4. Kapitel

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Zayn P.O.V.

Leider musste ich feststellen, dass ich das Tempo nicht länger als eine Viertel Stunde durchhielt. Also lief ich langsamer und versuchte währenddessen, die Vögel zu finden, deren Gesang von überall her zu hören war. Aber offenbar versteckten sie sich gut, denn ich konnte keinen einzigen entdecken. Während ich den Blick durch die Baumkronen schweifen ließ, hörte ich von unten plötzlich ein „Achtung!“ und bekam fast einen Herzinfarkt. Ich machte einen großen Sprung zur Seite und stolperte. Ich landete auf dem Boden, neben einem Mädchen, das ich gerade fast über den Haufen gerannt hatte. Ich fluchte und rappelte mich auf. „Hast du dir weh getan?“, fragte das Mädchen vorsichtig und ich starrte sie an. Sie hatte lange braune Haare und sah mich aus großen, hellgrauen Augen besorgt an. Ihre Ellenbogen bluteten und sie saß mitten im Dreck, den linken Schuh und die Socke hatte sie ausgezogen. „Warum sitzt du mitten im Wald ohne Schuhe im Dreck?“, fragte ich zurück. „Ich … ich bin hingefallen“, stotterte sie und fasste vorsichtig an ihr nacktes Fußgelenk, woraufhin sie stark zusammenzuckte. „Es tut mir leid, hast du dir wehgetan?“ Ich schaute sie verwirrt an. „Warum entschuldigst du dich, du bist doch offenbar selbst hingefallen?“, fragte ich und rappelte mich auf. Sie antwortete nicht. Ich hielt ihr die Hand hin, aber sie ergriff sie nicht. „Ich kann nicht aufstehen, mein Fuß tut weh“, erklärte sie und wirkte plötzlich, als würde sie gleich anfangen zu heulen. Schnell kniete ich mich zu ihr und streichelte ihr beruhigend über den Arm. „Hey, wie wär's wenn ich dich stütze und zuerst einmal zu unserem Haus mitnehme, und dort verarzten wir deinen Fuß und deine Ellenbogen und sehen weiter“, sagte ich, damit sie nicht mehr so verzweifelt guckte. Sie nickte zögerlich und ich stand auf. Es war schwerer als erwartet, sie vom Boden hochzuheben und ihren Arm um meine Schultern zu legen. Offenbar konnte sie wirklich keinen Schritt mehr alleine laufen. Es dauerte eine kleine Ewigkeit, bis wir den Weg zurück zu unserem Haus zurückgegangen waren und ich war froh, dass wir uns nicht verliefen. Sie sagte kein Wort und ich war ganz damit beschäftigt, sie nicht fallen zu lassen. Nur einmal blieb sie plötzlich stehen und sagte: „Ich habe meine Tasche vergessen!“, aber als ich sie fragte, wo sie ihre Tasche vergessen habe, sagte sie nur: „Ach vergiss es, darauf kommt es jetzt auch nicht mehr an.“ Ich zuckte die Schultern und ging weiter. Als wir auf den Hof traten, war keiner da. Wahrscheinlich waren sie alle im Haus und bereiteten das Essen vor. „Verrätst du mir, wie du heißt, bevor wir rein gehen?“ fragte ich und sah sie von der Seite an. „Stella“, antwortete sie und betrachtete das Haus. „Danke, dass du mir geholfen hast“, sagte sie ohne mich anzugucken.

Paul P.O.V.

Niall und Harry waren dabei, das Haus auf den Kopf zu stellen, Liam telefonierte mit dem Pizza-Service und Eleanor und Perrie saßen auf dem Sofa und unterhielten sich. Louis war verschwunden, und das bedeutete nicht unbedingt Gutes. Ich raufte mir die Haare und wich einem Kissen aus, das Harry eigentlich Niall hatte an den Kopf werfen wollen. „Schlecht gezielt, Harry“, meinte ich und warf es zu ihm zurück. Was sollte es auch bringen, ihn zu bitten, nicht die gesamte Einrichtung zu demolieren. Er würde sowieso nicht auf mich hören. Niall lachte laut auf, als Harry mit dem Kissen in eine Schüssel mit Chips traf. „Harry“, stöhnte Eleanor und drehte sich genervt um. „Vielleicht kannst du die Möbel wenigstens am ersten Tag stehen lassen.“ Zu meiner Überraschung hörte Harry auf, mit Kissen um sich zu schmeißen. Ich ging an ihm vorbei und wuschelte durch seine Haare, was er hasste. „Paul, hör auf damit“, beschwerte er sich. Ich grinste und wollte gerade in die Küche gehen, als die Tür aufging. Ich drehte mich herum und sah Zayn, der gerade vom Joggen zurückkam. Aber er war nicht allein, er hatte ein Mädchen im Schlepptau, das den Eindruck erweckte, als würde es gleich zusammenbrechen. Zayn stützte sie und drückte mit dem Fuß die Tür weiter auf. „Hey, Leute“, schrie er und Niall, der Harry gerade etwas zugerufen hatte, verstummte. Alle Köpfe drehten sich zu Zayn, und das fremde Mädchen fühlte sich sichtlich unwohl in seiner Haut. „Könnt ihr mal das Sofa freimachen, sie muss sich hinsetzen“, sagte Zayn und deutete auf das Mädchen, und ich sah, wie Harry augenblicklich in den Modus „Besorgt“ wechselte. Er eilte zu Zayn und half ihm, das Mädchen zum Sofa zu bringen. Dann sorgte er dafür, dass sie richtig saß und sah sie besorgt an. „Was ist mit dir passiert? Bist du hingefallen?“, fragte er. Das Mädchen nickte und guckte schüchtern in die Runde. „Das ist Stella, sie ist im Wald gestürzt. Paul, kannst du gucken, ob irgendwo Verbandszeug ist?“, rief Zayn, während er zur Küche lief und einen Kühlakku aus dem Kühlfach nahm. Ich nickte und rannte zu meiner Hütte, wo ich den Erste-Hilfe-Kasten aufbewahrte. Als ich zurückkam, hielt Stella den Kühlakku gegen ihr Fußgelenk und Harry redete aufgeregt auf sie ein. „Harry, lass sie in Ruhe, sie ist müde“, meinte Zayn und ich musste lächeln. „Mach dir keine Sorgen, ich sorge dafür, dass es ihr wieder besser geht“, sagte ich zu Harry und scheuchte ihn vom Sofa. Dann setzte ich mich neben Stella und verarztete ihre Ellenbogen, die ziemlich übel aussahen. Sie war aber tapfer und verzog keine Miene, als ich ihr Desinfektionsmittel in die Wunden sprühte. Nachdem ich beide Arme verbunden hatte, klappte ich den Erste-Hilfe-Koffer zu und klatschte in die Hände. „So, das hätten wir geschafft. Harry, geh ihr mal ein Glas Wasser holen“, sagte ich und Harry lief los. Niall drängelte sich nach vorne und setzte sich neben das Mädchen. „Geht es dir besser?“, fragte er und sie lächelte. „Ja, danke, es geht schon“, sagte sie. „Wie wäre es, wenn du deine Eltern anrufst und ihnen sagst, wo du bist. Sie machen sich bestimmt Sorgen“, schlug Liam vor, aber Stella sagte laut und ein bisschen zu schnell: „NEIN! Nein, auf keinen Fall!“ Es war einen Augenblick still, und keiner wusste, was er sagen sollte. Ich überlegte einen Moment, dann sagte ich: „Okay, alle raus hier, ich werde einen Moment alleine mit Stella reden.“ Die anderen protestierten, aber ich scheuchte sie heraus und so verteilten sie sich widerwillig im Haus. Als alle gegangen waren, setzte ich mich neben Stella. „Okay, zu aller erst möchte ich gerne wissen, wo du wohnst“, sagte ich und sie sackte in sich zusammen. Besorgt sah ich in ihr trauriges, aufgewühltes Gesicht. Nach einer Minute Schweigen sagte sie langsam und bedächtig: „Im Moment wohne ich nirgendwo.“ Ich musterte sie und fragte dann: „Du wohnst nicht bei deinen Eltern?“ Sie reagierte nicht auf meine Frage. „Wie alt bist du?“, wollte ich wissen und diesmal antwortete sie mir. „Achtzehn“, sagte sie trotzig und an ihrem Tonfall hörte ich, dass sie innerlich hinzufügte: Und mit achtzehn muss ich nicht mehr bei meinen Eltern wohnen. Ich verschränkte die Arme und überlegte, wie ich mehr aus ihr herausbekommen würde, als sie sagte: „Ich bin heute bei meinen Eltern ausgezogen.“ Ich runzelte die Stirn. „Kann es sein, dass du ziemlich überstürzt bei deinen Eltern ausgezogen bist?“ Sie kniff die Lippen zusammen. „Möglich“, sagte sie knapp ohne mich anzusehen. Ich seufzte. Sie war also abgehauen. „Willst du dir das nicht nochmal überlegen?“ Sie sah mich wütend an. „Nein!“, rief sie aufgebracht. „Okay...“, sagte ich, wobei ich das Wort extra langzog. Was blieb mir schon übrig? „Möchtest du eine Weile bei uns wohnen?“, fragte ich, weil der Anstand es so verlangte. Sie blinzelte ein paar mal, dann sah sie mir skeptisch in die Augen. „Ist das dein Ernst?“ Ich zuckte mit den Schultern. „Warum nicht? Wir haben noch ein Zimmer und ich bin froh für jeden, der die Jungs davon ablenkt, das Haus niederzumähen.“ Sie lächelte ein bisschen. „Das ist sehr lieb von dir“, sagte sie zögernd, „also wenn es euch wirklich nichts ausmacht, würde ich wirklich gerne eine Weile hier bleiben. Nur so lange, bis ich weiß, was ich als nächstes tun soll.“ Ich lächelte sie an und streckte ihr die Hand entgegen. „Ich bin Paul, der Bodyguard“, sagte ich. Ihre Augen wurden groß. „Der Bodyguard?“, wiederholte sie ungläubig. Sie hatte die Jungs also nicht erkannt. Ich lächelte zufrieden. Das entspannte die Lage sehr, keiner hatte Lust, mit einem besessenen Directioner in einem Haus zu wohnen. „Okay, Zeit für eine Besprechung“, meinte ich und stand auf. „Pizza ist da!“, schrie ich und innerhalb von einer Minute waren alle im Wohnzimmer.

„Wo ist denn die Pizza?“, maulte Zayn, der gerade geduscht hatte und dessen Haare nun das Sofa voll tropften. Perrie lachte. „Guter Trick, Paul“, lobte sie und ich grinste ihr verschwörerisch zu. Dann bat ich alle, sich zu setzen, und fing an zu erklären.

Stella P.O.V.

Paul war also ein Bodyguard. Ich merkte, wie ich nervös auf meinen Nägeln herumkaute und setzte mich auf meine Hände. Der Junge mit den braunen Locken, der sich offenbar Sorgen um mich machte, setzte sich neben mich und lächelte ein bisschen schüchtern. Ich lächelte zurück und sah dann wieder zu Paul, der die anderen bat, sich zu setzen. Ich beobachtete, wie ein Mädchen mit ziemlich hell gefärbten Haaren, die Hand des Jungen nahm, der mich gerettet hatte. Mir fiel auf, dass ich seinen Namen gar nicht kannte. Ob sie seinen Freundin war? Als sie meinen Blick erwiderte, schaute ich schnell nach rechts. Neben ihr saß ein Mädchen mit braunen Haaren und braunen Augen und sie hatte das netteste Gesicht, das ich je gesehen habe. Neben ihr saßen zwei Jungs, einer hatte blonde, verstrubbelte Haare und sah ziemlich süß aus. „Wird das eine Krisensitzung?“, fragte er und schaute Paul erwartungsvoll an. „Ich mag Krisensitzungen, das letzte Mal hat unser Management uns verkündet, dass wir alle eine riesengroße Enttäuschung sind und gefälligst unseren Urlaub ausfallen lassen sollen und dann ist Harry aufgestanden und hat gesagt, dass sie egoistische, profitsüchtige Arschlöcher sind und sich gefälligst um ihren eigenen Kram kümmern sollen.“ Der Junge neben mir räusperte sich und sagte: „Halt die Klappe, Niall, das wollten wir keinem sagen.“ Niall grinste. „Leute, es gibt jetzt Wichtigeres zu besprechen“, sagte Paul, der Bodyguard, entschieden und schnitt den Jungs somit das Wort ab. Er drehte sich zu mir um. „Wie es aussieht, haben wir für eine Weile eine neue Mitbewohnerin. Stella hat im Moment nichts, wo sie wohnen kann, und wir haben noch ein freies Zimmer, weshalb ich ihr angeboten habe, hier zu wohnen. Ich bin mir sicher, ihr werdet euch gut um sie kümmern.“ Die Situation war mir peinlich und ich traute mich nicht, die anderen anzuschauen. Hoffentlich hatten sie nichts dagegen. Als keiner etwas sagte, befahl Paul: „Jeder von euch stellt sich vor, ich möchte, dass Stella weiß, mit wem sie unter einem Dach lebt.“ „Hi, ich bin Zayn. Freut mich, dass du hier bei uns wohnst“, fing der Junge an, der mich gerettet hatte. Er hob kurz die Hand zur Begrüßung und sah dann das Mädchen neben sich an. „Und das ist meine Freundin Perrie. Vielleicht kennst du sie.“ Ich lächelte und fragte mich, warum zum Teufel ich sie kennen sollte. Ich hatte sie hier noch nie getroffen. „Ich bin Eleanor“, riss mich das zweite Mädchen aus meinen Gedanken. Sie strahlte und schien sich wirklich über mich zu freuen. Ich entspannte mich ein bisschen. Eleanor stupste den Jungen neben sich an. „Stell dich vor, Niall“, befahl sie ihm. „Okay, rate wie ich heiße“, sagte Niall und legte eine Kunstpause ein. Zayn verdrehte die Augen. „Ich heiße Niall“, teilte mir Niall strahlend mit und ich musste grinsen. „Benimm dich gefälligst wie ein normaler Zwanzigjähriger“, sagte Paul schmunzelnd. Niall wollte etwas erwidern, aber der Junge neben ihm hielt ihm den Mund zu und sagte: „Ich bin Liam und falls du dich fragst, ja, Niall benimmt sich immer so!“ Ich nickte lächelnd. Paul nickte dem Jungen neben mir zu und ich drehte mich zu ihm. Er hatte beeindruckende Augen. Grün, wie Harry Potter. „Ich bin Harry“, sagte er und ich musste lachen. Doch die anderen sahen mich verwirrt an und deshalb hörte ich schnell wieder auf. „Okay, dann hätten wir das geschafft. Stella wird jetzt bei uns wohnen, tut ihr den Gefallen und nervt sie nicht mit Fragen. Eleanor, würdest du Stella in das Zimmer neben Harry bringen?“, sagte Paul und in dem Moment klingelte es an der Tür. Eleanor stand auf. „Das muss die Pizza sein. Ich werde Stella schnell ihr Zimmer zeigen, dann kommen wir zum Essen“, erklärte sie und hielt mir ihre Hand hin. „Weiß einer, wo Louis ist? Mir muss jemand helfen, sie zu stützen.“ Harry, der immer noch neben mir saß, stand schnell auf. „Ich helfe dir“, sagte er und zusammen schafften wir es die Treppe hoch.

Von einem verrückten Sommer, fünf wundervollen Idioten und einer Menge ChaosWo Geschichten leben. Entdecke jetzt