KAPITEL E I N U N D Z W A N Z I G
Doch verliert man sie, hat man nichts mehr an dem man festhalten kann.
Es ist beruhigen, wie die Blätter im Winde rascheln. Das rotorange lässt die Welt bunt wirken. Etwas weiter weg spielen zwei Kinder im Blätterhaufen. Sie lachen, tanzen, singen und sind glücklich. Und was mache ich? Ich sitze auf einer Holzbank, in der Nähe vom Wald dieser Stadt. Eingehüllt in einen roten Mantel und einem cremefarbenem Schal. Boots an den Füßen. Alles Klamotten aus meinem alten Leben. Mir steigt der Geruch meines Schales in die Nase. Meine beste Freundin hat ihn mal mit Parfüm vollgesprüht. Laura und ich waren unzertrennlich. Und jetzt weiß sie nicht mal, dass ich weggezogen bin. So gerne würde ich sie wenigstens mal anrufen. Aber es geht nicht! Erstens habe ich ihre Nummer nicht mehr. Außerdem ist es viel zu gefährlich. Zum zweiten könnte ich eh nicht mit ihr sprechen.
Der kleine Junge mit der blauen Mütze nimmt eine Handvoll Blätter und lässt sie auf die Haare des Mädchens fallen. Diese hat begonnen die Blätter mit dem Fuß zu einem großem Haufen zuschieben. Die zwei erinnern mich so sehr an meine Kindheit. Nick hat mir auch gerne Blätter in die Haare geworfen. Und ich habe wie das Mädchen reagiert. Ich bin völlig ausgeflippt. Habe ihn angeschrien, was das denn solle und was er sich erlaube. Und wenn ich jetzt daran zurück denke, dann kann ich mir ein Lächeln nicht verkneifen. Allerdings verschwindet mein Lächeln sofort wieder, weil ich weiß, dass diese Zeit vorbei ist.
Der Wind pustet mir meine Haare ins Gesicht. Ich versuche gar nicht erst sie aus meinem Gesicht zu wischen. Es ist doch eh hoffnungslos. Der nächste Windstoß würde sie wieder in mein Gesicht pusten. Außerdem möchte ich meine Hände nicht aus meiner warmen Jackentasche nehmen.
Marion hat mir heute den Tag noch einmal frei gegeben. Sie hat gemeint, dass ich vielleicht einfach mal etwas Zeit für mich brauche um über alles nachzudenken. Und ich bin ihr dafür sehr dankbar. Sie ist einkaufen gegangen. Die anderen Mädchen sind jetzt in der Schule. Ich wäre alleine in dem Haus gewesen und so habe ich überlegt einfach eine Runde spazieren zu gehen. Also habe ich Marion einen Zettel mit den Worten »Ich brauche frische Luft, bin spätestens zwölf zurück. Michelle« hinterlassen. Dann bin ich einfach losgelaufen und hier gelandet. Am Ende der Stadt. Am Waldrand mit Ausblick auf ein Feld. Etwas weiterweg sieht man noch die letzten Häuser.
„Darf ich mich setzten?", ein junger Mann steht vor mir. Er ist groß. Hat schwarze Haare und blaue Augen. Er trägt eine Brille. Ein schwarzer Mantel umhüllt seinen Oberkörper und eine beige Hose soll seine Beine warm halten. Er sieht nicht so aus, als wäre er der Mädchenschwarm schlechthin. Auch seine Körperhaltung verrät, dass er wohl nicht sonderlich überzeugt von sich ist.
Ich nicke und er lässt sich auf dem anderen Ende der Bank nieder. Er seufzt und es bildet sich eine Wolke vor seinem Mund, da er warme Luft ausgepustet hat und auf die kalte Luft trifft. Früher haben wir immer gesagt, dass es so aussieht als würde man rauchen. Wir haben immer einen Spaß daraus gemacht. Doch jetzt ist mir nicht nach lachen zu mute. Ich schaue wieder zu den kleinen Kindern. Sie machen sich auf den Weg Richtung Stadt.
„Kennen Sie das? Wenn man einfach nur versucht zu leben, aber irgendwie alles und jeder Steine in den Weg legt. Nein, was denke ich nur. Wahrscheinlich kennen Sie das nicht. Was denke ich nur. Tut mir leid. Aber ich frage mich, ob nur mich das Leben nicht mag. Ich meine was habe ich gemacht? Nichts! Es tut mir wirklich leid", er redet so schnelle das ich befürchte, dass er sich an den Worten noch verschluckt. Er klingt entschuldigend und gerade als ich denke, dass er kein weiteres Wort mehr mit mir wechseln wird spricht er in einem schnellen Tempo weiter: „Ich versteh das nur einfach nicht. Erst schleicht sie sich in mein Leben, bringt alles durcheinander und dann verschwindet sie wieder. So schnell wie sie da war, war sie auch wieder weg. Und was mache ich Depp? Ich schreibe Lieder um den verdammten Schmerz zu verdauen. Dabei kann ich nicht mal komponieren. Es überkam mich einfach so. Und dann kündigt mir auch noch mein Boss. Dieses Arschloch! Ich weiß nicht mal wieso. Der konnte mich einfach nicht leiden. Beruhte auf Gegenseitigkeit, aber das ist ja egal. Und dann will die Bank auch noch, dass ich die Schulden bezahle! Dabei habe ich doch überhaupt kein Geld. Jetzt wollen sie mir meine Wohnung wegnehmen. Und was machen meine Eltern? Lachen mich aus und zeigen mir den Mittelfinger. Was mache ich denn falsch? Es liegt alles nur an ihr. Ich hätte nicht zulassen dürfen, dass sie in mein Leben kommt. Sie hat mich in diese Situation gebracht. Diese blöde Fotze! Ich war so blind! Ich hätte doch sehen müssen, dass sie mir nicht gut tut! Und dann stirbt auch noch mein Großvater. Er war doch der Einzige, der noch zu mir gehalten hat. Ich kann das alles nicht mehr. Es tut mir leid, dass ich Sie hier so volllabere. Aber ich muss das einfach mal los werden. Ich schweige dieses Thema schon viel zu lange tot. Irgendwann kann auch ich nicht mehr. Und dieser Punkt ist jetzt angekommen. Und wissen Sie, was das schlimmste ist? Sie schreibt mir Drohbriefe! So eine Psychopathin!" Er holt Luft. „Es tut mir leid." Ich lächeln ihn matt an. Dann sehe ich wieder gerade aus und starre ins Leere.
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Vierlinge Survival (2)
Roman pour Adolescents!!komplette Geschichte wird überarbeitet. Dies wird nicht der zweite Teil der Vierlinge bleiben!! Michelle Schmitz hat die Hoffnung aufgegeben, dass sie das Vergangene ignorieren kann und einfach neu Starten kann. Sie und ihrer drei Brüder versuche...