DREIZEHN

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Cassiopeia
Noch 5.500 Minuten

Ich stand an einer endlosen Schlucht. Eigentlich erstreckte sich vor mir eine riesige Schlange, nur darauf wartend, endlich die Prüfungsergebnisse zu erfahren. Es war die letzte Überprüfung des zweiten Semesters und entschied, wer das College verlassen musste. Von dieser einen Note hing meine ganze Zukunft ab. Quälend langsam bewegten sich die Schüler vorwärts. Entweder ihrem dritten Semester entgegen. Oder Richtung Ausgangstür.

Ungeduldig reckte ich meinen Kopf gen Himmel um zu sehen, wann ich an der Reihe war. Noch elf Schüler waren vor mir und so langsam begannen die Selbstzweifel in meinem Kopf die Oberhand zu gewinnen.

Noch fünf Schüler. Was wenn ich gar nicht so gut in der Prüfung war, wie ich annahm?

Noch zwei Schüler. Die zweite Aufgabe war eine mathematische Formel, die ich bestimmt falsch hatte.

Strahlend lief ich zur Cafeteria, wo ich auf Rose traf. »Und, wie sind deine Ergebnisse?« fragte Rose aufgeregt. Da sie bereits im letzten Semester war, bekam sie ihre Ergebnisse erst in der kommenden Woche.

»Bestanden!«, quiekte ich und nahm Rose stürmisch in den Arm. Sie stimmte mit ein und hüpfte mit mir auf der Stelle. In dem Moment war mir egal, was die anderen dachten. Ich war viel zu glücklich um mich um die anderen zu kümmern.

Doch plötzlich bemerkte ich hinter einer großen Roteiche eine dunkle Gestalt. Zwar versteckte sie sich hinter dem dicken Stamm des Baumes, die kräftige Schulter, die seitlich hervorlugte ließ aber darauf schließen, dass es sich bei ihr um einen Mann handelte. Was wollte er hier? Und wieso versteckte er sich? »Willst du dann heute noch feiern gehen?« Rose riss mich aus meinen Gedanken. »Du weißt doch, dass das nicht so mein Ding ist. Ich werde jetzt nach Hause gehen und mir ein gutes Buch schnappen.« Als ich erneut hinsah, war der Fremde verschwunden. »Ok, dann aber am Freitag.« Ich nickte gequält. »Und wehe du kommst nicht!«, drohte Rose und lachte. Ich stimmte in ihr Lachen mit ein.

Auf dem Heimweg konnte ich es kaum erwarten endlich meinen Eltern die erfreuliche Nachricht mitzuteilen. Und auch Adam wollte ich davon berichten. Seit unserem ersten Date, konnte ich nur noch an ihn denken. An den Mann, der mir mit seinen kobaltblauen Augen ordentlich den Kopf verdreht hatte. Und das nach nur so kurzer Zeit. Was ist nur los mit dir, Cassie? Normalerweise bist du doch auch nicht so gefühlsdusselig. In mich hineingrinsend lief ich den Gehweg entlang.

Doch irgendwie fühlte ich mich beobachtet. Ich sah mich um, konnte aber niemanden entdecken. Seltsam. Vielleicht sollte ich zuhause nicht lesen, sondern erst einmal ein Mittagsschläfchen machen. Die letzten Wochen waren ganz schön anstrengen gewesen. Da konnte man schon mal halluzinieren.

Fröhlich vor mich hin summend lief ich weiter, trotzdem wurde ich das seltsame Gefühl nicht los, verfolgt zu werden. Ich vervielfachte meine Geschwindigkeit um ein Dreifaches. War es nur Einbildung? Oder konnte ich bereits schwere Schritte hinter mir hören, die immer näherzukommen schienen? Ich traute mich nicht, mich umzudrehen.

Angst überkam mich, legte ihre kalten, gespenstischen Hände um meinen Hals und drückte zu. Ich stolperte nach Luft ringend. Plötzlich packte mich Jemand von hinten.

Ein spitzer Schrei entfloh meiner Kehle, ehe mein Angreifer ein Tuch auf meinen Mund legte und mich ins endlose Schwarz geleitete.

In Liebe, Dein ErlöserWo Geschichten leben. Entdecke jetzt