Kapitel 1

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Brook

Montag. Ich hasse Montage. Warum gibt es diesen Tag überhaupt? Man verschläft meistens, da man völlig übermüdet vom Wochenende ist, um gelangweilt im Unterricht zu sitzen. Heute ist der erste Schultag nach den Ferien und eigentlich freue ich mich sogar, da ich Xav seit Ewigkeiten nicht gesehen habe. Drei Wochen! Mag nicht viel klingen, doch Xavier Addison ist mein bester Freund, seit dem Kindergarten wohl bemerkt. Wir machen so gut wie alles zusammen. Wir sind wie Brüder, ja Zwillinge. Wir ergänzen uns einfach. Okay, das klingt schwul.
FUCK ich komme noch zu spät am ersten Schultag!

"Hey Man, wo warst du denn so lange?", Xav begrüßt mich schon vom weiten und kommt dann auf mich zu.
"Sorry, meine Mom musste mir unbedingt noch Ratschläge geben" So gelogen war das gar nicht. Denn das hat sie wirklich. Wir umarmen uns kurz, er klopft mir auf den Rücken, und dann gehen wir zu meinem Spind.
"Mütter, immer dasselbe. Naja egal. Wie war dein Sommer so?"
"Ganz gut"
"Wow! Wenn du erzählst habe ich immer das Gefühl dabei gewesen zu sein!", lacht er laut.
Dann erzähle ich von den Ferien in Kanada und dem Feriencamp am See. Er hört zu, aber eigentlich plant er schon seine Antwort auf meine Gegenfrage, da sein Sommer wesentlich aufregender war als meiner. Wie immer...

"Ja klingt echt cool", entgegnet er, nachdem ich mit meiner kurzen Geschichte fertig bin.
"Und wie war dein Sommer?" Er hat nur darauf gewartet, dass ich ihn frage.
"Also, mein Sommer war spitzenmäßig! Ich meine, wen wundert's in Kalifornien. Hach, es war Wahnsinn. Die Palmen, das Meer, die Wellen, die Girls, die Hotels, die Girls, die Atmosphäre, die Girls, habe ich die Girls schon erwähnt? Haha, es war einfach geil. Wir waren jeden Tag am Meer, surfen war der Hammer, sag ich dir! Die ganzen Mädchen in ihren heißen Bikinis, die Sonne, die auf das Meer scheint. Herrlich. Und die ganzen Partys da! Einfach erstaunlich. Ich war jeden Abend auf Beachpartys und so. Echt nice."
"Cool!", antworte ich begeistert. Das klingt nach viel Spaß. "Du hättest mich ja ruhig mitnehmen können"
"...Okay ich will ehrlich sein: Ich war auf einer Party, aber bin wieder gegangen, weil ich mich fremd gefühlt habe. Die meiste Zeit war ich allein beim Surfen."
"Oh... naja, das ist doch aber normal, wenn man da alleine ist. Hättest du 'nen Kumpel dabei gehabt wäre alles einfacher gewesen. Mich zum Beispiel."
"Ja.. ich hätte dich mitnehmen sollen."
"Vielleicht", lache ich.
Wir sind an seinem Spind angekommen.
"Naja, es war trotzdem schön. Auch ohne weibliche Unterstützung." Xav lächelt traurig und holt Blöcke aus seinem Spind.
"Naaa du?" Lin steht vor uns. Lindsey ist meine beste Freundin, wir haben schon viel zusammen durchgestanden. Natürlich nicht ansatzweise so viel wie Xav und ich, wir kennen uns schließlich länger, aber doch schon viel.
"Hey Lin", begrüße ich sie fröhlich.
"Hi", antwortet Xav. Sie verstehen sich nicht soo gut, aber mir zu lieben bemühen sie sich. Irgendwie süß.
"Hey." Sie schaut kurz kühl zu Xav. Dann widmet sie sich wieder mir zu.
"Hab gehört du hattest einen endkrassgeilen Sommer mit deiner Cousine in Kanada?"
"Haha, naja endkrassgeil würde ich nicht behaupten, aber es war sehr schön. Ich hab ihr skaten beigebracht, das war echt cool.", erkläre ich kurz.
"Klingt fabelhaft! Ich durfte mich mit meiner Katze durchschlagen. Und ich bin jetzt übrigens wieder Single.", setzt sie, als wäre es nicht wichtig, hinterher.
"Was? Wieso? Was ist passiert?", frage ich sofort. Wie kommt es, dass sie mir sowas erst jetzt sagt?
"Ach, wir waren einfach zu verschieden. Sie wollte unbedingt weg und ich bin extra ihretwegen hier geblieben. Sie ist dann mit ihrem Ex zu seinem Mini Landhaus gefahren. Das war unser Aus. Kann man das fassen? Unglaublich."

Ja, richtig, Lindsey ist lesbisch. Und sie ist die coolste Lesbe überhaupt. Meine kleine Gay-Freundin. Außerdem ist sie extrem beliebt am unserer Schule, da sie sich gegen Sexismus und andere Dinge einsetzt. Schon komisch, dass ich als ihr bester Freund nicht beliebt bin.

"Oha, wie hart. Wieso hast du mich nicht angerufen? Du weißt ich liebe deinen Liebestratsch.", maule ich gespielt.
"Ach, ich brauchte einfach Abstand. Ich musste mal raus, deshalb bin ich campen gefahren, an den See. Zwar nur für eine Woche, aber es war echt cool. Hab ein paar Freunde gefunden und bin mit denen dann unterwegs gewesen. Anna ist längst vergessen.", plaudert sie munter weiter, als wir zum Klassenraum gehen. Ich bin froh, dass sie das so schnell überwunden hat. Die beiden schienen es nämlich wirklich ernst zu meinen, auch wenn es letztendlich nur 2 Monate waren. Schade eigentlich.
"Anna wer? Haha okay sorry war nicht witzig. Klingt jedenfalls nach viel Spaß, das freut mich."
Xav trägt nichts zur Unterhaltung bei. Er gibt nur zu verstehen, dass es ihm leid tut.

"HEY. Setzten Bitte! Wir haben viel zu bereden, zu eurem Glück nur Organisatorisches. Ja, richtig. Kein Unterricht. Heute. Nun gut, fangen wir an!" Frau Maybel bringt alle zur Ruhe und muss natürlich sofort anfangen. Wenigstens fragt sie zuerst nach den Ferien. Lehrer sind immer so gestresst und emotionslos!
Einmal hat ein Mädchen in ihrem Unterricht geweint, weil ihr Freund sie betrogen hat, und Frau Maybel meinte doch ernsthaft: "Könntest du deine Trauer wenigstens auf die Pause verschieben?!" Ich meine, hallo?! Die waren mehr als ein Jahr zusammen und sie darf nicht mal weinen, wenn sie es erfährt, nur weil es den Unterricht ein wenig behindert hat? Sie hat ja nicht mal laut geweint, nicht mal geschluchzt! Ihr liefen nur die Tränen über die Wangen. Einfach herzlos, sowas zu verlangen.

In der Pause setzen Xav und ich uns auf die Wiese, unter einen der großen Kastanienbäume. Er legt seinen Kopf auf den Rucksack und ich sehe wie zwei Fußballer komisch herüber sehen und lachen. Wir bekommen leider oft Sprüche an den Kopf geworfen, weil wir so oft beieinander sind. Es existieren genug Gerüchte, dass wir schwul sind. Das senkt natürlich ebenfalls die Chancen auf eine Freundin. Wer will schon einen Freund, bei dem alle sagen, dass er schwul mit seinem besten Freund ist? Richtig, niemand. Wir haben deshalb auch nicht sonderlich viele Freunde. Meine Freunde gehen, bis auf Xav, Lin und Stuart, nicht auf diese Schule. Stuart ist in meinem Koch-Kurs, wir machen jedoch recht wenig zusammen, eigentlich nichts. In dem Kurs sind wir aber sehr gute Freunde, und unterstützen uns. Xav dagegen hat mich und ein paar aus seinem Tennis-Kurs. Wir sind halt unscheinbar.

Als würde Xav meine Gedanken lesen, sagt er:
"Brook, wir sind einfach zu unscheinbar. Wir müssen was verändern." Er setzt sich auf.
"Das hier-" Xav macht eine allumfassende Geste," ist die Highschool! Das hier wird unser Jahr! Wir müssen was unternehmen!"
"Wow, als hätte ich noch nie darüber nachgedacht. Aber was könnten wir schon tun?", entgegne ich. Ich habe schon viel zu oft über die Veränderung meines Images nachgedacht. Doch nie ist was gutes bei raus gekommen, außer ein Umstyling. Und das wurde echt gut.

"Okay, lass mich nachdenken. Was liebt die Schule? Klatsch und Tratsch. Also müssen wir auffallen. Das wusste ich auch vorher.. Was noch? Liebe! Also entweder angeln wir uns Cheerleader, oder Studentinnen, oder andere heiße Girls die auffallen, und uns somit auffallen lassen."
"Wie stellst du dir das vor?" Unüberzeugt ziehe ich die Augenbrauen zusammen.
"Keine Ahnung. Okay weiter, wer ist alles beliebt: Fußballer, Footballer, Basketballer, Cheerleader und Homopärchen, bzw. offene Homos. Stichwort Lindsey."
"Was schlägst du bitte vor?" Natürlich weiß ich von Lindsey's Beliebtheit. Aber was sollen wir schon tun? Wir sind weder Fußballer, noch schwul. Ich spiele zwar Basketball, aber das hat keinerlei Einfluss auf mich. Ich bin nicht so arrogant, wie die anderen.
"Wir können nicht schwul werden. Entweder man ist es, oder eben nicht. Naja und ich bleibe bei Tennis. Ein Cheer daten wird schwer. Uns bleiben nur Gerüchte. Ja, lügen ist scheiße, aber diese Beliebtheit ist schon... verlockend. Oder nicht?" Sein prüfende Blick durchbohrt mich.
"Ja, schon, aber-"
"Aber? Hör zu. Wir sagen, dass wir schwul sind, gehen ein paar mal aus, machen Schluss und sind beliebter denn je!" Seine Stimme überschlägt sich fast.
"Wir sollen faken, dass wir schwul sind?"
"Wir sind beste Freunde! Sieh es als Vertiefung unserer Freundschaft. Außerdem, denken das doch eh alle. Das weißt du genau! Geben wir ihnen doch einfach was sie wollen?" Klingt irgendwie einleuchtend. Aber, ist das sein Ernst? Ich meine, ja okay, es denken viele, dass wir schwul sind. Wir hängen ja auch immer zusammen. Aber das ist... das geht doch nicht!
"Wir faken, dass wir schwul sind?!"
"Wir faken, dass wir schwul sind."

GEFAKED (BoyxBoy) *pausiert*Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt