Kapitel 28

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Jade's P.O.V

Ich wurde gezwungen zu laufen, trotz meiner schlimmen Verletzungen. Da ich so geschwächt war, fiel ich immer wieder um und machte Bekanntschaft mit dem Waldboden.

Den Soldaten interessierte es herzlich wenig wie es mir ging und lief einfach unbeirrt weiter. Meine Hände waren hinter meinem Rücken zusammengebunden, was es mir noch schwerer machte mich irgendwie aufzurappeln.

Das tief einschneidende, lange Seil um meine Handgelenke hatte der Soldat im Griff und zog ab und zu daran nur um mich extra zu Fall zu bringen, oder mich auf dem Boden nachzuschleppen, wenn ich nicht gleich wieder aufstehen konnte.

Ich hatte die letzten zwei Tage fast nichts geschlafen und kam bereits an meine Grenze. Wir wanderten schon die ganze Nacht durch den Wald und es begann jetzt langsam hell zu werden.

"Wohin gehen wir?", traute ich mich zu fragen.

Kein Antwort, nur ein Lachen und darauffolgendes Kopfschütteln des Soldaten.

Weitere Stunden vergingen in denen ich dachte ich könnte jeden Moment sterben vor lauter Schmerzen. Hunger und Durst wurden auch immer unerträglicher.

Die Schmerzen wurden schlussendlich so schlimm, dass ich direkt vor den Füssen des Mannes zusammenklappte, als er kurz stoppte.

"Steh sofort wieder auf!", brüllte dieser sofort und verpasste mir einen Tritt mit seinem Fuss in meine Magengegend.

Ich krümmte mich zusammen, schenkte seiner Aufforderung aber keine Beachtung.

"I..ich brauche Wasser.", flüsterte ich mit trockener Stimme.

"Was willst du?", fauchte mich der Soldat an.

"Wasser..."

Er schaute von oben herab zu mir runter und ging neben mir in die Hocke.

"Wasser willst du also?", meinte er, hob den Kopf schief und ein böses Grinsen lag in seinem Gesicht.

Ich nickte bloss und hoffte er würde so gnädig sein und mir diesen Wunsch erfüllen.

Er griff nach seinem Rucksack den er auf seinem Rücken hatte und langte nach einer Flasche.

Er hielt sie mir entgegen.

Er war also doch nicht so grausam und liess mich verdursten.

Trotzdem ein wenig misstrauisch, nahm ich das Gefäss entgegen. Ich schraubte den Deckel ab und freute mich endlich meinen Durst löschen zu können.

Bevor aber auch nur ein winziger Tropfen Wasser in meinen Mund gelangen konnte, schlug der Soldat mir die Flasche aus der Hand. Die Flasche rollte ein paar Meter von mir weg und deren kostbaren Inhalt leerte aus.

Fassungslos schaute ich ihn an.

"Wie kannst du nur?!", schrie ich. Woher dieser plötzliche Mut kam wusste ich nicht. Ich bereute es bereits wieder nach ein paar Sekunden.

Die Augen des Mannes verengten sich zu Schlitzen und sofort klatsche er mir eine. Beschämt schaute ich zu Boden.

Der Soldat holte die Wasserflasche wieder und trank demonstrativ vor mir den letzten Schluck.

"Los, weiter!", knurrte er nachdem er seine Flasche wieder in seinem Rucksack verstaut hatte.

Er zog mich brutal an meinen Haaren wieder auf die Füsse und ich versuchte dagegen zu halten, indem ich nach seinen Armen griff.

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Ava's P.O.V

Jeremy und ich waren auf dem Weg zurück zu unserem Lager. Ich war mir hundert Prozent sicher, dass ich den richtigen Weg zurückfinden würde, aber als wir den Ort erreichten, wo unser Lager eigentlich sein sollte glaubte ich, wir wären am falschen Platz.

"Wir sind hier doch richtig, oder?", war meine Frage an Jeremy gerichtet.

Ich konnte es nicht glauben, denn vor uns lag nichts anderes als Schutt und Asche.

"Habe ich eigentlich auch gedacht...", meinte Jeremy.

Unseren neuer Begleiter, das Pferd, liess ich los und liess es grasen. Den Gedanken daran das es einfach so weglaufen könnte ignorierte ich einfach zu diesem Zeitpunkt.

Ich begab mich zu den Trümmern und fing an Sachen wegzuräumen.

Was wenn unter den Trümmern noch Leute von uns waren?

Jeremy sah sich unterdessen genauer um und suchte ebenfalls nach Überlebenden.

Jeremy's P.O.V

Ich konnte es nicht fassen, was ich vor mir sah. Unser Lager das wir uns so hart erbaut hatten, war einfach verschwunden. Verschluckt vom herzlosen Krieg. Mittlerweile war ich mir sicher, dass die Regierung nur eins wollte: Krieg.

War es die Regierung, die unser Camp zerstört hatte oder gab es noch andere Bewohner hier von denen wir nichts wussten?

Ach, ist doch eh egal, dachte ich mir.

Krieg ist Krieg

Bei meinem Marsch durch die Überbleibsel, die einst mein zu Hause waren, erkannte ich ein bekanntes Gesicht.

Es war Liz, die am Boden lag, ihre Augen weit aufgerissen hatte und definitiv nicht mehr lebendig aussah. Trotzdem kniete ich mich zu ihr runter und überprüfte ihren Puls. Tot.

Mit einem Seufzer erwies ich ihr die letzte Ehre und schloss ihr behutsam die Augen. 

Ich zog ihre Leiche aus den Trümmern hinaus und brachte sie Richtung Waldrand.

Sie war bestimmt nicht die einzige, die ihr Leben bei diesem Angriff verlor, deshalb ging ich wieder zurück und suchte weiter ,eigentlich in der Hoffnung Lebende zu finden, aber ich wusste ich würde nur noch mehr Leichen aus dem Schlachtfeld holen.


Nach ein paar Stunden hatten ich und Ava eine beachtliche Summe von Leichen neben einander liegend aufgereiht. Kinder, Jugendliche Männer und Frauen.

Wir beide trauerten still und haben jedem Gefallenen eine Blume zwischen die Hände gedrückt.

Wir konnten ihnen mit keinem richtigen Begräbnis gerecht werden, aber für jeden einzelnen beteten wir.

Rest in peace my friends.

Ich muss ehrlich gestehen, dass mir ein riesen Stein vom Herzen fiel, unter den vielen Toten nicht die Leiche von Jade vorzufinden. Es gab mir Hoffnung das sie noch lebte.

Ich nahm Ava in den Arm um sie zu trösten, da sie die Sache auch sehr mitnahm.

Niemals hätte ich gedacht, dass ich den Krieg mit eigenen Augen je erleben würde, aber nun war ich mitten drin.




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