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Mum ist mittlerweile wieder zuhause. Ihre seltsame Nettigkeit ist geblieben. Ich weiß nicht, ob es mich stört oder freut. Denn sie ist nicht sie selbst, aber sie schlägt mich auch nicht mehr. Mir ist alles lieber, als das.
Total fertig von den Drogen bin ich zu ihr runtergegangen, um sie zu begrüßen. Sie hat gemeint ich sehe müde aus und soll mich etwas ausruhen. Hoffentlich muss ich morgen nicht in die kack Schule.
Matty ist bei Ian, Mum und ich sind also alleine. Irgendwann wird mir klar, dass ich kein bisschen Stoff mehr habe und mir wahrscheinlich etwas besorgen sollte. Geld hab ich ja sowieso noch genug.
Ich gehe in Mattys Zimmer und hole mein Handy, wow. Es fühlt sich seltsam an und als ich es anmache, erschrecke ich mich vor dem seltsamen Ton. Es hat sogar noch Akku.
Viele Nachrichten von vielen Menschen sind darauf, aber ich ignoriere sie. Ich schreibe lediglich Tony, dass ich mich so schnell es geht mit ihm treffen möchte.
Mum sage ich, dass ich mich mit einer Freundin aus der Schule treffe. Dass ich dort jedem aus dem Weg gehe, außer Steven, meinem Bruder und Ian, muss sie ja nicht wissen. Naja, jetzt gehe ich wohl auch Steven aus dem Weg. Na toll, ich sitze fast überall neben ihm. Er ist so ein Idiot. So ein Schwachkopf.
Warum muss er so eine perfekte Freundschaft zerstören? Warum muss er Gefühle für so einen Gefühlskrüppel und Junkie wie mich entwickeln?
"Jo.", begrüßt mich Tony und zieht mich in eine kurze Umarmung. Er zieht das weiße Pulver raus, aber ich schüttle den Kopf.
"Willst du nichts? Wieso treffen wir uns dann?"
"Ich will etwas anderes."
Tony ist erstaunt, das seh ich ihm an. Ich habe normalerweise immer nur Koks bei ihm geholt. Gut, in meiner krassen Phase auch Heroin, aber er hatte das irgendwann nicht mehr, weshalb ich einen kalten Entzug durchmachen musste. In der Zeit hab ich bei Tony gepennt, damit es keinem auffällt.
"Und was willst du genau? Hab seit zwei Tagen wieder alles vorrätig. Ich hab jetzt sogar Badesalz, das ist so ein krasser Shit, ey. Aber das kostet ordentlich."
Mhm, das ist schon ein wenig krass. Ich hab davon gehört. Das wird anscheinend auch die Kannibalendroge genannt. Ein Mann, der auf dieser Droge war, hat einem anderen einfach ein Stück Arm abgebissen. Er ist komplett durchgedreht, alle Konsumenten tun das. Wenn man das nimmt, hat man sein Todesurteil unterzeichnet. Und ob ich das will, weiß ich nicht.
"Gib mir LSD und Crystal.", gebe ich nüchtern von mir.
Ich sehe ihn schlucken.
"Hey, ich weiß nicht, ob das so eine gute Idee ist. LSD, klar von mir aus. Aber willst du wirklich Crystal Meth? Da kommste nicht mehr raus."
Das ist mir egal. Heroin hatte ich schon, seit dem Entzig will ich es nicht mehr anrühren. Alles andere hatte ich auch schon. Warum also nicht?
"Dann hast du eine Kundin wie früher. Ist das nicht gut für dein Geschäft?"
Selbstverständlich überzeugt ihn das. Denn Geld ist nun mal Geld. Und Geld ist sowieso wichtiger als der Mensch, vorallem in der Drogenszene. Er reicht mir die Packung mit den kleinen süßen Pillen und dann die, mit den Kristallen. Diese klaren, durchsichtigen Kristalle, die mich zerstören werden. Eilig bezahle ich ihn und stecke das Zeug ein.
Er verschwindet schnell, da er schließlich noch andere Kunden versorgen muss. Da ich nicht das Material habe um Crystal zu nehmen, laufe ich in den Skaterpark zur Szene. Klar könnte ich es genauso wie Koks nehmen, aber darauf habe ich keine Lust. Entweder rauch ich oder spritz ich es. Wie ich gehofft habe, ist Jess da. Sie freut sich sofort mich zu sehen.
"Ave! Na Süße, was treibt dich her?"
Schnell komme ich zur Sache. Sie hat selbst nichts zu rauchen, aber eine frische Spritze und einen Löffel. Das Zeug hat sie erst heute geholt, es ist unbenutzt.
"Clean, oder?", meint sie, während wir zu ihr laufen. Sie hat eine sehr kleine Wohung mit zwei Freunden der Szene. Da ist klar, dass sie dort nicht rauskommt.
"So wie du."
Daraufhin lacht sie und ich sehe ihre gelben, kaputten Zähne. Egal wie abhängig ich bin, darum werde ich mich kümmern.
Es ist extrem dreckig bei ihr, ein Typ legt reglos am Boden, hoffentlich ist er nicht tot.
"Man, Mike. Ich hab gesagt du sollst einkaufen gehen.", motzt Jess und tritt den reglosen Haufen am Boden.
Der hustet und übergibt sich kurz darauf. Doch nicht tot.
Angewidert laufe ich mit in ihr Zimmer, das erstaunlicherweise echt sauber ist. Wir setzen uns auf ihre Matratze und bereiten alles vor.
"Willst du dann eigentlich auch?", frage ich sie.
Grinsend schüttelt sie den Kopf.
"Ne, ich halte nichts von Ice. Da bleib ich bei meinem guten, alten Heroin."
Dieses holt sie aus einer Ritze der Matratze und holt sich einen Löffel. Sie lässt mich zuerst die Spritze benutzen danach benutzt sie sie. Echt eklig.
Es fühlt sich an, als wäre ich zuhause, als ich die Kristalle auf den Löffel lege und sie verflüssigen lasse. Das ist so lange her. Und mit Crystal ist es sowieso ganz neu. Jess hilft mir meinen Arm abzubinden und befördert das Zeug in die Spritze. Sie bietet mir sogar an es zu spritzen, aber das mache ich lieber selbst.
Sofort wirkt es, das ist krass. Wow.
Noch nie hatte eine Droge eine so krasse Wirkung auf mich, nicht einmal Heroin. Ich fühle mich, als wäre ich unendlich. Als wäre ich alles und nichts. Das ist einfach unbeschreiblich.
Jess ist kurz ins Bad um die Spritze zu säubern, ich weiß nicht wie lange sie schon weg ist. Vielleicht eine Minute, vielleicht zwei Stunden. Allgemein hab ich keine Ahnung wie viel Uhr es ist. Aber das ist mir egal. Alles ist mir egal.
Die Droge erfüllt mich, sie nimmt mich ein, sie bereichert mich. So gut habe ich mich noch nie in meinem ganzen Leben gefühlt. Das ist unglaublich. Warum verzichtet man freiwillig auf sowas? Ich bin mir zu 100, ach was, 600% sicher, dass ich darauf nicht mehr verzichten werde.
Da wäre ich ja blöd.
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Clean
Teen Fiction"Du bist clean, Ava." "Ich hab' schon bessere Witze gehört." Diese Geschichte widme ich meinem Lieblingsbuch meiner Lieblingsautorin: Schnauze Alien.