DANKSAGUNG

1.1K 63 10
                                    

Puh, eine Danksagung. Braucht man so etwas überhaupt? Die liest doch eh keiner...

Hier saß ich nun vor meinem Laptop, bei den letzten Zügen meines Romans angelangt und darüber nachgrübelnd, ob ein listenartiges Honig-um-den-Bart-schmieren wirklich in einen Thriller passte.

Wem dankte man überhaupt? Die Buchwidmung war schon schwierig. Denn wer wollte schon in einem Buch voller kranker Fantasien namentlich erwähnt werden? Richtig, eigentlich niemand.

»Mit einer Danksagung steht und fällt ein gutes Buch.« mischte sich meine Mutter ein und unterbrach mich beim Pro und Kontra abwiegen. »Aber Danksagungen sind immer so langweilig. Ich möchte nicht, dass mein Buch so endet.« »Dann gestalte sie doch kreativ. Hole die Leser zu uns ins Wohnzimmer. Erzähle ihnen wie ,,In Liebe, Dein Erlöser"

überhaupt entstanden ist.«

Hmh, gar nicht mal so eine schlechte Idee. Dann fangen wir mal an.

***

Ich hoffe Sie haben alle Platz in unserem kleinen aber gemütlichen Wohnzimmer gefunden. Lehnen Sie sich zurück und entspannen Sie sich.

Wo fange ich denn am besten an? Wussten Sie, dass es diesen Thriller, den Sie gerade in Händen halten beinahe nicht gegeben hätte? Zu Beginn war da eine Idee. Nun ja, eigentlich stand ich gerade unter der Dusche und mir schoss ein Buchtitel durch den Kopf als wäre ein Blitz in mich eingeschlagen. Gleich am nächsten Tag begann ich mit dem schreiben und führte eine Art Ritual ein: Jeden Abend nach der Schule setzte ich mich an meinen Laptop und schrieb ein oder zwei Kapitel. Ziemlich schnell war ich am Ende des Buches angelangt und begann es zu überarbeiten. Strich Szenen, fügte neue hinzu und änderte die Namen der Charakteren.

Ich veröffentlichte meinen Thriller auf einer Online-Autoren-Plattform, um die Reaktion der Leser zu sehen. Rentierte es sich überhaupt bei den zahlreichen Starautoren einen Thriller auf den Markt zu bringen? Wer wollte schon ein Buch von einer 14-Jährigen lesen?

Einige Zeit passierte nichts. Mein Buch wurde weder angeklickt, noch kommentierte es Jemand. Ich wollte meinen Thriller schon löschen, als ich plötzlich von Lesern angeschrieben wurde, die mich für meine Arbeit lobten. Und auch meine Eltern unterstützten mich und brachten mich schließlich so weit, Verläge anzuschreiben, um den richtigen für mich und meinen Thriller zu finden.

Doch plötzlich und ganz unerwartet kam der Rückschlag: Mein Vater kam eines Abends heim und erzählte mir, dass er in einer kleinen Bibliothek in der Nähe des Bahnhofs einen Thriller gefunden hätte. Und dieser trug den Titel meines Buches. Der Autor hatte sein Werk eine Woche zuvor auf den Markt gebracht. Somit konnte ich meinen Roman unter dem bisherigen Namen nicht veröffentlichen. Ich wollte es aber auch nicht mehr. Denn meine Kapitel waren so geschrieben, dass sie den Titel immer wieder aufnahmen und in die Handlung integrierten. Meine Arbeit und meine Mühe waren also umsonst.

Enttäuscht heftete ich meine Texte zusammen und schloss sie in die unterste Schublade meines Schreibtisches.

Die nächsten Jahre verflogen gerade zu. Ich beendete die Realschule und begann eine Ausbildung im Rathaus meiner Gemeinde. Viel Zeit zum Schreiben blieb mir da nicht und meinen Thriller hatte ich bereits in die hinterste Ecke meines Kopfes verbannt.

Um einen Ausgleich zu meinem Beruf zu finden, begann ich mit Mermaiding. Allerdings hatte ich nicht jeden Tag die Möglichkeit schwimmen zu gehen, geschweige denn einen Pool direkt vor der Haustür. Ich brauchte also etwas, dass ich von zuhause aus, am Besten in meinem Lieblingssessel sitzend zu Stande bringen konnte.

Schreiben.

Erinnerungen an meinen Thriller, der ganz allein in meinem Schreibtisch lag, nur darauf wartend endlich veröffentlicht zu werden, keimten auf. Und eine unbeschreibliche Motivation packte mich. Vorsichtig nahm ich das Manuskript aus der Schublade. Das alte Papier war bereits gelblich und die Ecken ausgefranzt.

Dann begann ich es zu überarbeiten. Kapitel fielen weg, wurden durch andere ersetzt. Eine ganz neue Welt entstand. Meine Mutter half mir bei Logikfehlern. Zum Beispiel bei der Tatsache, dass ein Mensch irgendwann verblutet. Spätestens dann, wenn man ihm alle Gliedmaßen abschneidet und beginnt, die Innereien aus seinem Bauch zu entfernen. Irgendwann entstand dann auch ein neuer Titel: ,,In Liebe. Dein Erlöser". Dieser hatte wenigstens annähernde Ähnlichkeit mit meinem alten Titel.

Ich begann den Aufbau des Buches zu verändern und fügte Zitate hinzu. Das war das, was am meisten Zeit in Anspruch nahm. Recherchieren.

Und so begann ich meinem neuen-alten Buch Leben einzuhauchen.

Garantiert schwirrt einigen Lesern im Kopf eine Frage umher. Nämlich wie eine damals 14-Jährige auf solche Ideen kam und ob mir nicht ein guter Psychiater empfohlen werden sollte. Bei Letzterem stimme ich Ihnen zu. Aber wer hat denn bitte heutzutage noch keinen Knacks?

Noch nie konnte ich nach Horrorfilmen einschlafen, ohne davor einen prüfenden Blick unter mein Bett zu werfen. Allerdings schnappte ich mir immer vor der Nachtruhe einen guten Thriller. Anders als bei Filmen, hatte man beim Lesen die Möglichkeit Szenen im Kopf harmloser zu gestalten, als sie im TV gezeigt wurden.

Zudem interessierte ich mich schon immer für die Psyche des Menschen und stieß bei meiner Recherche auf zu Beginn des Buches aufgeführte Zitate. Ich begann mich über das Thema zu informieren und ließ die typischen Verhaltensmuster der Psychopathie in meinen Roman miteinfließen. Vor allem die Anzahl der bekannten und

unbekannten Psychopathen erschreckte mich.

Demnach ist es sehr wahrscheinlich am Tag mindestens einem Psychopathen über den Weg zu laufen. Und wie wir im Buch gelernt haben, kann eine einzige Begegnung zum Tod führen. Auch, dass Charme zum Verhaltensmuster zählt und Psychopathen meist in führenden Positionen arbeiten, überraschte mich.

Wer weiß, ob der Filialleiter einer bekannten Supermarktkette nicht in Wahrheit ein kranker Psychopath ist, der in seiner Freizeit Lebensmittel vergiftet und sie seinen Angestellten einflößt, nur um zu sehen, wie der Körper darauf reagiert. Mich schaudert es allein bei der Vorstellung.

Auch finde ich, dass Erkrankungen der Psyche in unserer Gesellschaft zu sehr tabuisiert werden. Um psychische Verhaltensstörungen rechtzeitig zu erkennen, sollte man die Bevölkerung mehr aufklären.

Ich hoffe auch, dass Thriller wie ,,In Liebe. Dein Erlöser" zur Prävention beitragen.

Rückblickend auf die Entstehungsgeschichte meines Buches möchte ich folgendes sagen:

Obwohl ich bereits erwähnt hatte, kein großer Fan von Danksagungen zu sein, habe ich nun das Bedürfnis mich zu bedanken.

Danke an alle Leser auf ,,Wattpad", die so fleißig für meinen Thriller gevoted haben. Ohne euch hätte ich bereits vor Jahren mit dem Schreiben aufgehört.

Danke für die zahlreichen Nachrichten, die bei mir eingegangen sind und mich motiviert

haben weiterzuschreiben.

Ein Dank geht auch an meine Deutschlehrerin in der sechsten Klasse, die immer fest davon überzeugt gewesen war, dass ich einmal Autorin werde.

Frau B. ich habe immer noch das kleine Lektürenheft, in welches Sie folgendes geschrieben hatten: »Für meine zukünftige Star-Autorin«.

Danke auch an meine Eltern, die mir die nötige Zeit und den Freiraum zum Schreiben gegeben haben und die sich meinen Thriller immer und immer wieder anhören mussten. Beim nächsten Roman wird es nicht so schlimm. Hoffentlich.

Aber das größte Dank geht an Sie. Sie, die gerade an der letzten Seite meines Thrillers angekommen sind und sich doch durch die Langeweile versprechende Danksagung durchgekämpft haben. Sie, die nicht beim ersten Kapitel das Buch zugeschlagen und zurück ins Regal gestellt haben.

Sie sind der Grund, dass es Autoren wie mich gibt. Ihr Support ist für uns am Wichtigsten und Ihr Lesen motiviert uns immer weiter zu machen.

Vielen Dank dafür!

In Liebe, Dein ErlöserWo Geschichten leben. Entdecke jetzt