KAPITEL A C H T Z E H N

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KAPITEL A C H T Z E H N
„Ich hatte gedacht, dass es uns allen vielleicht gut tun würde, wenn wir zusammen essen gehen. Deshalb lade ich euch ein." Samantha fackelt nicht lange herum. Mein Blick fällt zu Alex. Ich weiß nicht- eigentlich habe ich immer zu Nick den besten Draht gehabt. Ich hatte einfach das Gefühl, dass ich ihn am besten kenne. Genauso wie er mich kennt. Klar, Alex und Jackson kenne ich gut. Aber irgendwie war die Bindung zwischen mir und Nick immer am stärksten gewesen. Doch seit ich ihn dabei erwischt habe, wir er sich Drogen eingeführt hat, habe ich das Gefühl ihn nicht mehr zu kennen. Er ist mir irgendwie fremd.

Zu Jackson hatte ich eigentlich schon immer die schlechteste Verbindung. Es soll jetzt nicht heißen, dass wir eine schlechte Bindung haben. Nein, auf keinen Fall. Wir drei haben eine engere Bindung als zu den anderen Geschwistern. Also Sam. Ich weiß, dass Alex und Paul immer eine starke Bindung hatten. Alex hat Paul richtig vergöttert. Er war sein Vorbild. Er war sein großer Bruder. Jackson und Alex haben zwar auch so eine ähnliche Bindung wie Nick und ich. Aber die Bindung zwischen Paul und Alex war immer stärker gewesen. Jackson hat das noch nie wirklich gepasst. Aber laut ausgesprochen hat er es noch nie.

Momentan habe ich das Gefühl Alex am meisten Vertrauen zu können.

„Kira-äh Sam, du hast doch gar kein Geld...", Jacksons Worte klingen nicht wie Verspottung, mehr nach Bedenken. Und ich gebe ihm recht. Wie will sie das bezahlen? Sie soll froh sein, wenn sie mal etwas sparen kann. Sie soll nicht ihr gespartes Geld verschwenden. „Macht euch deshalb bitte keine Sorgen. Freut euch lieber, dass ihr mal raus kommt. Wann wart ihr das letzte Mal essen? An eurem Geburtstag?" „Ja, aber das eilt doch nicht. Das heißt nicht, dass du dein Geld dafür verwenden sollst." Sie schüttelt den Kopf und geht Richtung Ausgang. Wir laufen ihr nach. Die Jungs hatten draußen im Flur gewartet. Die Schule ist so gut wie leer. Nur vereinzelt läuft uns jemand über den Weg.

„Ich lade euch ein! Das mit dem Geld lasst meine Sache sein! Wenn ich es für angemessen finde, euch zum Essen einzuladen, dann lasst mich euch zu Essen einladen! Ich bin alt genug um entscheiden zu können für was ich mein Geld ausgebe." Ihren Worten gibt sie Nachdruck, so als ließe sie keine Widerreden zu.

Und so kommt es, dass wir kurze Zeit später in ihrem Auto sitzen. Sie hat nur einen Viersitzer, weshalb wir uns zu dritt auf die Rückbank quetschen. Das Radio geht an, als sie den Wagen startet. Der Typ meldet den Stau und dann ertönt ein Lied, welches mir Gänsehaut bereitet.

Mabey I'm foolish, maybe I'm blind.

Thinking I can see through this and see what's behind.

Got no way to prove it so maybe I'm blind.

But I'm only human after all, I'm only human after all

Es ist ruhig im Auto. Keiner sagt etwas. Nur dieses Lied macht, dass es nicht ganz so ruhig im Auto ist.

Cos' I'm only human after all, I',m only human after all.

Don't put your blame on me, don't put the blame on me.

Vielleicht erwarte ich einfach zu viel von meiner Familie. Sie sind auch nur Menschen. Auch sie versuchen es zu verarbeiten. Ich bin nicht die einzige. War ich zu egoistisch? Habe ich die ganze Zeit nur an mich gedacht? Vielleicht ist es von Nick nur ein Zeichen gewesen, dass er mehr Hilfe braucht, als er zu gibt. Vielleicht reicht Dr. Fritscher nicht aus. Vielleicht braucht er bessere Behandlung. Vielleicht ist er kurz davor den Boden unter den Füßen zu verlieren. Und was mache ich? Ich mache ihm Vorwürfe. Ich sollte ihm helfen. Wir alle sollten das. Wir sollten viel mehr für einander da sein.

I'm only human I do what I can

I'm just a man, I do what I can

Don't put the blame on me

Don't put yourt blame on me.

Plötzlich habe ich so ein schlechtes Gewissen. Gegenüber Nick. Gegenüber Papa. Gegenüber Sam. Gegenüber allen die ich in der letzten Zeit verletzt habe. Ich war so egoistisch. Ich hätte mich viel mehr in die anderen hineinversetzten müssen. Sie meine es doch nur gut.

Ich lehne meinen Kopf gegen die kühle Fensterscheibe. Schließe die Augen. Und plötzlich höre ich nur noch Autoreifen quietschen. Dann einen Ruck und mein Kopf knallt mit Schwung gegen die Fensterscheibe. Es kommt mir vor als würde mein Schädel explodieren. Es tut so verdammt weh. Wie benommen versuche ich meine Augen zu öffne. Versuche zu realisieren, was passiert ist. Alles dreht sich. Ich höre Schreie. Ich versuche erneut meine Augen zu öffnen. Aber es gelingt mir nicht. Ich bin mehr als nur verwirrt. Was geschieht hier? War das die?

„Sam! SAM! SAAAAAAAAM! Verdammt wach auf! Scheiße! HIELFE!!! Fuck! Alex?! Michelle! Fuck, wacht doch auf! Jackson! Jackson. Ruf den Notarzt!",ich höre Nick dumpf schreien. „Scheiße!", er schreit, doch ich bekomme es nur am Rande mit. Ich merke wie ich immer mehr weg dämmere.

Ich spüre wie, mich jemand unter den Armen packt und mich aus dem Auto zieht. Mein Kopf pocht. Jemand drückt auf meinem Brustkorb herum, so als versuche mich jemand wieder zu beleben. „Was machst du denn?!" „Ich belebe sie wieder!!!"

„Verdammt Nick hör auf!" „Ich will nicht das sie stirbt!",faucht Nick Jackson an.

„Ich auch nicht! Aber Kira braucht jetzt eher deine Hilfe! Sie kannst du vielleicht noch retten!" Nick versucht noch mal mich zu reanimieren. Dann lässt er von mir ab und ich liege auf dem Beton der Straße. Ich bekomme kaum noch Luft. Sterbe ich? Bin ich denn dazu schon bereit? Hilfe! Ich bekomme Panik. Ich will ihnen noch so viel sagen. Ich darf jetzt nicht sterben!

„Halt durch! Hörst du Michelle! Halt durch!", ist nun diese Mal Jackson, der mir zu schreit. Immer mehr werden die Stimmen und Geräusche um mich herum leiser.

„Alex? Kannst du mich hören? Hörst du mich?! Gut. Halt durch! Der Krankenwagen ist unterwegs!"

„Komm schon SAM! Bitte! Verlass und jetzt nicht! Bitte! SAAAAAAAAAmmm...",dann verstummt alles um mich herum.

Es ging alles so plötzlich. Das Lied. Dann das Quietschen der Autoreifen. Und dann der unglaublich hefige Ruck. Der meinen Kopf vom Glas weg und wieder dagegen schleuderte.

Vierlinge Survival (2)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt