Kapitel 22

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Schweissgebadet schreckte ich aus einem Alptraum hoch. Ich brauchte einige Minuten um mich zu beruhigen und mir klar zu machen, dass ich bei meinen Leuten war und nicht in den Händen der Regierung. Mein Herz hämmerte trotzdem wie verrückt gegen meine Brust.

Erschöpft fuhr ich mir durch die Haare. Ich stellte fest, dass ich immer noch im Ärztezelt auf einem Krankenbett lag. Es muss mitten in der Nacht sein, denn es war stockfinster.

Ohne irgendeine Vorwarnung platzte plötzlich jemand ins Zelt und eilte zu mir.

"Ich hab Schreie gehört, was ist passiert?", fragte die Person besorgt.

"Damian!", quiekte ich.

Ich wusste nicht wann ich meinen Bruder das letzte Mal gesehen habe.

Er drückte mich an sich und fragte ob alles in Ordnung sei. Ich nickte bloss und erwiderte seine innige Umarmung. Mein Herzschlag beruhigte sich allmählich wieder.

"Wo sind Ava, Skull und die anderen?", wollte ich wissen, da ich sie seit meiner Ankunft nicht mehr gesehen habe.

Damian lächelte.

"Sie sind beide draussen und halten Wache."

Ich wollte sie unbedingt sehen. Jetzt, mitten in der Nacht.

Entschlossen riss ich die Bettdecke von meinem Körper und meine nackten Füsse berührten den kalten Boden.

"Woah, immer schön langsam.", meinte Damian, als ich kurz davor war mich vom Bett abzustossen und aufzustehen.

Mein Lächeln verschwand sofort von meinem Gesicht, als ich mich daran erinnerte, dass mein Bein kaputt war.

Und mein Arm. Meine Stimmung erreichte blitzartig den null Punkt.

Damian wollte mir helfen, doch ich lehnte ab.

"Ich brauche deine Hilfe nicht.", sagte ich abwesend.

"Du kannst ab-"

"Doch.", unterbrach ich ihn.

Selbstsicher erhob ich mich von meinem Bett und ignorierte den höllischen Schmerz den ich dabei ertragen musste.

Ich zischte auf und setzte mich langsam in Bewegung.

Ich konnte etwa genau zwei Schritte gehen, bis mich meine Kraft verliess und ich auf der Stelle auf den Boden fiel.

Tränen traten mir in die Augen und ich fing an zu schluchzen. Mit meiner geballten Faust schlug ich auf den Boden und verfluchte mich selber und die Menschen, die mir dieses Leid zufügten.

Jeremy stand unerwartet am Zelt Eingang und rannte geschockt auf mich zu, als er mich auf dem Boden liegen sah. Mein Bruder eilte ebenfalls herbei und zusammen wollten sie mir hochhelfen.

"Lasst mich einfach hier liegen.", schluchzte ich.

Ich kam mir so schwach und verletzlich vor. So wollte ich nicht sein.

"Jade, Hey.", flüsterte Jeremy beruhigend und hob mich vorsichtig hoch. Mein Bruder nickte ihm zu und verliess kurzerhand das Zelt und liess uns alleine.

Er schaute mir tief in die Augen und strich eine Haarsträhne, die mir ins Gesicht gefallen war, hinter mein Ohr.

"Ich...ich kann das einfach nicht mehr..", flüsterte ich niedergeschlagen.

"Sag sowas nicht.", brummte Jeremy.

Mein Blick wanderte auf den Boden.

"Ich bin ein verdammter Krüppel, Jeremy!.", sagte ich lauter als geplant.

"Vielleicht bist du das. Aber wenigstens bist du ein echt hübscher Krüppel.", lachte er und legte seine Hände auf meine Hüften.

"Idiot.", grinste ich und boxte ihm spielerisch gegen die Brust.

Eine Weile schwiegen wir uns an, während seine Hände immer noch auf meiner Hüfte ruhten, um mich zu stützen.

"Ehm...ich würde jetzt gerne zu den Anderen gehen.", meinte ich verlegen und wollte mich aus seinem Griff befreien.

Er lachte.

"Und wie stellst du dir das vor? Willst du zu ihnen kriechen?", grinste er und verstärkte seinen Griff und zog mich näher zu sich.

"Ich hätte da eine bessere Idee.", flüsterte er verführerisch in mein Ohr was mich zum Lächeln brachte.

Ehe ich mich versah trafen seine Lippen auf meine. Mein Bauch fing an zu kribbeln und reflexartig vergruben sich meine Finger in seinen Haaren.

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Jeremy's P.O.V.

Ich konnte es gestern Abend in Jades Augen sehen. Als sie auf dem Boden lag und fluchte. Sie hasste es hilflos zu sein.

Ich war gerade auf dem Weg zu Liz, unserer Ärztin. Es war noch ziemlich früh am Morgen, denn es lag ein kalter Nebel um unser Lager.

Mit entschlossenen Schritten stapfte ich durch das Gras, direkt zu Liz's Zelt.

"Hey.", sagte ich als ich das Zelt betrat.

"Hallo Jeremy.", begrüsste sie mich lächelnd. Sie war gerade dabei irgendwelche Instrumente für eine Operation vorzubereiten.

"Wie geht es Jade?", fragte ich.

"Den Umständen entsprechen gut.", meinte sie. Sie drehte sich um und deute in eine Richtung. Jade war friedlich am schlafen.

"Hör zu Jeremy. Ihre Verletzungen sind ziemlich stark...und...und ich weiss nicht wie ich ihr Bein wieder zusammenbasteln soll. Es ist so viele Male gebrochen und das schon seit so einer langer Zeit, dass es falsch zusammengewachsen ist.", erklärte sie mir in einem ruhigen, flüsternden Ton.

"Kann man denn gar nichts machen??", zischte ich aufgebracht.

"Doch, aber das wird sehr schmerzhaft werden.", flüsterte sie und sah mich abwartend an.

Mit meinem Blick gab ich ihr zu verstehen weiterzureden.

"Ich muss ihr ihr Bein erneut brechen und dann eine Schiene anlegen, damit es richtig zusammenwächst.", schloss sie ihre Erklärung.

Ich schluckte. Das hörte sich grauenvoll an.

Ich nickte nachdenklich.

"Wir haben keine Narkose Mittel bei uns, was bedeutet, dass sie es bei ganzem Bewusstsein erleiden muss."

Oh Gott. Bei dem Gedanken daran wurde mir schlecht. Sie hat doch schon genug gelitten.

"Und ich bin mir nicht sicher, ob sie noch mehr Schmerz überleben wird.", redete sie weiter.

Verzweifelt seufzte ich und fuhr mir durch die Haare.

"Das ist nicht unser einziges Problem, Jeremy. Wir sind auch nicht annähernd ausgerüstet um eine passende Schiene herzustellen."

Na super. Es wurde ja immer besser.

Frustriert legte ich den Kopf in den Nacken und strich über mein Gesicht.

"Ich werde mir etwas einfallen lassen.", nuschelte ich und verliess das Zelt.

Ich hatte nicht die leiseste Ahnung, wie ich das anstellen sollte, aber unter unseren Leuten war bestimmt irgendjemand, der wusste wie man eine Schiene baute oder?

Mit neuer Hoffnung marschierte ich Richtung Essenszelt, um dort meine Leute zu fragen, ob jemand im Stande war so etwas zu kreieren.

Als ich das grosse Zelt betrat, waren fast alle meine Leute am Frühstücken. Ich war gerade dabei das Wort zu ergreifen, als etwas piepste.

Es war mein Funkgerät. Verwundert nahm ich es aus meiner Gürteltasche.

Auf dem Bildschirm leuchteten folgende Worte:

"Verbringe morgen Nacht draussen, weit weg von deiner Gruppe und wir werden dir die Beinschiene für deine kleine Freundin besorgen. Niemand darf davon erfahren, oder du wirst dir wünschen nie geboren zu sein. Viel Glück."

Grenze 18Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt