22. Kapitel

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 Liam P.O.V.

Dass man uns gefunden hatte, blieb natürlich nicht ohne Folgen. Noch am gleichen Tag waren sechs Bodyguards zu uns geschickt worden. Wir hatten ein riesiges Problem, da sich kein Zaun um das Grundstück befand, und es so vollkommen ungeschützt war. Die Bodyguards hingen in und um unser Haus herum, und sobald sich jemand dem Grundstück näherte, verwandelten sie sich in furchteinflößende Muskelprotze, die jeden ungebetenen Gast vertrieben. Mir persönlich gefiel die Situation nicht besonders, und auch Niall und Zayn hatten sich in ihre Zimmer verzogen. Louis dagegen ging ganz in seinem Element auf, die Bodyguards zu bespaßen, und sorgte somit für ein wenig gute Stimmung. Ich saß neben ihm auf der Couch, währende er sein Twitter checkte und dumme Kommentare über die vielen Nachrichten machte. Im Netz war zur Zeit die Hölle los. Wer war das Mädchen, mit dem Harry fotografiert worden war? Warum hatte sie geweint und war sie vielleicht seine geheime Freundin? War es wirklich unser Haus, das die Paparazzi gefunden hatten? Und wenn ja, wie würden wir reagieren?

All diese Fragen schwirrten im Internet herum und wurden auf der ganzen Welt heftig diskutiert. Die Tatsache, dass das rätselhafte Haus im Wald nun von Bodyguards bewacht wurde, war wahrscheinlich Beweis genug, dass es sich wirklich um unser Ferienhaus handelte. Wie wir jetzt reagieren würden, war allerdings noch offen. Ich fragte mich gerade, ob wir unseren Urlaub nicht doch besser hätten beenden sollen, als ich abrupt aus meinen Gedanken gerissen wurde. Draußen auf dem Hof hörte man plötzlich laute Stimmen und Geschrei. Ich warf Louis einen genervten Blick zu, während drei der Bodyguards aufsprangen und auf den Hof hinaus rannten. Das Geschrei wurde noch lauter, man hörte Männerstimmen und dazwischen das Gekreische von Mädchen. Na toll. Louis lief zu einem der Vorhänge und schob ihn ein Stück zur Seite. Ich folgte ihm und stellte mich auf die Zehenspitzen, um ebenfalls einen Blick aus dem Fenster werfen zu können. Auf dem Hof herrschte Hektik und die Bodyguards hatten einige Arbeit damit, die Paparazzi zurück zu halten, denn diese wurden ganz schön aggressiv. Aus dem Augenwinkel bekam ich mit, wie einer von ihnen einen weiten Bogen machte und unbemerkt an der Menschenhorde vorbei zur Rückseite des Hauses gelangte. Ich warf Louis, der es auch gesehen hatte, einen empörten Blick zu. Er grinste nur und hob eine Augenbraue. „Komm Liam, ich denke, wir haben da etwas zu erledigen“, sagte er, doch statt zur Haustür, zog er mich zur Treppe in den ersten Stock. „Was hast du vor?“, fragte ich, während Louis mich unsanft am Arm hinter sich her zerrte. „Wir verscheuchen die bösen Leute“, sagte Louis nur und ich folgte ihm schulterzuckend. Als wir oben angekommen waren, befahl er mir, in mein Zimmer zu gehen und am Fenster nach dem Ausreißer Ausschau zu halten. Ich tat, was er mir gesagt hatte, und öffnete meine Tür. Sophia war im Zimmer und ich grinste sie an, als ich eintrat. Sie lächelte zurück. „Sind wieder Paparazzi da?“, fragte sie und ich nickte. „Paparazzi und die ersten Mädchen. Ich schätze, es werden mit der Zeit mehr werden.“ Sie seufzte. „Ich hoffe, sie übertreiben es nicht. Sonst lässt man uns bestimmt nicht hier bleiben“, sagte sie und ich nickte, während ich zum Fenster ging. „Was machst du?“, fragte Sophia, als ich das Fenster öffnete. Ich konnte ihr nicht antworten, denn in dem Moment kam Louis lautstark in den Raum geplatzt. „Hast du ihn gefunden?“, schrie er, während er einen großen Eimer vor sich her balancierte und mit dem Fuß so fest die Tür aufstieß, dass sie fast aus den Angeln riss. Ich lehnte mich schnell aus dem Fenster und suchte den Waldrand nach dem Mann ab. Zuerst konnte ich ihn nicht entdecken, doch dann sah ich ihn genau unter mir stehen. Er versuchte, eine Etage tiefer einen Blick durch das Fenster zu erhaschen und testete, ob es offen war. War es zum Glück nicht. „Da ist er“, flüsterte ich, damit er uns nicht hörte, und deutete auf den Mann. Louis stellte sich neben mich und hievte den Eimer auf das Fensterbrett. „Das ist nicht dein Ernst“, entfuhr es mir, als ich sah, dass der Eimer randvoll mit Wasser gefüllt war. „Doch“, meinte Louis nur und schob den Eimer in meine Richtung. „Und jetzt wirst du diesen Eimer einfach um neunzig Grad nach außen kippen“, er platzierte den Eimer sehr exakt über dem Mann, der jetzt an das Fenster klopfte. „Das kann ich nicht tun“, flüsterte ich erschrocken und warf Sophia einen hilfesuchenden Blick zu. Sie stellte sich hinter uns und reckte den Kopf, um einen Blick auf den Mann zu erhaschen. „Komm schon, Liam, der hat eine geballte Ladung Wasser auf seinen verkorksten Kopf verdient. Zeig's ihm, es ist unverschämt, was er tut“, meinte sie nur und ich starrte sie ungläubig an. Louis warf mir einen auffordernden Blick zu. Ich verschränkte die Arme vor der Brust. „Dann schütte du doch“, murmelte ich und warf ihm einen bockigen Blick zu. Louis tat, als würde er überlegen, dann schüttelte er entschlossen den Kopf. „Nein, Vorschlag abgelehnt. Ich bekomme immer allen Ärger ab, jetzt bist du auch mal dran.“ Ich bewegte mich nicht. Sophia kicherte und ich warf ihr einen bösen Blick zu. „Du solltest dich beeilen, sonst ist er weg“, sagte sie und schob mich näher zu dem Eimer. „Ich soll wirklich einem wildfremden Mann aus dem ersten Stock heraus einen Eimer Wasser über den Kopf schütten?“, sagte ich zögernd und legte meine Hand auf den Rand des Eimers. Louis grinste. „Jap. Immerhin schleicht er auf unserem Grundstück herum und versucht einzubrechen.“ „Er versucht nicht einzubrechen...“, widersprach ich, doch Louis unterbrach mich. „Schnell, er will wieder gehen“, zischte er und gab mir einen kleinen Schubs. Ohne nachzudenken, griff ich nach dem Eimer und kippte ihn um. Ich hatte nicht damit gerechnet, dass er so schwer war, und während das ganze Wasser nach unten fiel und mit einem Platschen auf den Mann traf, rutschte mir der Eimer aus der Hand. Der Mann schrie auf und wischte sich über das Gesicht. Mit einem Poltern fiel der Eimer neben ihm zu Boden und er machte einen komischen Hopser zur Seite. Wütend sah er nach oben und Louis zog mich schnell vom Fenster weg, damit er uns nicht sehen konnte. Ich hörte, wie der Mann etwas brüllte, doch ich verstand ihn nicht, da Louis neben mir einen Lachanfall bekam. Auch Sophia fing an zu lachen. Ich konnte mich vor Schreck gar nicht bewegen. Was, wenn der Eimer den Mann getroffen hätte? Ich hörte, wie er unten vor sich hin schimpfte. Louis musste noch mehr lachen. „Ich glaube, der kommt nicht wieder“, sagte Sophia kichernd und ich sah die beiden böse an. „Stellt euch vor, der Eimer hätte den Mann am Kopf getroffen!“, sagte ich, damit sie aufhörten zu lachen, aber sie reagierten gar nicht darauf. „Entspann dich, Liam. Es ist nichts passiert“, meinte Louis und klopfte mir auf die Schulter. „Stell dir doch einfach für einen Moment vor, du wärst Louis. Dann siehst du das ganze schon viel lockerer“, sagte Sophia zu mir und ich musste ein bisschen grinsen. „Ich will mir gar nicht vorstellen, Louis zu sein. In Louis' Kopf ist, glaube ich, alles fürchterlich verdreht und er schafft es, dass jede Situation in einer mittleren Katastrophe endet!“ „Hey, das ist nicht wahr“, protestierte Louis und ich musste lachen. „Doch, Louis“, sagte Sophia und Louis verschränkte beleidigt die Arme vor der Brust. „Wer hat gerade den Eimer umgekippt?“, fragte er provozierend und sah mich dabei an. „Ihr habt mich dazu gezwungen“, rief ich und Louis grinste. „Aber du hättest es nicht tun müssen. Gib es zu, Liam, tief in dir drin steckt ein kleiner Rebell.“ Ich schüttelte vehement den Kopf. „Nein, das siehst du vollkommen falsch“, sagte ich überzeugt. „Warte ab, Liam. Eines Tages wirst du in der Lage sein, loszulassen, und dann werde ich dir sagen: hab ich doch gleich gesagt“, verkündete Louis weise, dann verließ er den Raum. Ich starrte auf den Boden. Ich wusste, dass er recht hatte. Insgeheim wäre ich gerne wie er. Was nichts Besonderes war, denn jeder wollte so sein wie Louis. Trotzdem war es schwer, auch nur einen Moment aus meiner Rolle als verantwortungsvoller, vorbildlicher Banddaddy zu schlüpfen. „Worüber denkst du nach?“, fragte Sophia, während sie das Fenster schloss. „Darüber, dass Louis vielleicht recht hat“, sagte ich und sie sah mich überrascht an. „Du wünschst dir also, auch ein verdrehtes Gehirn zu haben?“, fragte sie und ich lächelte. „Manchmal schon. Louis geht sehr viel leichter durchs Leben“, sagte ich und Sophia runzelte die Stirn. „Oh, das glaube ich nicht“, meinte sie und ich sah sie fragend an. „Wie meinst du das?“ Sophia zuckte mit den Schultern. „Louis lässt es sich zwar nicht anmerken, aber ich glaube, er hat oft Selbstzweifel und ist nicht mit sich zufrieden.“ Ich dachte einen Moment darüber nach. „Wie kommst du darauf?“ „Ich weiß nicht, es kommt mir einfach so vor. Frag ihn doch selbst. Ich glaube, in eurem Innersten seit ihr euch ähnlicher, als ihr denkt. Ich überspielt es nur auf verschiedene Art und Weise.“ „Louis' Art und Weise ist aber sehr viel cooler als meine“, murmelte ich und Sophia nahm mich lachend in den Arm. „Finde ich nicht“, sagte sie und ich lächelte. Eine ganze Weile bewegte ich mich gar nicht, damit sie mich nicht losließ, doch dann fiel mir der Eimer ein. „Wir müssen den Eimer holen gehen“, sagte ich und richtete mich auf. Sophia musterte mich einen Moment lang, dann sagte sie: „Du willst wirklich so sein wie Louis?“ Ich warf ihr einen unsicheren Blick zu und zuckte mit den Schultern. „Was würde Louis jetzt tun?“, fragte sie und ich ließ mich rücklings auf das Bett fallen. „Er würde sagen: scheiß auf den Eimer.“ Sophia grinste. „Genau.“ Ich zog sie wieder in meine Arme und eine ganze Weile war es ruhig. „Du, Sophia?“, sagte ich irgendwann. Sie kicherte. Sie wusste ganz genau, was jetzt kommen würde. „Ja?“ „Ich glaube, ich will doch nicht mehr so sein wie Louis.“ „Ach ja?“ „Nein! Ich geh jetzt den Eimer holen. Ich werde mich ganz bestimmt nicht in ein chaotisches Schwein verwandeln.“ Ich musste ein bisschen über mich selbst lachen. „Das hoffe ich doch. Ich würde es nämlich keine drei Stunden mit Louis in einem Zimmer aushalten. Dafür habe ich übrigens großen Respekt vor Eleanor“, lachte Sophia und ich grinste. „Gut, dann gehe ich jetzt den Eimer holen.“ Als ich schon bei der Tür war, drehte ich mich nochmal um. „Ich bin trotzdem froh, dass ich dem Arschloch das Wasser über den Kopf geschüttet habe“, sagte ich, dann verließ ich den Raum.

Von einem verrückten Sommer, fünf wundervollen Idioten und einer Menge ChaosWo Geschichten leben. Entdecke jetzt