seine Arme um mich und kuschelt sich an mich. Ich bin froh, dass wir so eine gute Beziehung zu einander haben. Den meisten Geschwistern geht es nicht so.
"Nimm mir nicht die Decke weg, alter!", hören wir Steven aus meinem Zimmer schreien und fangen zu lachen an.
Irgendwann, als ich Mattys beruhigenden, gleichmäßigen Atem höre, schlafe ich dann auch endlich ein.
Die verkackten Sonnenstrahlen wecken mich. Warum vergisst Matty auch die Rollläden hinunter zu lassen? Vollpfosten.
Genervt lege ich meinen Arm vor meine Augen, damit es dunkler wird. Aber ich bin schon wach, weshalb das nichts bringt. Also setze ich mich auf und wische mir die zerausten Haare aus dem Gesicht. Mein Blick wandert zu Matty, welcher auf dem Bauch liegt und seelenruhig schläft. Wie kann man bitte auf dem Bauch schlafen?
Sein Wecker zeigt mir an, dass es halb elf ist. Das erste Mal seit Langem, dass ich ausgeschlafen habe. Sonst wurden wir immer um sieben geweckt.
Ich beschließe, dass es nun auch für Matty Zeit zum Aufstehen wird und werfe mich daher auf ihn. Er stöhnt genervt auf.
"Verpiss dich, Ava.", murrt er in sein Kissen.
Ich hüpfe weiter auf ihm herum, bis er mich einfach zur Seite wirft. Leider nicht zu der Seite, wo ich lag, weshalb ich nun unsanft auf dem Boden lande.
"Idiot.", rufe ich ebenso genervt und höre ihn in sein Kissen lachen. Er setzt sich nun auch langsam auf und zieht mich dann vom Boden hoch.
"Wird Zeit, die Jungs zu wecken, findest du nicht auch, Schwesterherz?"
Er schmunzelnd und ich stimme seinem Vorschlag begeistert zu. Dann fällt mir ein, sie sind in meinem Zimmer. Matty steht auf und guckt mich abwartend an. Er streckt mir seine Hand hin, welche ich dankend annehme.
Vor der Türe laufe ich einen Schritt nach hinten. Ich kann das nicht, ich werde wieder abrutschen, ich werde wieder in die Klinik kommen, ich werde sterben.
Ich laufe immer weiter nach hinten, bis ich mit dem Rücken an der Wand anschlage.
"Ava, es ist nur ein Zimmer. Dir passiert dort nichts. Außerdem haben wir den Schreibtisch, wo du sie versteckt hast, extra durch einen Neuen ersetzt."
Das hilft mir unglaublich. Und ebenfalls hilft mir, dass er das Wort Drogen nicht ausspricht. Nun schreit mein Zimmer nicht mehr ganz so laut.
Wir laufen gemeinsam also wieder näher zur Tür und diesmal mache ich keinen Rückzieher. Ich lege meinr Hand an die Klinge und- ich stocke.
Ich will weglaufen, aber Matty steht direkt hinter mir. Das macht er mit Absicht. Also atme ich noch einmal tief durch und drücke die Klinge nach unten. Das Zimmer ist hell, sie haben die Rollläden ebenfalls nicht runter gelassen.
Eigentlich würde es mich stören in meinem Zimmer zu stehen, aber der Anblick, der sich mir bittet, ist dafür einfach zu witzig.
Ian liegt mit der Decke am Boden und schläft wie ein Baby. Steven liegt komplett ausgebreitet auf meinem Bett. Ich beschließe, mir Steven vorzunehmen, Matty entscheidet sich für Ian.
Wir zählen leise bis drei und gleichzeitig gehen wir auf sie los. Ich springe mit voller Kraft auf Steven und liege ganz auf ihm. Er schlägt erschrocken um sich und trifft meine linke Titte. Kleiner Perversling.
"Alter Ava. Was ist denn bei dir schief?", ruft er genervt.
Von Ian hört man nichts, ich glaube Matty hat ihn erdrückt. Langsam steige ich von Steven und gucke zu Matty und Ian. Das was ich sehe, überrascht mich wirklich.
Denn sie liegen seelenruhig nebeneinander und küssen sich.
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Clean
Teen Fiction"Du bist clean, Ava." "Ich hab' schon bessere Witze gehört." Diese Geschichte widme ich meinem Lieblingsbuch meiner Lieblingsautorin: Schnauze Alien.