7. Kapitel

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 Harry P.O.V.

Als ich aufwachte, war es schon später Vormittag und mein ganzes Zimmer war von der Sonne aufgeheizt. Mit den Füßen strampelte ich die Decke von mir herunter und machte ich auf den Weg zu dem großen Bad, das sich hier im ersten Stock befand. Verschlafen wie ich war, lief ich fast in Zayn rein, der gerade aus seinem Zimmer kam. „Wow, schon wach, Zayn?“, fragte ich. Er grummelte irgendetwas und schob sich an mir vorbei. Morgens war es unmöglich, mit ihm zu reden. Ich ging weiter ins Bad und stellte mich unter die Dusche. Von dem kalten Wasser wurde ich allmählich wach. Als ich mit nassen Haaren in die Küche kam, waren alle anderen schon da. Ich schüttelte meine Haare, um Louis nasszuspritzen und er beschwerte sich lautstark. Lachend setzte ich mich an den Tisch, gegenüber von Stella. „Wie geht es die heute morgen?“, fragte ich und lächelte sie an. Sie sah schüchtern zu Boden. „Besser als gestern Abend“, antwortete sie. Ich nickte und stand wieder auf, um mir etwas zu essen zu holen. Dabei fiel mir auf, dass Niall ziemlich niedergeschlagen aussah. „Ist was passiert, Niall?“ Er schreckte aus seinen Gedanken hoch und sah mich abwehrend an. „Nein, nein, es ist alles gut“, sagte er wenig überzeugend. Ich warf ihm einen skeptischen Blick zu. „Was ist los?“, fragte ich fordernd. Niall biss sich auf die Unterlippe, dann sagte er zögernd: „Na ja, wie du dir vielleicht vorstellen kannst, sind einige Fans nicht besonders … begeistert über unsere kleine Pause.“ Deprimiert stieß ich den Atem aus und ließ mich auf einen Stuhl sinken. Das hatte ich befürchtet, auch wenn ich gehofft hatte, dass die Leute es verstehen würden. Dennoch konnten wir uns von so etwas nicht unsere wohlverdiente Auszeit versauen lassen.„Hör zu, Niall. Damit haben wir doch gerechnet. Es ist nicht so schlimm, keiner da draußen hat das Recht, unserer ständige Präsenz zu fordern!“, sagte ich bestimmt, obwohl es mir selber ganz schön etwas ausmachte, dass manche Fans nicht akzeptieren wollten, was wir taten. Schnell sah ich zu Boden. Insgeheim hatte ich gehofft, dass sie es einfach hinnehmen und eine Weile ohne uns auskommen würden. „Natürlich gibt es auch viele, die unserer Meinung sind und sich freuen, dass wie uns mal von dem ganzen Stress erholen können“, sagte Niall, als hätte er meine Gedanken gelesen und wollte nun mich trösten. Ich lächelte gezwungen und stand wieder von meinem Stuhl auf. Während ich mir mein Frühstück machte, sprach keiner ein Wort.

Zwei Stunden später stand ich mit Niall und Stella am Ufer des großen Sees und betrachtete skeptisch ein Tretboot, das Paul uns mit den Worten: „Ich habe das Gefühl, ihr braucht alle drei ein bisschen Ablenkung von euren düsteren Gedanken“ überlassen hatte. „Ich hasse Boot fahren“, sagte Niall und verschränkte die Arme vor der Brust, „stell dir vor, wir kippen mitten auf dem See um und ertrinken!“ Ich grinste. „Du kannst doch schwimmen, Niall“, sagte ich tröstend. Er zuckte die Schultern. „Ja schon, aber …“ „Kein Aber“, unterbrach ich ihn, „rein ins Boot!“ Ich machte eine einladende Handbewegung. Paul hatte Recht, wir brauchten ein wenig Ablenkung von den unerfreulichen Reaktionen der Fans, von denen wir heute morgen erfahren mussten. Auch Stella schien sehr betrübt, sie hatte den ganzen Morgen noch fast nichts gesagt. Seit sie vor ein paar Minuten allerdings das Wasser gesehen hatte, wurde sie immer nervöser und konnte nicht still stehen. „Ist alles klar?“, fragte ich. Sie nickte überrascht. Ich sah sie forschend an, während sie mit den Füßen hoch und runter wippte. „Ich meine, vielleicht kannst du ja nicht schwimmen oder so … wäre ja nicht schlimm“, hakte ich weiter nach, um etwas aus ihr herauszubekommen. Sie lachte. „Glaub mir, ich kann schwimmen“, sagte sie nur. Ich seufzte ergeben. Dann würde sie mir eben nichts erzählen. Niall war in der Zwischenzeit ins Boot geklettert und es schwankte gefährlich. „Seht ihr, das hier ist lebensmüde“, beschwerte er sich. Stella kicherte. Ich verdrehte die Augen und bedeutete Stella, auch in das Boot zu steigen. Sie durfte hinten sitzen, während Niall und ich treten mussten. Wir hatten ein paar Probleme, das Boot vom Ufer wegzulenken und fuhren in einen Busch, aber danach hatten wir es im Griff und steuerten auf die Mitte des Sees zu. Er war größer, als ich erwartet hatte, denn das andere Ufer war auch nach zehn Minuten Fahrt noch nicht in Sicht. Der See war wunderschön, zu allen Seiten glitzerte das Wasser in der Sonne und die Berge spiegelten sich in der glatten Oberfläche. Um uns herum bildeten sich kleine Wellen und das einzige Geräusch war das Wasser, das gegen das Boot schwappte. Die Sonne brannte auf meiner Haut und ich hielt eine Hand ins kalte Wasser. Keiner sagte ein Wort, wir genossen einfach die Stille, die es in unserem Haus nicht gab. Ich dachte über Stella nach. Meiner Meinung nach sollte sie uns so langsam sagen, was bei ihr los war und warum sie hier wohnen musste, denn immerhin hatten wir ihr großzügig ein Zuhause angeboten. Ich drehte mich um. Auch sie hatte eine Hand ins Wasser gehalten uns ließ sie durch die kleinen plätschernden Wellen gleiten, die unser Boot verursachte. „Gefällt es dir?“, fragte ich und sie zuckte zusammen. Offenbar war sie tief in Gedanken versunken gewesen. „Ich liebe Wasser, weißt du“, erklärte sie und lächelte. Ich nickte und drehte mich wieder zurück nach vorne. „Sagst du uns irgendwann, warum du hier bei uns bist?“, fragte ich geradewegs heraus, allerdings ohne sie anzusehen. Sie schwieg. Niall hörte auf zu treten und warf mir einen besorgten Blick zu. Stella räusperte sich. „Ich hatte Probleme mit meinen Eltern“, sagte sie zögernd. Ich drehte mich ruckartig zu ihr um. „Bist du von zu Hause weggelaufen?“, fragte ich alarmiert. Sie verschränke die Arme vor der Brust und ich merkte, dass sie auf Abwehr ging. "Ich bin achtzehn Jahre alt, da ist es mir erlaubt, mein Elternhaus zu verlassen“, sagte sie wütend. „Tut mir leid“, murmelte ich. Nun drehte sich auch Niall nach hinten um. „Möchtest du uns nicht wenigstens ein bisschen was über dich erzählen? Es ist nämlich ehrlich gesagt ein bisschen komisch, mit jemandem im Haus zu wohnen, der sich weigert, etwas über sich zu erzählen“, erklärte er in ruhigem Ton. Stella senkte den Blick und die Haare fielen ihr ins Gesicht. „Tut mir leid“, sagte sie so leise, dass man es fast nicht hören konnte, und sah niemanden mehr an. Niall und ich wechselten einen Blick. Dann stand er auf und kletterte nach hinten, wobei das Boot so stark wackelte, dass es fast umkippte. Stella hob den Blick und ich sah eine Träne auf ihrer Wange. Sie reichte Niall die Hand, damit er sich besser setzten konnte. „Es tut mir leid, ich mache euch nur Umstände, ihr müsst das nicht für mich tun, ich bin doch sowieso nur ein Fremder für euch“, sagte sie so schnell, dass sie sich fast in den Worten verhaspelte, und klang dabei so kläglich, dass ich am liebsten mitgeheult hätte. „Es ist doch selbstverständlich, dass wir dich nicht auf die Straße schicken Das würden wir doch für jeden tun“, sagte Niall und strich ihr beruhigend über den Arm. Sie lächelte durch die Tränen. „Ihr seid die nettesten Menschen, die ich getroffen habe“, sagte sie. Ich drehte mich wieder nach vorne. Unser Boot stand in der Mitte des Sees und schaukelte leicht hin und her. Leise seufzte ich. Offenbar waren die Menschen in Stellas Leben nicht sehr nett. Als ich mich wieder zu ihr umdrehte, hatte sie ihre Tränen weggewischt und trommelte mit den Fingern auf den Bootsrand. „Also gut“, sagte sie schließlich und holte tief Luft. „Ich heiße Stella, bin achtzehn Jahre alt, wohne schon immer in diesem Dorf, bin seit diesem Jahr mit der Schule fertig, habe keine Geschwister, hatte nie ein Haustier, mein Hobby ist schwimmen und ich habe gerade den größten Mist meines Lebens gebaut“, leierte sie herunter. Niall grinste. „Okay, das ist doch schon mal ein Anfang“, meinte er. Stella lächelte. „Gut, dann sind jetzt wir dran“, sagte ich und kniete mich verkehrt herum auf meinen Sitz, damit ich richtig mit den beiden reden konnte. Niall rieb sich voller Vorfreude die Hände. „Au ja, welche Geschichte möchtest du zuerst hören? Die, als Harry weinend aufgewacht ist weil wir ihm im Schlaf die Haare geglättet haben oder die, wo er auf einem Bauernhof auf einer riesigen fetten Kuh geritten ist weil es nur vier Pferde für uns  gab?“ Ich verschränkte demonstrativ die Arme vor der Brust. „Wusstest du, dass Niall geschrien hat wie ein kleines Mädchen und alle ihn angeguckt haben wie einen Verrückten, als es Justin Bieber traf?“, fragte ich, um mich zu rächen. „Einmal ist Harry vor den Paparazzi hingefallen, aber dann sind wir alle auf den Boden gefallen, damit sich der Arme nicht schämt“, führte Niall unser kleines Spielchen fort. Ich überlegte. „Niall hatte zwei Fische, die gestorben sind, weil er sie überfüttert hat!“, fiel mir ein. „Harry hatte einen Hamster, der 'Hamster' hieß. Wem fällt denn so was ein?“, konterte Niall. „Einmal wollte Niall Zayns Hand essen, weil der seinen letzten Chip gegessen hat. Nimm dich vor ihm in Acht!“, sagte ich warnend. Stella lachte. „Ich würde gerne ein paar eurer Geschichten hören“, erklärte sie und lehnte sich auf ihrem Sitz zurück. „Ich fange an!“, rief Niall. „Nein, ich fange an, ich kenne bessere Geschichten“, widersprach ich. „Aber Harry, über dich gibt es viel peinlichere Sachen zu erzählen“, erwiderte Niall und sprang auf. Und dann wackelte das Boot und Niall fiel ins Wasser.

Von einem verrückten Sommer, fünf wundervollen Idioten und einer Menge ChaosWo Geschichten leben. Entdecke jetzt