Leben ist schwerer als sterben.

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Der Rest der Fahrt schweigt Miles doch ich spüre, dass sich seine Wut immer mehr anstaut. Kaum hält Ricks den Wagen, reisst er die Tür auf und steigt aus. Ich kaue auf meiner Lippe und steige ebenfalls aus dem Wagen aus, draussen weht ein stärkerer Wind. Eine Gänsehaut breitet sich über meinem Körper aus. Miles starrt auf den Boden, sein Kiefer mahlt und seine angespannte Haltung verdeutlicht mir einmal mehr wie wütend er ist. Die Frage, auf wen er mehr sauer ist- auf mich oder den Mann der mich geschlagen hat, finde ich keine Antwort. Nicht so lange Miles schweigt, was sich nicht ändert als wir den Palast betreten haben. Mir fällt auf das ich eigentlich nur seine privaten Räume kenne. All die anderen Türen die sich über die zwei Stockwerke verteilen, habe ich noch nie geöffnet. Wieso eigentlich?

Ich habe noch nie so richtig darüber nachgedacht und jetzt scheint mir auch nicht der richtige Zeitpunkt um darüber nach zu denken. Ich setze mich auf einen Sessel und sehe wie Miles sich einen Drink einschenkt. In einer flüssigen Bewegung füllt er das Whisky Glas und setzt es an seine Lippen. Leert es in einem Zug und füllt es wieder auf, wieder kippt er den gesamten Inhalt des Glases in seine Kehle. Mir fällt auf das mein Mund sich staubtrockene anfühlt, aber ich bleibe sitzen. Was wohl in ihm vorgeht? Er sieht so verdammt wütend aus, dass ich Angst habe mich zu bewegen geschweige denn zu atmen. Was soll ich tun? Soll ich überhaupt etwas tun? Wieso kann ich meine Gedanken nicht aufhalten? Ich schliesse für einen Moment die Augen und sehe den Mann vor mir, sehe wie seine Hand ausholt und auf meiner Wange landet. Automatisch fasse ich mir an die Stelle die er getroffen hat, in der ganzen Aufregung habe ich gar nicht gemerkt wie empfindlich die Stelle geworden ist.

Schnell hole ich den kleinen Spiegel aus meiner Tasche und erschrecke. Denn die Stelle hat sich bereits verfärbt, ich zucke zusammen als ich die Haut berühre. „Ich wollte nicht dass jemand verletzt wird. Ich wollte nur das er aufhört seine Frau zu schlagen." Meine Stimme klingt vollkommen ruhig, so als wäre der Vorfall in der Mall nie passiert. Miles sieht mich nach wie vor nicht an, stattdessen schenkt er sich zum dritten oder vierten Mal nach. Er sollte lieber auf Wasser umsteigen, doch das behalte ich für mich. „Das Mesut sich für mich eingesetzt hat wollte ich nicht, auch dass er wegen mir jetzt verletzt ist..." Ich breche ab, Miles Anspannung ist beinahe zum Greifen und ich fürchte, wenn ich weiter spreche, dass er ganz explodiert. Also bleibe ich stumm und warte darauf das Miles etwas sagt. Doch Minute für Minute verstreicht und Miles schweigt immer noch. Langsam macht er mir Angst, ich habe ihn zwar schon einmal so wütend erlebt. Das war am Abend von Hatices Hochzeit, aber das hier topt das damals auf jeden Fall. Er stützt sich auf dem Servierwagen ab und atmet tief ein und aus. Ich kann sehen wie tief seine Atemzüge gehen, bis in den Bauch.

„Mesut würde für dich sein Leben geben, wenn es darauf ankommt. Das hat er mir geschworen und er ist einer der loyalsten Menschen die ich kenne." Ich bin überrascht, dass dies sein erster Satz ist seit der Fahrt nach Hause. Schon wieder nenne ich Miles Palast als mein Zuhause. Was das wohl zu bedeuten hat? „Was hast du dir dabei gedacht?", reisst er mich aus meinen Gedanken. Ich hole Luft doch kein Wort kommt über meine Lippen. Miles richtet sich auf und lockert seine Krawatte und zieht sich sein Jackett aus. Beides wirft er achtlos auf den Boden, ich starre auf den Haufen der das Jackett und die Krawatte gebildet haben und frage mich was mich jetzt erwartet. „Antworte mir.", herrscht er mich an. Seine Stimme ist so laut das er sogar das Chaos, das in meinem Kopf herrscht, auflöst. „Ich wollte nur helfen..." Mehr sage ich nicht, denn sein Blick lässt mich verstummen. Seine Augen sind zu Schlitzen verengt, sein markanter Kiefer wirkt noch breiter und muskulöser. Er ist stink sauer. „Du wolltest helfen?", sagt er halb lachend halt knurrend. Ich schlucke und knete meine Hände, es ist das einzige was mich jetzt abhält mich auf ihn zu stürzen. Wie kann er mich jetzt so anschuldigend ansehen, obwohl ich der Frau geholfen habe? Ich verstehe es nicht.

„Ja ich wollte helfen. Er hat die Frau einfach so geschlagen.", erwidere ich aufgebracht. Miles schüttelt den Kopf und dreht sich um, das weisse Hemd betont seinen durchtrainierten Rücken und lässt jeden Muskeln erkennen. Wenn wir uns nicht gerade streiten würden, würde mich dieser Anblick ziemlich anmachen. Doch so, macht er mich nur wütend. „Wenn ich nicht eingegriffen hätte, hätte dieser Typ seine Frau halb tot geschlagen. Ich bin also die Gute und stell mich nicht so dar als hätte ich etwas falsch gemacht. Ich habe richtig gehandelt, verstehst du?", zische ich. Er wirbelt herum und funkelt mich wütend an. Seine sonst so friedlichen blauen Augen blitzen diabolisch auf und jagen mir eine scheiss Angst ein. „Du hast nicht richtig gehandelt. Wenn der Mann seine Frau schlägt, dann hatte er auch einen guten Grund dazu." Jetzt bin ich richtig baff, wie kann er nur so etwas sagen? Was ist er, ein Tier oder was?

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