15. Kapitel

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 Louis P.O.V.

Ich lief durch den Wald und kickte wütend einen Stein, der mir im Weg lag, zur Seite. Warum musste ich eigentlich immer so einen Mist bauen? Das passierte mir ständig. Immer musste ich alles kaputtmachen! Und das nur, weil ich so unüberlegt handelte und erst danach merkte, dass ich etwas falsch gemacht hatte. Wenn ich zum Beispiel redete, ohne nachzudenken. Ich war wirklich das beste Beispiel dafür, dass das eine schlechte Angewohnheit war, denn es brachte mich dauernd in Schwierigkeiten. So wie jetzt auch wieder. Diesmal hatte ich mich mit Liam gezofft, weil ich mal wieder einen blöden Kommentar losgelassen hatte. Es war um seine Freundin Sophia gegangen und ich hatte es wirklich nicht böse gemeint, ich wollte nur Spaß machen. Aber Liam fand es offenbar gar nicht lustig und ich hatte auch direkt bereut, dass ich einen Witz gerissen hatte. Jedenfalls war Liam daraufhin in seinem Zimmer verschwunden und hatte die Tür nicht mehr aufgemacht, und ich war alleine in den Wald gegangen um mal über das ganze Chaos nachzudenken, das gerade bei uns herrschte. Als ich an den Streit mit Liam zurückdachte, hätte ich mir am liebsten selber in den Hintern getreten. Manchmal hasste ich mich wirklich selber. Ich war extrem ehrgeizig und wusste ganz genau, was ich wollte. Gleichzeitig war ich aber auch als der Freche und Lustige bekannt, und manchmal passten diese beiden Dinge einfach nicht zusammen. Zum Beispiel jetzt, wo mir meine dumme Unbeherrschtheit mal wieder verdammt auf den Senkel ging. Ich blieb stehen und ließ mich mitten auf dem steinigen Weg auf den Boden sinken. Ich hatte das Gefühl, dass hier, in dem kleinen Haus, wo wir nichts hatten, außer den Problemen, die wir immer mit uns herumtrugen, ebendiese zum Vorschein gebracht wurden. Vielleicht war das ganz gut so, wenn wir uns deshalb allerdings stritten, konnte ich auf eine Lösung der Probleme gut verzichten. Ich ließ mich nach hinten fallen und legte mich mit dem Rücken auf den Boden, die spitzen Steine, die sich durch mein T-Shirt bohrten, ignorierend. Wenn man mal darüber nachdachte, hatte wirklich jeder hier seine Probleme. Harry hatte uns zum ersten Mal erzählt, dass er sich furchtbar ausgegrenzt fühlte und wie sehr ihn der Druck der Medien wirklich belastete. Perrie hatte offenbar Probleme, von denen keiner geahnt hatte, und von Eleanor und den Millionen von Hassnachrichten wollte ich jetzt gar nicht reden. Zayn war sowieso immer im Kampf mit sich selbst, er war furchtbar kompliziert und baute sich Probleme, wo eigentlich gar keine waren. Auch Niall hatte nicht das Selbstbewusstsein wie Harry, Liam oder ich. Er hatte immer das Gefühl, dass er nicht mithalten konnte, was daran lag, dass viele Leute ihn beschimpften, dass er die Band verlassen solle und dass er nicht singen könne. Das war ziemlich gemein und machte ihn oft sehr traurig. Bei Liam hatte ich in letzter Zeit das Gefühl, dass er nicht mehr derjenige sein wollte, der uns immer kontrollierte und auf uns aufpasste. Er wollte auch mal loslassen, aber das war offenbar schwerer als gedacht. Ich stöhnte. 'Baustelle One Direction'. Na toll. Langsam stand ich wieder vom harten Boden auf. Was wäre bloß passiert, wenn wir einfach weitergemacht hätten wie zuvor? Irgendwann wäre diese Fassade, dass alles gut wäre, doch völlig auseinandergebrochen. Meine Gedanken wanderten zu Harry, der immer derjenige gewesen war, den die Strapazen unseres Alltags am meisten belasteten. Er hatte das schlimmste Lampenfieber, er wurde als erster krank, wenn wir zu viel Stress hatten, er weinte als erster, wenn etwas Trauriges passierte. Ich hoffte so sehr, dass wir alles auf die Reihe bekommen würden, bevor wir heimfuhren. Immerhin waren wir jetzt schon fast zwei Wochen hier, und bis jetzt war alles nur schlimmer geworden. Gestern hatte ich versucht, die anderen mit meiner Schatzsuche aufzumuntern, und abends hatten wir wirklich noch eine Menge Spaß gehabt. Außer Zayn, der sich in Liams Zimmer verkrochen hatte, genau wie Perrie in ihrem. Sie machten es sich wirklich schwer. Aber da keiner der beiden sich helfen lassen wollte, konnten wir nichts tun, außer zu hoffen, dass sie es selber wieder auf die Reihe bekommen würden.

Ich machte mich gerade auf den Rückweg zu unserem Haus, als ich Stimmen hörte. Ich blieb stehen und lauschte, und als ich die Stimmen von Harry und Stella erkannte, versteckte ich mich so schnell wie möglich hinter einem großen Strauch am Wegesrand. Einige Augenblicke später waren sie schon in meinem Sichtfeld aufgetaucht. Ich sah, wie sie albernd den Weg entlangliefen und die Sorgenfalte, die man so oft auf Stellas Stirn sah, war komplett verschwunden. Ich lächelte, als ich sah, wie entspannt auch Harry wieder wirkte. „Ich habe auf Youtube Videos von euch gesehen“, sagte Stella gerade. „Aha, und?“, Harry sah sie fragend an. „Jetzt mal im Ernst, weiß du eigentlich, wie viele perverse Kommentare darunter stehen? Und dass es ein zwei Sekunden langes Video von dir gibt, das über drei Millionen Klicks hat?“, fragte Stella. Harry wurde rot und grinste verlegen. „Ehm … die Mädchen mögen uns halt“, meinte er. „Ich hoffe nur, dass nie jemand von ihnen erfährt, dass ich gerade in eurem Haus wohne“, sagte Stella besorgt. „Ja, ein paar von ihnen würden dich killen“, bemerkte Harry lachend und in dem Moment erkannte ich in ihm den Jungen wieder, den ich damals beim X-Factor getroffen hatte. Ohne Sorgen, ohne Probleme, einfach nur das Leben genießend. So hatte ich ihn schon so lange nicht mehr erlebt! Als Stella und Harry verschwunden waren, sprang ich auf und rannte so schnell wie möglich zum Haus. Ich hatte etwas zu erledigen!

Stella P.O.V.

Abends lag ich in meinem Bett und konnte nicht schlafen. Sollte ich auch nicht, denn ich musste dringend nachdenken. Ich richtete mich auf und lehnte mich mit dem Rücken gegen die Wand, den Blick in die Dunkelheit gerichtet. Von draußen hörte man die Frösche, die am Rand des Sees wohnten. Ich liebte es, die Frösche und die Vögel zu beobachten, die hier im Wald in ihrer ganz eigenen Welt lebten. Der Gedanke erinnerte mich wieder an den Spaziergang, den ich heute mit Harry gemacht hatte. Ich war so glücklich gewesen. Es hinterließ ein komisches Gefühl in meinem Bauch, denn normalerweise war ich nicht so unbekümmert und übermütig, aber in Harrys Gegenwart blieb mir gar nichts anderes übrig. Sein Lächeln war irgendwie ansteckend, sodass man für den Moment an nichts anderes mehr denken konnte. Im nächsten Moment erschrak ich vor meinen eigenen Gedanken. Das war doch nicht wirklich ich, die das gerade gedacht hatte? Ich war die Kontrolle und Disziplin in Person, ich konnte mich doch nicht von einem Lächeln aus der Fassung bringen lassen! Ich atmete tief ein und wieder aus. Nachdenklich saß ich auf meinem Bett und zog mir die Decke bis zum Kinn, während ich mit meinen eigenen Gefühlen zu kämpfen hatte. Mitten in der Nacht kam ich endlich zu dem Ergebnis, dass ich wohl Harrys natürlichem Charme verfallen war, wie auch Millionen andere Mädchen. Es war gar nichts dabei, nichts Besonderes. Erleichtert kuschelte ich mich unter meiner Decke zusammen und konnte endlich einschlafen.

Von einem verrückten Sommer, fünf wundervollen Idioten und einer Menge ChaosWo Geschichten leben. Entdecke jetzt