Die Kleider meiner Mutter

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Ich erinnere mich noch an Mattys Exfreundin. Sie war blond, dünn und großbusig gewesen. Fast wie die Nutte von meinem Ex, dem Vollidioten.

Seit wann ist er schwul? Oder war er das schon immer gewesen und ich habe es nie gewusst? Wieso hat er mir das nie erzählt? Ich bin seine Schwester.

Ich luge übers Bett und beobachte sie. Ian bemerkt mich zuerst und zuckt erschrocken zusammen. Matty guckt ihn verwirrt an, bis er mich auch bemerkt. Schnellchecker.

"Na, Turteltäubchen.", schnalze ich.

"Ava, ich kann das erklären.", bringt mein Bruder heraus.

"Was? Dass du schwul bist oder wie du so einen verdammt heißen Freund gefunden hast?"

Erleichtert lacht er auf, mit sowas hat er nicht gerechnet.

"Ich wollte es dir noch erzählen, aber habe irgendwie nie den richtigen Zeitpunkt getroffen."

Jetzt wurde mir auch klar, warum es ihn null interessiert hat, dass ich fast nackt vor ihm stand. Klar er war mein Bruder, aber ein dummer Kommentar wäre sonst definitiv drin gewesen.

"Weiß es Mum?"

Er nickt.

"Seit wann weißt du es?"

Sie setzen sich auf, damit wir auf Augenhöhe sind.

"Ich habe Ian beim Fußball gesehen und ihn nicht mehr aus meinem Kopf bekommen. Als ich dann in der Gemeinschaftsdusche einen Ständer wegen seinem nackten Hintern bekommen hab, hab ichs gewusst."

Okay, das hab ich mir definitiv süßer vorgestellt.

"Und wie lange seid ihr schon zusammen? Los, hau die ganze Story raus. Mama Ava ist neugierig." Ich setze mich auf und gucke die beiden gespannt an. Steven legt sich neben mich und guckt die beiden ebenfalls an. Ach komm, der weiß das doch eh schon alles.

Mein Bruder guckt zu Ian, der nun anfängt zu reden.

"Seit knapp 4 Monaten. Wir sind nach dem Fußball mal zusammen nachhause gelaufen. Mein Ex hat mich dann angerufen und ich hab mich schrecklich aufgeregt. Ab da wusste dein Bruder, dass ich schwul bin. Er hat mich gefragt, ob ich Lust habe, mal mit ihm ins Kino zu gehen."

Mein Bruder lächelt und ich sehe ihm an, dass er wirklich verliebt ist. Wie konnte ich das davor nicht bemerken?

"Wir hatten mehrere Dates, haben uns dann geküsst und dann hat er mich gefragt, ob ich mit ihm zusammen sein will.", beendet Ian seine kleine Rede und guckt dann zu meinem Bruder.

Sie strahlen sich beide an. Oh Gott, ist das kitschig.

"Das ist so süß, dass ich gleich kotzen muss.", meine ich.

Sie lachen und ich weiß, dass Matty überglücklich ist, weil ich ihn so akzeptiere, wie er ist.

Man, dabei ist Ian voll mein Typ. Schon klar, dass die besten immer schwul oder vergeben sind. Und in diesem Fall beides.

"Sag jetzt aber nicht, dass du auch noch schwul bist.", wende ich mich an Steven, welcher lachend den Kopf schüttelt.

Gott sei Dank, eine kleine Chance für mich.

"Oho, Interesse?", stichelt Matty und bekommt dafür mein Kissen gegen den Kopf.

Nun sitze ich schon seit einiger Zeit in meinem Zimmer und es fühlt sich okay an. Ich weiß, dass ich noch nicht dort schlafen kann, aber das ist doch schon einmal ein Anfang.

"Wollen wir heute etwas unternehmen?", fragt Ian in die Runde.

Ich gucke die Jungs neugierig an, da ich nicht weiß, ob sie auch mich damit meinen.

"Ich hab Bock auf den Skaterpark.", meint Steven.

Die Jungs sind sich ziemlich schnell einig und beschließen in den Skaterpark zu gehen. Dort war ich auch schon. Hab da mal einen Joint geraucht, mehr aber auch nicht.

"Kommst du mit?", fragt Steven mich.

Fragend gucke ich zu Matty, welcher nickt, weshalb ich auch nicke.

Wir gehen nach unten und frühstücken gemeinsam. Dann gehen Matty und ich duschen, die Jungs ziehen sich daweil schon um.

Ich laufe mit dem Handtuch um meinen Körper zu meiner Tasche mit den Klamotten.

"Zieh doch lieber etwas anderes an.", schlägt Matty hinter mir vor. Fragend gucke ich ihn an.

"Ich hab nichts anderes."

Er grinst und läuft zu meinem Zimmer. Er deutet mir an, ihm zu folgen, was ich dann auch tue.

Er öffnet den Schrank, in welchem sich unheimlich viele Kleider befinden.

"Mum hat dir alle zwei Wochen ein Kleid gekauft.", meint er lächelnd.

Wow, mit sowas habe ich wirklich nicht gerechnet. Aber wieso tut sie sowas? Ist sie zu fett geworden und kauft deswegen mir sowas? Oder will sie eine menschliche Ankleidepuppe haben? Ich sollte sie mal fragen.

Matty zieht ein weißes, luftiges Kleid aus dem Schrank. Es ist Sommer, also ist es warm genug draußen.

"Ich glaube nicht, dass mir sowas steht, Matty.", gebe ich zu.

"Und ob dir das steht. Außerdem weiß ich sowas, ich bin schwul.", gibt er zurück und wir fangen beide zu lachen an.

Also ziehe ich mir ein Höschen und einen Bh an und ziehe dann das Kleid über.

Gespannt gucke ich Matty an.

"Da werd ich glatt wieder hetero.", scherzt er und bringt mich somit zum Lächeln.

In dem Moment wird mir klar, dass ich mir nun mein Leben lang solche dummen Schwulenkommentare von ihm anhören darf.

"Föhn dir deine Haare ein wenig. Den Rest können wir Lufttrocknen lassen.", fordert er mich auf.

Ich laufe also ins Bad und geh erst einmal pinkeln. Verdammt musste ich dringend. Dann föhne ich meine Haare, bis sie nicht mehr tropfen.

Ich gehe durch den Medizinschrank meiner Mutter und finde ihre Schminke. Früher habe ich mich oft geschminkt, seit der Klinik kein einziges Mal mehr.

Aber auch heute lass ich es und laufe mit leicht feuchten Haaren aus dem Bad.

Die Jungs warten bereits auf mich und sind überglücklich, als ich endlich fertig bin.

"Schönes Kleid.", meint Steven, als ich die Treppe hinunter laufe.

"Ahaaaa, wird da jemand rot?", ruft Matty.

"Schnauze.", gebe ich zurück und ziehe mir Schuhe an. Ich nehme meine Converse, diese hatte ich seit Ewigkeiten nicht mehr angehabt. In der Klinik hatte ich nur ein Paar dabei gehabt, Mum hat mir auch keine anderen mitgebracht.

Die Schuhe lassen mich zwar nicht mehr so elegant aussehen, aber wer will für den Skaterpark schon schick sein.

Matty schnappt sich zwei Boards und reicht eins Ian. Steven hat sein Longboard dabei. Da ich keins davon fahren kann, beschließe ich nebenher zu laufen, aber damit sind die Jungs nicht ganz einverstanden.

Da ich aber auf keinen Fall fahren will, einigen wir uns irgendwann darauf, dass ich auf Stevens Longboard sitze und er mich anschubst. Ziemlich fair, finde ich.

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