ZWEI

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Adam

Ich stand am Arsch der Welt. Eigentlich war das, was sich vor mir erstreckte eine endlose Warteschlange, welche zu meinem Lieblingscafé, mit den kleinen Fenstern führte. Es war nicht der schönste Laden mit seiner abgeblätterten Fassade und seinem Biergarten ähnelndem Pavillon, der im Sommer vor der kalifornischen Hitze schützen sollte. Auch der Bretterverschlag von Terrasse hatte seine besten Jahre bereits hinter sich und stellte einen regelrechten Schandfleck in der ansonsten feinen Allee dar. Da half auch das große Werbeplakat, welches die halbe Sicht auf die Terrasse versperrte, nichts. Aber wenigstens enthielt es den Auslöser für die riesige Menschenansammlung »Kaufe einen Kaffee, erhalte einen gratis« Na toll, müssen sie solche Aktionen immer dann machen, wenn ich es eilig habe? Wobei ich bei meiner vergangenen, anstrengenden Nacht zwei Kaffee wirklich gut gebrauchen könnte. Mit einem Lächeln dachte ich an die vergangenen Stunden zurück. An die süßen Schreie meiner Patientin. An ihr Blut und wie ihre leblosen Augen mich angestarrt hatten, nachdem ich ihr mit der Axt den Schädel geteilt hatte.

Die Schlange bewegte sich. Zwar quälend langsam, aber wenigstens vorwärts. Darüber nachdenkend, ob ich meine heutigen, beiden Energiebooster lieber schwarz oder mit Milch möchte, übersah ich beinahe die junge Frau, welche parallel zur Warteschlange lief, um zum Buchladen zu gelangen. Ihr lautes Telefonat riss mich aus meinem Gedankenkonflikt. »Rose, ich würde ja gerne darauf verzichten, aber: Ich habe es dir ja gesagt. Mir war sofort klar, dass Caleb ein Arsch ist und das mit euch...« »Man, kannst du nicht woanders rumschreien? Bei dir zuhause keiner, dem du auf den Sack gehen kannst?«, unterbrach ich sie und zischte noch ein „Schlampe" hinterher. Überrascht von meinem plötzlichen Wutanfall, drehte sie sich zu mir um. »Wie haben sie mich gerade eben genannt?« »Ich glaube, du hast mich schon verstanden, Schlampe.« Ich wusste nicht wieso, aber aus irgendeinem Grund wollte ich sie provozieren. Vielleicht um zu sehen, wie sie ihr hübsches Gesicht verzog, wenn sie wütend war. Genüsslich glitt mein Blick über ihren Körper. Sie hatte genau an den richtigen Stellen zarte Rundungen und ihr enganliegender schwarzer Pulli ließ kleine, feste Brüste erahnen. Sie war einen Kopf kleiner als ich und ihr rotbraunes Haar fiel ihr in sanften Wellen über die Schultern. Aus ihren braugrünen Augen funkelte sie mich wütend an: »Was fällt Ihnen ein.« Ich fand es äußerst sexy, wie sie krampfhaft versuchte beim „Sie" zu bleiben, obwohl man ihr genau ansah, dass sie mir am liebsten ihre Michael-Kors-Handtasche ins Gesicht gepfeffert hätte.

Sie hatte Feuer. Und das gefiel mir. Langsam leckte ich mir über die Lippen, während ich mir vorstellte, wie süß sich ihre Schreie in meinen Ohren anhören würde. Wie würde wohl ihr Blut schmecken? Etwas süß und etwas salzig, wie ihr Charakter. Ich musste mich zusammenreisen, nicht das kleine Taschenmesser aus meiner Jacke zu ziehen und es ihr in die Brust zu rammen. Nur um zu wissen, ob ihre Haut sich genauso zart zerschneiden ließ, wie sie aussah. »Rose, tut mir leid. Da war gerade so ein Spinner, Also wo waren wir stehen geblieben? ...« Mit diesen Worten wand sie sich von mir ab und betrat den kleinen Buchladen. Ohne zu wissen, dass sie mit unserer heutigen Begegnung begonnen hatte zu sterben. Ohne zu wissen, dass ab jetzt ihre Uhr rückwärtslief.

In Liebe, Dein ErlöserWo Geschichten leben. Entdecke jetzt