KAPITEL Z W Ö L F
„Was ist los?",frage ich Alex leicht panisch. Dieser sieht nicht sonderlich gut aus. Sehr blass und müde. „Was ist passiert?"
„Sie mussten ihm den Magen auspumpen. Sie meinen, es wird ihm bald besser gehen. Aber seine Leber scheint schwer geschädigt zu sein. Außerdem ist das Jugendamt hier..."
Das Jugendamt? Wieso ist das hier? „Wieso das Jugendamt?",frage ich, alle Informationen prassel auf einmal auf mich ein.
Nachdem ich mich gezwungen habe noch einmal in die Toilette zu gehen um Nick Bescheid zu sagen, sind wir sofort zum Krankenhaus gelaufen. Es hat eine halbe Stunde gedauert ehe wir herausgefunden haben, wie wir dorthin kommen und wirklich ankamen. Ich habe Nick nicht mehr darauf angesprochen. Auch wenn ich vor Wut ihm am liebsten eine klatschen würde. Aber wie sagt man so schön? Gewalt ist keine Lösung.
„Die haben hier nach anderen Familienangehörigen gefragt. Und als sie erfahren haben, dass Papa das alleinige Sorgerecht hat, haben sie das Jugendamt angerufen. Die haben schon mit uns gesprochen. Wahrscheinlich wollen sie auch noch mit euch sprechen. Aber so wie es Aussieht, werden wir wahrscheinlich in Pflegefamilien gesteckt!",sagt Alex bitter. „Wenn wir Glück haben! Denn sonst stecken sie uns in ein Kinderheim."
Fassungslos sehe ich ihn an. Wie? Wie können die das machen? „Aber die kennen uns nicht! Die wissen nicht, warum Papa das macht! Und wieso können wir nicht zu Mama?"
„Michelle-" „Ja ich weiß! Die feine Dame ist sich zu fein dafür!" „Michelle..." „Nein, nimm sie nicht in Schutz! Diese Frau ist nicht mal zu Pauls Beerdigung gekommen! Sie ist so feige! Sie hat es nicht verdient 'Mutter' genannt zu werden." „Mila! Mama ist TOT!", platzt es ihm heraus. Dann verzieht er das Gesicht und fährt sich mit der Hand durch das Gesicht und wendet seinen Blick von mir ab.
„Was?",frage ich heiser. Der große Junge vor mir sieht mir in die Augen. „Sie ist tot...", flüstert er.
Aber? Aber? „Wie lange schon?" Hat sie sich deshalb nicht bei uns gemeldet? Weil sie tot war? Weil sie tot ist? „Sie hat uns verlassen und nie ihre Sachen abgeholt. Sie haben sie zwei Straßen von Kira's Wohnung tot aufgefunden. Michelle, wir wollten es dir nicht sagen, weil- weil-, weil wir dachten du würdest daran zu Grunde gehen."
„Ach und ihr denkt, dass ich besser dran war, zu denken, sie würde mich nicht mehr wollen. Nicht mehr als ihr Kind ansehen. Weißt du eigentlich was ich für einen Hass auf sie geschoben habe? Weißt du wie ich sie verabscheut habe? Und dabei kann sie nichts dafür. Sie ist tot! Und ich habe sie gehasst...SIE IST TOT!",immer mehr dringt die Information in mein Gehirn. Warum? Wieso haben sie mich leben lassen?
Eigentlich bin ich verdammt wütend auf Alex. Aber ich brauche ihn jetzt einfach. Und auch wenn ich am liebsten für mich alleine sein will, Papa liegt noch immer hier im Krankenhaus. Er lebt noch. Ich darf jetzt nicht trauern. Ich muss stark sein, für ihn.
Ich schließe die Augen, mir laufen die Tränen aus den Augen. Das darf nicht wahr sein. Wieso passiert das uns? „Wieso können wir nicht zu Tante Maddy und Onkel Mason?",frage ich und versuche einen klaren Kopf zu behalten. „Michelle, die ganze Familie von Mamas Seite aus, gibt uns die Schuld für den Tod an Mama. Sie wollen uns nicht. Für sie sind wir Mörder." Aber das kann ich mir nicht vorstellen. Wir haben eigentlich schon immer einen guten Draht zu Oma und Opa gehabt genauso wie zu Tante Maddy und Onkel Mason. Warum sollten sie uns die Schuld daran geben? Papas Eltern sind beide schon verstorben und Geschwister hat er keine.
„Und was ist mit Rolf und Maike?" Wir haben viele Freunde gehabt. Wieso soll uns nicht einer von ihnen aufnehmen können?
„Gib es auf! Die meisten die unsere Familie als Freunde hatte, waren doch nur scharf auf unser Geld. Was sollen sie denn jetzt von uns wollen? Wir sind pleite. Außerdem ist das viel zu gefährlich. Denn wenn irgendjemand erfährt, dass wir wieder da sind, dann sind wir schon so gut wie tot." „Und Kira?" „Sie heißt Samantha vergess das nicht!", dann nickt er nach rechts. Ich sehe in die Richtung in der er nickt und sehe wie sich Kira alias Samantha mit Nick und Jackson unterhält. Sie sieht nicht sonderlich gut aus. Abgemagert irgendwie. Blass. Sie hat die Arme vor sich verschränkt aber es sieht mehr danach aus, als wolle sie sich vor Kälte schützen.
„Sie würde uns gerne helfen. Aber sie hat gerade eigene Probleme. Sie ist aus ihrer Wohnung geflogen, weil sie die Miete nicht bezahlen konnte. Jetzt lebt sie bei einer alten Frau, die sie pflegt. Aber da kann sie uns nicht auch noch unterkriegen. Sie meinte, die Wohnung sei schon für zwei Personen zu klein."
Ich blicke erneut zu den Dreien. Bei ihnen steht jetzt ein groß gewachsener Mann in Anzug und hochgegellten Haaren. Er sieht die Drei mitleidig an. Ich gehe langsam auf sie zu.
„...und deshalb ist es nicht möglich, dass ihr weiterhin bei ihm wohnt. Ich werde dafür sorgen, dass ihr zusammen in Familien untergebracht werdet. Zumindest Pärchen weiße. Vier in eine Familie unterzubringen ist wirklich schwierig. Außerdem ist es ja nur noch für ein Jahr." Er versucht uns aufmunternd anzusehen. Doch es sieht mehr als nur gequält aus.
„Wieso können wir nicht bei ihm bleiben? Es wird ja nicht wieder vorkommen, dass er trinkt!" Es kann ja schließlich was einmaliges sein. Sie müssen ja nicht wissen, dass es schon ein paar Male sehr kritisch war.
„Naja, es ist ja nicht nur, dass er zu viel getrunken hat. Er wollte sich schließlich umbringen. Wir können nicht verantworten, dass ihr ihn am Ende auffindet oder gar noch auf irgendeine Art schlimmer betroffen seid." Verwirrt ziehe ich die Augenbrauen zusammen. Wieso sollte er sich umbringen? „Euer Vater wird wahrscheinlich in eine Psychiatrie eingewiesen werden. Es ist also nicht möglich, dass er für euch weiter sorgt. Außerdem bezweifel ich, dass er es auch so könnte." Und dann erklärt es mir. Alex hat mir nicht die ganze Wahrheit gesagt. Papa hat nicht einfach nur zu viel getrunken, er hat auch versucht sich das Leben zu nehmen! Oh mein Gott! Mir wird schlecht. Ich halte mir die Hand vor den Mund. Tränen steigen in meinen Augen auf.
Ich schiebe mich an Alex vorbei, der sich hinter mich gestellt hatte, und laufe mit schnellen Schritten in Richtung Toiletten. Mir ist so verdammt schlecht. Erst Paul, dann Mama und jetzt beinahe auch noch Papa. Wieso passiert das alles? Wieso uns?
In letzter Sekunde schaffe ich es noch über die Toilette. Ehe ich mich übergeben muss.
„Michelle?",eine leise Stimme erklingt. Die Stimme meiner Schwester. „Michelle? Alles in Ordnung?" Nein! Nein, verdammt! „Ich weiß, dass es hart ist. Aber es kann jetzt nur noch besser werden...",sagt sie optimistisch. Ein Scheiß wird besser werden! „Schau mal, wir beißen uns jetzt alle durch dieses eine Jahr, und dann geht ihr alle arbeiten und wir legen zusammen und werden wieder eine richtige Familie."
„Da stellst du dir das Leben aber ganz schön leicht vor. In einem Jahr kann ich es vergessen Arbeiten zu gehen. Dann kann ich Windeln wechseln und Scheiße weg machen. Mir das Geschrei eins Babys anhören. Nick wird in einen dieser Kurse gehen die Drogensüchtige nun mal besuchen, oder er liegt neben Mama und Paul und vielleicht auch neben Papa. Man weiß ja nicht. Und ich habe keine Ahnung wie wir das alles bewältigen wollen. Aber gut, sieh deiner Zukunft eben optimistisch entgegen. Oder noch besser melde dich einfach nicht bei uns, wie du es die ganze Zeit schon nicht gemacht hast."
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Vierlinge Survival (2)
Novela Juvenil!!komplette Geschichte wird überarbeitet. Dies wird nicht der zweite Teil der Vierlinge bleiben!! Michelle Schmitz hat die Hoffnung aufgegeben, dass sie das Vergangene ignorieren kann und einfach neu Starten kann. Sie und ihrer drei Brüder versuche...