Das Wachlecken

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Glücklicherweise hat sich Steven nicht für einen all zu schlimmen Film entschieden.

Nun sitzen wir vor dem Fernseher und gucken 22 Jumpstreet. Ehrlich gesagt ist das keine so schlechte Wahl, da ich da doch ein wenig Channing Tatum sehen kann.

Mum kommt während dem Film nachhause, aber interessiert sich nicht wirklich für uns. Sie grüßt uns, schnappt sich ein paar kalte Nudeln und geht dann auch ins Bett.

"Lust eine zu rauchen?", fragt mich Steven, als der Abspann anfängt.

Ich nicke und wir laufen nach draußen. Es ist kühl und dunkel, so wie ich es liebe. Die Sterne leuchten am Himmel, als würden sie freudig darauf warten, ganz langsam und unglaublich groß zu explodieren.

"Warum starrst du so in den Himmel?", fragt er mich, während er mir eine dreht. Er ist auf Tabak umgestiegen, da das anscheinend billiger sein soll. Dafür aber auch viel aufwendiger und nerviger.

"Einfach so. Ich mag die Nacht."

Er lächelt und reicht mir die Zigarette. Ich warte, bis er seine auch fertig hat und zünde sie dann erst an.

"Ich auch.", murmelt er und bläst den Rauch in die kalte Nachtluft. Momente wie diesen würde ich gerne für immer festhalten. Ein Glas nehmen, uns darin einschließen und die Erinnerungen bewahren.

"Steven, glaubst du, wir sind irgendwann keine Freunde mehr?"

Die Frage ist total dämlich und ich bereue es sofort sie gestellt zu haben. Die meisten Jugendfreundschaften enden nach einiger Zeit und so wird es auch unsere.

"Höchstens nur, weil wir dann ein Paar sind.", antwortert er mir schulterzuckend.

Dann lacht er, aber ich weiß, dass er es ernst gemeint hat. Aber das ist schon okay so.

Wir gehen wieder nach innen und nun darf ich mir einen Film aussuchen. Da Harry Potter wegfällt muss ich ehrlich gesagt schon ein wenig überlegen. Im Endeffekt entscheide ich mich dann für die Kinder des Monsieur Mathieu. Der Film wird nie alt. Und da Steven ihn noch nicht gesehen hat, lernt er jetzt mal, was gute Filme sind.

Gerade als sie im Keller proben und ich mitsinge, platzt meine Mutter rein.

"Mach das verdammt nochmal leiser, Ava!", schreit sie mich wütend an.

Grimmig mach ich den Fernseher leiser, aber sie steht immer noch abwartend da.

"Sonst noch irgendwas?", frage ich sie mit hochgezogener Augenbraue.

Irgendwas scheint das in ihr ausgelöst zu haben, da sie jetzt komplett randaliert. Sie schmeißt ihre Zeitschriften vom Tisch und fängt an mich anzuschreien. Dass Steven daneben sitzt, ist ihr völlig egal.

"Mir reicht es langsam mit dir, junge Dame. Den Arsch reiß ich mir für dich auf und nur dein kindisches und trotziges Verhalten krieg ich als Dank zu spüren!", schreit sie.

Das kann man zwar auch in normaler Lautstärke sagen, aber da braucht wohl jemand seinen Auftritt.

"Ich hab dich nicht darum gebeten."

Im Gegensatz zu ihr bleibe ich ruhig, da es keinem hier was bringt, wenn wir uns gegenseitig anschreien. Aber sie beendet das Gespräch mit einer kurzen Bewegung. Meine Mutter schlägt mir mit der flachen Hand ins Gesicht und braust dann wütend ab.

Geschockt gucke ich ihr hinterher, aber bin eigentlich mehr geschockt, dass mich das überhaupt überrascht.

Steven sitzt erst ein wenig unbeholfen da und nimmt mich dann in den Arm. Ich weine, da es mich doch verletzt, dass sie mich so sehr hasst. Matty hat sie noch nie geschlagen. Nicht, dass das schlecht so ist, aber ich will einfach auch mal von ihr geliebt werden.

"Warum hasst sie mich so sehr, Steven?", schluchze ich in seinen Armen.

"Ich weiß es wirklich nicht.", gibt er zurück und damit habe ich meine Bestätigung, dass sie mich wirklich hasst und ich es mir nicht nur einrede.

Ich versuche möglichst schnell mit dem Weinen aufzuhören, da ich nicht will, dass sie sich nochmal beschwert geschweige denn handgreiflich wird. Wir schalten den Film aus und gehen so leise wie möglich hoch in mein Zimmer. Da ich schon umgezogen bin, leg ich mich einfach in mein Bett. Steven würde normalerweise bei Matty schlafen, aber er hat beschlossen mir diese Nacht Gesellschaft zu leisten, da er mich in dem Zustand nicht alleine lassen wollte.

Als ich über das gerade eben nachdenke, fange ich erneut zu weinen an. Erneut nimmt Steven mich in die Arme und versucht mich zu beruhigen. Seine nackte Brust beruhigt mich seltsamerweise sofort und ich werde schnell müde.

"Danke Steven.", murmle ich, kurz vorm einnicken.

"Ist doch selbstverständlich.", gibt er zurück und streicht mir dabei sanft über den Kopf.

"Hab dich lieb."

"Und ich dich erst.", gibt er zurück und kurz darauf schlafe ich ein.

Am nächsten Morgen werde ich von irgendwas an meiner Backe geweckt. Als würde ein Hund meine Backe abschlabbern. Ich zucke zusammen und reiße meine Augen erschrocken auf. Matty hockt vor mir und streckt seine Zunge aus dem Mund.

"Ist das dein scheiß ernst? Du leckst mich wach?", meckere ich ihn genervt an. Das klang jetzt irgendwie doch anders als gewollt.

Er zuckt nur mit den Schultern und kassiert von mir einen Schlag gegen den Kopf.

"Wer kommt denn auf so eine verblödete Idee? Ich meine, hast du nichts besseres zu tun, als deiner Schwester durchs Gesicht zu schlecken und sie vollzusabbern?"

Ich bin total angewidert, selbst wenn er mein Bruder ist.

"Nö.", gibt er zurück und kriegt nun mein Kissen ins Gesicht gehauen.

Mittlerweile bewegt sich auch Steven neben mir, wir haben ihn geweckt.

"Wer sabbert wen voll?", fragt er verschlafen und fährt sich durchs Gesicht.

"Matty hat mich wach geleckt, alter!", rufe ich genervt.

Ich ernte einen ziemlich entsetzten und auch leicht angewiderten Blick von Steven.

"Das klang jetzt falsch.", gebe ich zu.

"Definitiv.", gibt Matty nun seinen Senf dazu.

"Absolut.", kommt dann noch von Steven.

Unglaublich mit was für hirnverbrannten Holzköpfen ich hier meine Zeit verbringe.

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